Trotz Minizinsen 2,2 Milliarden Euro Gewinn: Volksbanken holen die Sparkassen ein

Wo die Genossenschaftsbanken besser abschneiden als die Sparkassen - und wo schlechter.
Frankfurt Lange haben die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Sparkassen über die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank gejammert. Die Margen im Kreditgeschäft schwinden angesichts des Leitzins von null Prozent – und damit auch die Gewinne, lautete die Befürchtung.
Doch bisher sieht es ganz anders aus: Wie die Sparkassen stemmen sich auch genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken erfolgreich gegen die Minizinsen, indem sie immer mehr Kredite vergeben.
Die noch 875 Kreditgenossen verdienten 2018 operativ sogar etwas mehr als ein Jahr zuvor. Sie erreichten ein Betriebsergebnis vor Bewertung von 7,6 Milliarden Euro, wie ihr Bundesverband BVR am Dienstag mitteilte. 2017 waren es rund 7,5 Milliarden Euro gewesen.
Das vergangene Jahr „war geprägt von weiteren Marktanteilsgewinnen im Kredit- und Einlagengeschäft, aber auch von Investitionen in die Digitalisierung“, sagte BVR-Präsidentin Marija Kolak.
Der Kreditbestand der Volks- und Raiffeisenbanken, der Sparda-Banken, der PSD Banken sowie einiger genossenschaftlicher Spezialinstitute kletterte um knapp sechs Prozent auf 590 Milliarden Euro.
Nach Steuern lag ihr Gewinn zusammen bei 2,2 Milliarden Euro, was noch einmal mehr ist als die knapp zwei Milliarden Euro aus dem Jahr zuvor – und obendrein noch genauso viel wie die Sparkassen, die zusammen deutlich größer sind.
Dabei gab es zwei Besonderheiten: Wegen der Turbulenzen an den Kapitalmärkten Ende vergangenen Jahres mussten die Kreditgenossen deutliche Abschreibungen auf Wertpapiere vornehmen – ähnlich wie die Sparkassen.
Zudem steckten die Volks- und Raiffeisenbanken weniger in die Vorsorgereserven und somit in ihr Eigenkapital als im Jahr zuvor. 2018 flossen 2,3 Milliarden Euro in den Fonds für allgemeine Bankrisiken, der Teil des Eigenkapitals der Geldhäuser ist. 2017 waren es noch 3,1 Milliarden Euro.
Die deutschen Sparkassen fuhren 2018 operativ zehn Milliarden Euro ein, etwas weniger als im Vorjahr. Ihr Zinsüberschuss gab nach. Und das Ergebnis vor Bewertung lag bei 0,8 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme, die Kreditgenossen kommen auf den etwas besseren Wert von 0,83 Prozent.
Allerdings: Bei der Kosten-Ertrags-Relation schneiden die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute besser ab. Bei ihnen lag der Wert bei 65,5. Das heißt, die Sparkassen mussten 65,5 Cent aufwenden, um einen Euro zu verdienen. Die Volks- und Raiffeisenbanken brauchten dafür 67 Cent.
Ein Teil der Kunden der Genossenschaftsbanken sind Anteilseigner, so genannte Mitglieder. 2018 stieg ihre Zahl – nach vielen Jahren des Wachstums – indes nur minimal auf 18,6 Millionen. Sie sind nach den Sparkassen die zweitgrößte Finanzgruppe in Deutschland und gegenseitig die größten Wettbewerber.
Kolak kritisierte die Industriepolitik der Bundesregierung. „Es ist auch nicht Aufgabe des Staates, nationale oder europäische Champions zu schaffen. Champions entstehen im Wettbewerb als Folge guter unternehmerischer Entscheidungen“, sagte sie.
Vergangene Woche hatte bereits Uwe Fröhlich, der Co-Chef des genossenschaftlichen Spitzeninstituts DZ Bank die Pläne scharf angegriffen.
Die Bundesregierung regt eine Neuausrichtung der Industriepolitik in der EU an und will eine Änderung des EU-Wettbewerbsrechts erreichen, so dass es leichter zu Zusammenschlüssen großer Unternehmen kommen kann – die sich dann besser gegen Konkurrenten aus den USA oder China behaupten können.
Berlin wirbt derzeit auch dafür, dass es auf dem Bankenmarkt einen nationalen Champion gibt: durch die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank. Die beiden Geldhäuser führen informelle Gespräche über ein Zusammengehen.
Ein fusioniertes Institut wäre das mit Abstand größte auf dem deutschen Bankenmarkt. Derzeit ist – gemessen an der Bilanzsumme – das genossenschaftliche Spitzeninstitut DZ Bank die Nummer zwei nach der Deutschen Bank. Auf Rang drei liegt die Commerzbank.
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