UBS-Verwaltungsratspräsident Axel Weber „Wir befinden uns im Auge des Hurrikans“

Axel Weber (l.), Ex-Bundesbank-Präsident und Verwaltungsratspräsident der UBS im Gespräch mit Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart.
Die Handelsblatt-Tagung „Banken im Umbruch“ ist für Axel Weber beinahe schon ein Pflichttermin. In diesem Jahr ging der ehemalige Bundesbank-Chef besonders hart mit den europäischen Notenbankern und der Politik ins Gericht.
Herr Professor Weber, in den USA hat die Notenbank Fed die Zinswende erst angedeutet, dann angekündigt. Sind Sie optimistisch, dass den Worten in Kürze auch Taten folgen?
Ich denke, es ist höchste Zeit, dass die Amerikaner ihre Geldpolitik normalisieren. Die Phase der extrem niedrigen Zinsen war direkt nach der Finanzkrise berechtigt, aber nur da.
Notenbankchefin Yellen zögert, womöglich auch aus politischen Gründen. Amerika befindet sich im Vorwahlkampf. Das Letzte, was eine demokratische Präsidentschaftskandidatin brauchen kann, sind volatile Aktienmärkte, die immer auch die Altersvorsorge von Millionen Wählern berühren.
Das ist ja richtig. Aber noch befindet sich das Land erst im Vorwahlkampf. Da kann man die Zinsen schon noch erhöhen. Im Wahlkampf wird es schwieriger, da hat die Federal Reserve traditionell eine gewisse Zurückhaltung gezeigt.
Also: Wann kommt die Zinswende?
Ich denke, die Fed wird die Zinsen mit hoher Wahrscheinlichkeit schon im September anpassen. Aber es ist nicht wichtig, ob sie es im September tut oder erst in der Dezembersitzung: Die Märkte erwarten, dass die Zinsen in Zukunft steigen werden.
„Sich aus Asien zurückzuziehen, wäre ein großer Fehler“
Schon die Andeutung einer Zinserhöhung führte zu Unruhen an den Finanzmärkten der Schwellenländer. Was wird in Lateinamerika und Asien passieren, wenn die Fed ihre Ankündigung umsetzt?
In der Geldpolitik ist es oft so, dass der eigentliche Schritt nur einen geringen Effekt hat. Wenn er gut kommuniziert ist, dann wird er von den Investoren eingepreist. Die Fed muss darauf achten, dass sie nicht zur Gefangenen der Märkte wird. Es gab in der Vergangenheit das Sprichwort: „Don’t bet against the Fed“, also wette nicht gegen die Notenbank der USA. Das muss auch weiter gelten.
Werden die Schwellenländer bei der Straffung der geldpolitischen Zügel folgen, allein schon, um den Kapitalabfluss zu verhindern?
Es wird sicherlich auch dort zu Straffungstendenzen kommen. Viele Länder werden unter Druck kommen, die Zinsen zu erhöhen– unabhängig vom jeweiligen volkswirtschaftlichen Umfeld.
Das bedeutet nichts Gutes für diese Volkswirtschaften.
Nehmen Sie Brasilien: Um das Kapital im Land zu halten, wird man die Zinsen nicht weiter senken können. Das passt zwar wenig zum eigenen Konjunkturzyklus, kann aber helfen, Verwerfungen zu mindern. In jedem Fall wird der Druck auf Notenbanken der Schwellenländer zunehmen.