Unternehmensfinanzierung Alternative zum klassischen Kredit: Mittelstand greift verstärkt zu Kreditfonds

Gerade mittelständischen Unternehmen bereitet die Firmenfinanzierung mitunter Kopfzerbrechen: Kreditfonds etablieren sich inzwischen als Alternative zur Hausbank.
Frankfurt Es muss nicht immer die Hausbank sein, wenn sich ein Unternehmen frische Finanzmittel besorgen will. Wenn Mittelständler größere Investitionen planen, bieten sich inzwischen auch andere Geldgeber an. So stehen längst viele Kreditfonds parat, um außerhalb des Kapitalmarktes anstelle von Banken eine Unternehmensfinanzierung zu schultern. Das Management des Berliner Cleantech-Unternehmens Abionik Group ist diesen Weg bereits gegangen. Es fand mit der Frankfurter Elf Capital Group einen unternehmerisch denkenden Private-Debt-Investor.
Bei Abionik habe man eine Finanzierung von 20 Millionen Euro auf die Beine gestellt und damit ein Bankdarlehen abgelöst, zusätzlich habe der Geldgeber flexible Mittel für das weitere Wachstum bereitgestellt, sagt Elf-Gründungspartner Christian Fritsch dem Handelsblatt. Er sieht für Private Debt – also private Finanzierungen abseits der klassischen Bankkredite – gute Chancen in Deutschland. „Wegen der Coronakrise werden die Banken im laufenden Jahr zurückhaltender agieren.
Abionik ist kein Einzelfall. Die Finanzierung über Kreditfonds liegt im Trend. Doch warum wächst das Segment so stark? Und für welche Firmen kommen die Kreditfonds infrage? Ein Überblick.
Ein wichtiger Grund, warum die Kreditfonds regen Zulauf haben, liegt in der Tatsache begründet, dass die Banken wegen stärkerer Regulierung in den letzten Jahren vorsichtiger geworden sind. Viele Kreditinstitute fürchten Forderungsausfälle, wenn die KfW-Hilfen und staatlichen Unterstützungsmaßnahmen auslaufen“, sagt der Elf-Chef. Auch gute mittelständische Unternehmen klagten derzeit über erschwerte Bedingungen, zusätzliches Kapital für Wachstum von Banken zu bekommen. „Da können Private-Debt-Fonds eine Alternative sein – vor allem wenn Wachstumschancen kurzfristig genutzt werden sollen und ein unternehmerischer Sparringspartner gefragt ist“, sagt Fritsch.
Matthias Magnus, Managing Partner bei Cubus Partners in Frankfurt, sieht den Aufwärtstrend bei Private Debt ungebrochen. „Die Private-Debt-Fonds haben in der Coronakrise keinen Rückschlag erfahren, eher ist das Gegenteil eingetreten. Gerade in speziellen Situationen haben die Kreditfonds gegenüber den Banken punkten können.“ Nach Private Equity und Immobilien sei Private Debt heute weltweit der drittgrößte Markt bei den alternativen Finanzierungen. Allein das derzeit nicht investierte Kapital – das sogenannte „dry powder“ – wird von Branchendiensten auf 300 Milliarden Dollar geschätzt.
Nicht für kurzfristige Finanzierung geeignet
„In der Akquisitionsfinanzierung für Unternehmen bis 500 Millionen Euro Umsatz liegt der Marktanteil von Private Debt heute schon bei rund 60 Prozent“, sagt Finanzierungsberater Magnus. Bei klassischen Finanzierungen – etwa für neue Maschinen oder Produktionsstätten – liegt der Anteil laut Branchenbeobachtern niedriger. „Private-Debt-Fonds kommen in der Regel für Unternehmen ab Umsätzen von 40 Millionen bis 50 Millionen Euro zum Einsatz. Für rein kurzfristige Finanzierungen sind sie weniger geeignet“, ergänzt Magnus.
Cubus hat auch die DvH Medien GmbH beraten, eine von Dieter von Holtzbrinck gegründete und über seine Familiengesellschaft gehaltene Medienholding mit Sitz in Stuttgart. Zur Mediengruppe gehört auch das Handelsblatt.

Das Handelsblatt stellt in einer Serie die wachsende Zahl an Alternativen zum klassischen Darlehen vor – passend zu den jeweiligen Bedürfnissen der Unternehmen.
Die Debt-Fonds hätten in den letzten Jahren sehr viel Kapital eingesammelt und insofern – anders als die Banken – einen größeren Investitionsdruck, meint Thomas Weitkamp, Partner bei der Kanzlei Latham & Watkins. „Wir haben bereits am Beginn der Krise bei Finanzierungen teilweise schon gesehen, dass dort, wo KfW- oder sonstige Förderkredite aufgrund der Gesamtumstände schwierig oder nur unter aufwendigen Auflagen zu bekommen waren, alternativ in den Private-Debt-Markt geschaut wurde und die Liquiditätssicherung auch außerhalb der Bankenwelt organisiert wurde“, sagt der Rechtsanwalt.
So können Kreditfonds auch Lösungen anbieten, wenn Unternehmen einen Restrukturierungsbedarf oder ein Wachstumsthema haben – allerdings verlangen sie in der Regel höhere Aufschläge als die Banken. Viele Mittelständler sind allerdings bereit, dies in Kauf zu nehmen, wenn die übrigen Konditionen mehr Spielraum bieten.
So begann der steile Aufstieg der Private-Debt-Fonds nach der Finanzkrise 2008/2009, als die aufsichtsrechtlichen Vorschriften für die Banken und die Eigenkapitalvorgaben im Kreditgeschäft sukzessive verschärft wurden. Heute haben die privaten Kreditfonds eine dominante Stellung in der Finanzierung von Firmenübernahmen, aber auch bei Wachstums- und Investitionsfinanzierungen spielen sie zunehmend eine stärkere Rolle.
„Im vergangenen Jahr haben wir rund 400 Situationen geprüft und davon 40 Fälle genau unter die Lupe genommen“. Am Ende wurden dann drei Deals realisiert, sagt Fritsch. In der Regel wolle man zwischen 20 und 25 Millionen Euro pro Transaktion einsetzen, beim Fensterbauer Weru waren es beispielsweise wie bei Abionik 20 Millionen Euro.
Drei Vorteile der Kreditfonds
Private Debt bietet drei Vorteile: Erstens werden die langfristigen Finanzierungen endfällig strukturiert, das heißt, während der Laufzeit fallen keine Tilgungen an. Zweitens werden von den Fonds eine höhere Verschuldung und weniger strenge Kreditauflagen – sogenannte Covenants – toleriert. Und drittens kommt die Finanzierung aus einer Hand, während bei einem Konsortialkredit mehrere Banken am Verhandlungstisch sitzen. Zu den Nachteilen von privaten Kreditfonds zählt neben höheren Zinsen für die Unternehmer ein vergleichsweise wenig transparenter Markt.
Wir nehmen rund 0,5 bis einen Prozentpunkt mehr beim Zins als die klassischen Banken und Sparkassen. Christian Fritsch, Gründungspartner Elf Capital Group
Bei den Kreditinstituten weiß jeder, was er von einer Sparkasse oder der Deutschen Bank erwarten kann, der Markt für Private-Debt-Fonds ist dagegen relativ groß, die Qualitätsunterschiede sind schwer einzuschätzen. „Wir nehmen rund 0,5 bis einen Prozentpunkt mehr beim Zins als die klassischen Banken und Sparkassen. Dafür sind wir unternehmerischer und flexibler, was Laufzeiten, Tilgungsprofile und die Finanzierung von Wachstumsvorhaben angeht“, sagt Fritsch von Elf Capital.
Die höheren Zinsen liegen auch an den Renditevorstellungen der Geldgeber für die Kreditfonds. Das sind institutionelle Investoren wie etwa Pensionskassen, Stiftungen und vermögende Familien, die wegen der Nullzinspolitik der Notenbanken nach alternativen Anlagen suchen. „Für unseren laufenden Fonds haben wir Zusagen institutioneller Investoren über 200 Millionen Euro. Die Zielgröße beträgt 400 Millionen Euro“, sagt Fritsch.
Zinsen der Kreditfonds unter Druck
„Der hohe Wettbewerbsdruck sorgt dafür, dass die Zinsen der Kreditfonds unter Druck geraten sind“, sagt Magnus von Cubus Partners. Heute finde man schon in Abhängigkeit vom Verschuldungsgrad Angebote unter sechs Prozent und vereinzelt unter fünf Prozent. Die Konditionen der Banken lägen um zwei bis drei Prozent niedriger, allerdings bei einem geringeren Verschuldungsgrad.
Viele Kreditfonds zielten bei den Unternehmens-Ratings in der Regel auf Bonitätsnoten zwischen „BBB-“ und „B“, also unterhalb der Top-Einstufungen. Finanziert werden von Elf normalerweise Unternehmensgrößen bis zu einem Umsatz von 500 Millionen Euro und einem operativen Ergebnis (Ebitda) zwischen fünf und 20 Millionen Euro.
Die Berliner Abionik überzeugte das. „Wir sind von Elf Capitals sachkundigem und unternehmerischem Ansatz sowie dem partnerschaftlichen Dialog auf Augenhöhe sehr angetan. Dies gilt vor allem im Vergleich zu den klassischen Bankmodellen“, sagt Abionik-CEO Daniel Crawford. Insgesamt hätten die Verhandlungen nur wenige Wochen gedauert und danach sei es nur noch um die vertragliche Dokumentation, Auszahlung und Ablösung der bestehenden Banken gegangen.
Mit der zunehmenden Dauer des Lockdowns und wachsenden wirtschaftlichen Schäden werden Kreditfonds auch bei den Sanierungen eine neue Rolle spielen. „In Krisenzeiten kommen auch Distressed-Fonds für notleidende Unternehmen infrage. Sie bilden sich eine Meinung, ob das Geschäftsmodell langfristig nachhaltig Cashflow-positiv ist und nach der Coronakrise zurückkommt“, sagt Experte Magnus.
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