Verdacht auf Cum-Ex-Geschäfte Staatsanwaltschaft durchsucht Büros des Finanzdienstleisters State Street

Der Schaden aus den Aktiengeschäften rund um den Dividendenstichtag liegt laut Finanzministerium bei mehr als fünf Milliarden Euro.
Düsseldorf Dass die Preisverleihung so viel Ironie entfalten würde, war der Einladung nicht zu entnehmen. Ausgezeichnete Finanzjournalisten sollten am Abend des 3. November 2017 geehrt werden. Die State Street Corporation, ein weltweit tätiger Finanzdienstleister, hatte in die Villa Kennedy in Frankfurt geladen.
Zwei Redakteure des „Handelsblatts“ wurden ausgezeichnet, je ein Beitrag vom „Manager Magazin“, der „Zeit“ und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Und dann gab es noch einen Sonderpreis für die beste Multimedia-Leistung. Er ging an ein achtköpfiges Team aus den Redaktionen von „Zeit“, „Zeit Online“ und dem NDR-Fernsehmagazin „Panorama.“
Die Reporter hatten sich sogenannter Cum-Ex-Geschäfte angenommen, des größten Steuerraubs in der Geschichte, wie es in der Laudatio hieß. Akribisch sei in ihrem Bericht geschildert worden, wie „große Investoren und kleine Gauner mit Hilfe renommierter deutscher Banken sich Steuern erstatten ließen, die sie niemals gezahlt hatten“.
Was niemand sagte: Die Reporter hätten gleich vor Ort weiterrecherchieren können. Räume der State Street Corporation, des Veranstalters der Preisverleihung also, wurden nur zwei Monate zuvor selbst von der Staatsanwaltschaft durchsucht. Der Grund: Verdacht auf Beteiligung an schädlichen Cum-Ex-Geschäften.
Spur führt nach Dubai
Die Staatsanwaltschaft durchsuchte Arbeitsplätze, beschlagnahmte Computer, sicherte E-Mail-Konten. Die Beamten interessierten sich vor allem für den State-Street-Mitarbeiter Ewould Born (Name geändert), dessen Büro sie im vierten Stock der Bank in München fanden. Er hatte Kontakte zu wichtigen Cum-Ex-Akteuren, darunter deutsche Steueranwälte und der Brite Sanjay Shah.
Zu dem Mann also, der als einer der allergrößten Steuerräuber gilt. Shah soll allein für 1,6 Milliarden Euro Steuerschaden in Europa verantwortlich sein. Er hält sich in Dubai auf und beantwortet keine Fragen. Auch State Street lehnte eine Stellungnahme ab. Vor der Staatsanwaltschaft bestritt sie eine Beteiligung an Geschäften auf Kosten der Steuerzahler. Sie sei aber zur Kooperation bereit.
Dass es Kontakte zwischen Shah und State Street gab, ist unstrittig. Die Staatsanwaltschaft suchte deshalb in der Bank nach Beweisen. „Unterlagen zur Anbahnung, Durchführung, Abwicklung und Abrechnung von Cum-Ex-Geschäften der State Street“ wolle man auffinden, hieß es in dem Durchsuchungsbeschluss. Zwei Monate später ging der State-Street-Preis an Reporter, die sich mit genau solchen Themen beschäftigt hatten.
Zeigte das eine gewisse Größe? Aus der Jury des Preises heißt es, State Street habe keinen Einfluss auf die Entscheidung gehabt. Die Jury selbst habe von der Durchsuchung nichts gewusst.
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