Von Boom und Niedergang: Die Deutsche Bank in Russland
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Von Boom und NiedergangDie Deutsche Bank in Russland
Anfang des Jahrtausends geben Großbanken alles, um in Russland mitzumischen. Die Deutsche Bank springt spät auf Boom auf und wird von der Finanzkrise voll erwischt. Nach einem Teilrückzug hat sie bei Russland verspielt.
02.08.2016 - 13:55 Uhr
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Deutsche Bank in Moskau
Insidern zufolge zeigt die Russland-Affäre exemplarisch, was bei der Deutschen Bank in den vergangenen Jahren falsch gelaufen ist.
Frankfurt/Moskau Bärenjagden, großzügige Geschenke und Einladungen zu Spielen der Fußball-Weltmeisterschaft: Anfang des Jahrtausends geben internationale Großbanken in Russland alles, um mit den Managern russischer Konzerne ins Geschäft zu kommen. „In der Boom-Phase haben sich die Banker bei den großen Kunden die Klinke in die Hand gegeben“, erzählt ein hochrangiger Manager. „Der Event-Aspekt hat dabei eine wichtige Rolle gespielt.“ Auch Jagden seien dabei durchaus üblich gewesen. „Das ist etwas, was russische Männer und Führungskräfte mögen.“
Vorne mit dabei ist die Deutsche Bank, die bereits seit 1881 in dem Riesenreich aktiv ist. Sie wittert angesichts der Liberalisierung der russischen Wirtschaft und des hohen Ölpreises große Geschäftschancen – und eröffnet deshalb 1998 feierlich eine Niederlassung in Moskau.
2003 und 2006 übernimmt Deutschlands größtes Geldhaus in zwei Stufen den Broker United Financial Group (UFG) und baut damit seine Position im russischen Investmentbanking aus. „Die Deutsche Bank hat sich aufs Surfbrett geschwungen, um die Boom-Welle zu reiten“, sagt ein ehemaliger UFG-Mitarbeiter.
So haben deutsche Banken beim Stresstest 2016 abgeschnitten
Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hat 51 große Banken aus 15 europäischen Ländern unter die Lupe genommen. Sie prüfte mit der Europäischen Zentralbank eine ganze Reihe von Kennzahlen und testeten wie sich diese in verschiedenen Szenarien bis 2018 entwickeln dürften.
Zum einen spielte die EBA durch, wie es den Banken gehen wird, falls die Vorhersagen der Europäischen Kommission zur Konjunktur in den nächsten Jahren eintreten (Basisszenario). Zum anderen testeten sie die Institute auch im Szenario einer sehr viel schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung (Adverses Szenario).
So haben die neun geprüften deutschen Banken abgeschnitten:
Kernkapitalquote (2015): 11,99 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,41 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 8,34 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -365
Kernkapitalquote (2015): 12,13 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 13,13 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 7,42 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -471
Kernkapitalquote (2015): 13,50 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 14,17 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,53 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -397
Kernkapitalquote (2015): 11,11 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,08 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 7,80 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -332
Kernkapitalquote (2015): 15,98 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 15,58 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,40 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -658
Kernkapitalquote (2015): 13,11 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 14,42 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 10,10 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -301
Kernkapitalquote (2015): 12,09 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 13,16 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 8,62 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -347
Kernkapitalquote (2015): 42,54 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 39,44 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 35,40 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -714
Kernkapitalquote (2015): 11,67 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,90 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,55 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -211
Doch die Euphorie währt nur kurz. Mehrere UFG-Manager wechseln nach der Übernahme zum staatlichen Konkurrenten VTB und nehmen wichtige Kunden mit. 2009 belastet die globale Finanzkrise die russische Wirtschaft. Und nach einer kurzen Erholungsphase geht es dann ab 2014 richtig bergab: Wegen des Vorgehens im Ukraine-Konflikt verhängt der Westen Sanktionen gegen Russland, das Land rutscht in die Rezession.
„Die Deutsche Bank hat in Russland relativ spät expandiert und sich auf das Investmentbanking und die Vermögensverwaltung konzentriert – zwei Geschäftsbereiche, die dann besonders stark eingebrochen sind“, sagt Analyst Chris Weafer. Er kennt den russischen Markt seit über 15 Jahren und ist heute Partner bei der Beratungsfirma Macro Advisory. „Andere ausländische Banken waren in Russland schon vorher aktiver und haben eine breitere Basis.“
Bei der Aufholjagd in Russland nimmt es die Deutsche Bank Insidern zufolge mit Vorschriften nicht so genau. Ermittlern zufolge hat das Geldhaus Kunden geholfen, Rubel-Schwarzgeld in Höhe von rund zehn Milliarden Dollar zu waschen. Da sich inzwischen auch die US-Behörden in den Fall eingeschaltet haben, droht der Bank nach Einschätzung eines hochrangigen Bankenaufsehers eine empfindliche Strafe. „Das kann richtig teuer werden.“ Insidern zufolge hat die Bank wegen der Affäre rund eine Milliarde Euro zurückgelegt.