Was Philippe Oddo mit der BHF Bank vorhat „Wir wollen in Deutschland dazugehören“

Der geschäftsführende Gesellschafter der französischen Privatbank Oddo gehört dem Verwaltungsrat der Bettencourt-Schueller-Stiftung an.
Paris Die Büros der Banque Oddo nahe der Madeleine in Paris sind eine Baustelle, kaum ein Stein bleibt auf dem anderen – ein Symbol für den Umbau der Bankengruppe. Ein zarter Lackduft zieht durch die Räume. Philippe Oddo stört das nicht, seit dem Angebot für die BHF ist er ohnehin meist in Frankfurt.
Herr Oddo, Ihre Ambition ist es, mit dem Kauf der BHF-Bank die erste integrierte deutsch-französische Finanzgruppe zu schaffen. Wie weit sind Sie damit?
Wir haben gut 42 Prozent, am Mittwoch hat das öffentliche Kaufangebot begonnen, das bis zum 10. Februar läuft. Am 17. Februar wissen wir, welcher Anteil der BHF uns gehört. Stefan Quandt hat bereits erklärt, dass er seine Aktien abgeben wird, damit kommen wir auf 54 Prozent der Anteile. Fosun und die Mitglieder des Aufsichtsrats der BHF-Holding haben bekanntgegeben, dass sie ebenfalls ihre Beteiligungen abgeben. Das sichert uns mindestens 85 Prozent.
Ab 95 Prozent können Sie einen Squeeze-out vornehmen, ist das die Vorbedingung dafür, die BHF-Bank zu integrieren?
Was den Squeeze-out angeht, ist das richtig, aber Entscheidungen kann der Aufsichtsrat auch vorher treffen. Das gilt beispielsweise für unser Engagement gegenüber der Société Générale, in exklusive Verhandlungen mit ihr einzutreten über den Verkauf von Kleinwort Benson Wealth Management. Bei allem, was wir machen, müssen wir die Interessen der Minderheitsaktionäre beachten, das hindert uns aber nicht daran zu handeln.
Sie selber wollen den Vorstandsvorsitz der BHF-Bank übernehmen.
Ja, aber darüber gibt es noch keine Entscheidung. Entsprechende Berichte in der vergangenen Woche waren nicht exakt.
Wie sieht die Zukunft von Lenny Fischer aus?
Er hat uns klar gesagt, dass er so lange bleibt, wie wir es wünschen. Langfristig sehe er seine Zukunft nicht in der Gruppe, aber er sei bereit, uns in der Übergangszeit zu begleiten. Das läuft sehr glatt zwischen uns.
Was wird mit Meriten und Seydler geschehen? Bleiben sie selbständig, kommen sie in die Gruppe?
Wir wollen nichts überstürzen. Die erste Etappe, die Annäherung von Meriten und Oddo Asset Management, vollzieht sich sehr gut. Die wollen wir abschließen. Die engere Zusammenarbeit zwischen Seydler und unseren Abteilungen in Paris für Aktiengeschäfte, Fixed Income und Corporate Finance lässt sich gut an, den Prozess wollen wir fortsetzen. Bei BHF kommen wir in eine Phase, in der wir die Bank entdecken. Wir wollen ihre Mitarbeiter und ihre Kunden genau kennenlernen. Die Zeit nehmen wir uns.
Und dann?
Danach wollen wir mit der Mannschaft von BHF ein Projekt für die Zukunft der Bank entwerfen, bis Ende Juni. Daran wollen wir auch Seydler, Meriten und unsere Teams aus Paris beteiligen. Ich sehe das als eine Phase des Überlegens. Ende Juni soll dann ein ausgereifter Plan stehen.
Also keine unmittelbaren Veränderungen?
Anschließend erst werden wir die Entscheidungen treffen, die im Interesse der Kunden, der Gruppe und der Mitarbeiter sind. Wir werden nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun, aber am Ende steht eine kohärente Strategie für Deutschland und Frankreich.
BHF ist kein Institut, das alle denkbaren Bankdienstleistungen anbietet, soll das so bleiben?
Mit Blick auf die Vermögensverwaltung wendet BHF sich an ein bestimmtes Publikum, sie hat eine Expertise für Kapitalmärkte, für das Kreditgeschäft bei Export- wie Spezialfinanzierungen, sie finanziert Akquisitionen und den Mittelstand. Für uns ist es wichtig, die Bank jetzt erst einmal genau zu durchdringen.
Nicht nur die amerikanischen Banken, sondern auch viele andere sehen Deutschland als „overbanked“ an und haben sich deshalb zurückgehalten. Sie haben Mut, nun nach Deutschland zu kommen.
Ich denke, dass der deutsche Finanzmarkt tatsächlich in manchen Bereichen „overbanked“ ist. Aber es gibt auch viele Stärken, zum Beispiel die öffentlich-rechtlichen und Genossenschaftsbanken. Mit zahlreichen Sparkassen arbeiten wir über unseren Asset Manager Oddo Meriten Asset Management in Düsseldorf bereits sehr gut zusammen. Ich habe bereits viele Vorstände von Sparkassen persönlich kennenlernen können und bin beeindruckt von deren Arbeit und Erfolg mit deren Kunden. In dieser Woche werde ich eine weitere Sparkasse kennenlernen.
Das ist neu für Deutschland, traditionell gibt es eher eine Gegnerschaft von Banken und Sparkassen.
Die Sparkassen haben eine große Expertise und Stärke, und wir können uns sehr gut ergänzen und ein vertrauensvoller Partner sein. Was Sie sagen, ist richtig - was die privaten Einlagen angeht, dort ist der Markt weitgehend verteilt. Aber das ist nicht unser Geschäft. Unsere Kompetenz liegt in den Märkten, die kennen wir sehr gut. Jedes Jahr investieren wir 20 Prozent unseres Gewinns in Finanzanalyse, Forschung und Informationssysteme. Wir verfügen über Werkzeuge dafür, die Finanzmärkte gut zu verstehen und für unsere Kunden und Partner zu nutzen. Diese Expertise stellen wir Unternehmen, Privatkunden und institutionellen Investoren zur Verfügung. Da können wir einen Platz in Deutschland finden, weil wir spezialisiert sind und weil wir ein Familienunternehmen sind. Deutschland ist deren Königreich. Durch die Fusion mit BHF werden wir die wichtigste Privatbank der Euro-Zone.
Wenn Sie den Mittelstand finanzieren, geraten Sie aber in Konkurrenz zu den Sparkassen.
Unser Ansatz ist es, andere Dienstleistungen anzubieten, mehr über die Märkte als über den Einsatz unserer eigenen Bilanz. Einfach ausgedrückt: Wir können die Unternehmen mit Investoren in Verbindung bringen. Da gibt es wirklich eine Marktlücke, zumal wir einen deutsch-französischen Charakter haben. Aber wir sehen es nicht als unsere Aufgabe an, Kredite auf die eigene Bilanz zu nehmen. Jedoch werden wir die Kreditbranche von BHF mit Interesse entdecken.
BHF hat Gerüchten zufolge 2015 einen Verlust in zweistelliger Millionenhöhe gemacht?
Wir haben derzeit keine präzisen Informationen. Aber im ersten Halbjahr hat sie Gewinn gemacht, und wir sehen keinen Grund für einen Verlust im Gesamtjahr.
Sie interessieren sich schon lange für Deutschland, oft gibt es ja eine ganz persönliche Erklärung dafür, dass man ein Land mag, wie ist das bei Ihnen?
Ich war kein sehr guter Schüler. Eines Tages hat mein Vater mir gesagt: „Du musst mehr arbeiten, ich schicke Dich für ein paar Monate nach Deutschland.“ So kam ich mit 14 Jahren auf das Collegium Augustinianum, ein katholisches Internat, in Gaesdonck bei Kleve.
Das war kein Schock für Sie?
Nein, das ist gut gewesen, und dank dieses Aufenthaltes habe ich Deutsch als erste Fremdsprache gewählt. Später war ich im Rahmen eines Austauschprogramms zwischen der HEC und der Uni Köln sechs Monate in Köln. Ich sage oft: Ich habe da nichts getan, aber viel gelernt (auf Deutsch). Das war eine schöne Zeit, ich habe viele Freunde kennengelernt. Ich habe mich immer gut verstanden mit den Deutschen, hatte in meiner Karriere aber nicht oft die Gelegenheit, mit ihnen zusammenzuarbeiten.