Wirecard-Bilanzskandal Gerichtsentscheidung: Ex-Wirecard-Chef Markus Braun bleibt im Gefängnis

Der frühere Wirecard-Vorstandschef Markus Braun kommt auch nach eineinhalb Jahren Untersuchungshaft nicht auf freien Fuß.
Düsseldorf, München Die Erklärungen seiner Verteidiger waren am Ende erneut erfolglos: Der frühere Wirecard-Chef Markus Braun bleibt in Untersuchungshaft. Dies hat der zweite Strafsenat des Oberlandesgerichts München nach einer Haftprüfung angeordnet, wie ein Gerichtssprecher mitteilte.
Für Braun wird es damit bereits das zweite Weihnachtsfest in Folge hinter Gittern. Seit dem 22. Juli 2020 sitzt der 52-Jährige in der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen ein. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gewerbsmäßigen Bandenbetrug, Veruntreuung von Konzernvermögen, Bilanzfälschung sowie Manipulation des Wirecard-Aktienkurses vor.
Dreimal prüfte das OLG bereits, ob die Haftgründe weiter bestehen – und bestätigte dieses jedes Mal. Das Gericht sieht offenbar ebenso wie die Staatsanwaltschaft München I nach wie vor dringenden Tatverdacht sowie Fluchtgefahr.
Fast alles spricht nun dafür, dass Braun auch bis zu einem möglichen Strafprozess in Haft bleibt. Die Staatsanwaltschaft München arbeitet derzeit unter Hochdruck an einer Anklage. Im ersten Quartal 2022 könnte es so weit sein. Sollte das Landgericht München anschließend die Klage zulassen, könnte die Hauptverhandlung im Spätsommer beginnen.
Die Vorwürfe der Staatsanwälte wiegen schwer: Braun und weitere Wirecard-Manager sollen über Jahre Scheingeschäfte in Milliardenhöhe verbucht haben, um den Aschheimer Zahlungsdienstleister finanzkräftiger darzustellen und so Kredite und eigene Einkünfte generieren zu können. Im Juni 2020 musste der damalige Dax-Konzern dann Insolvenz anmelden, nachdem sich herausgestellt hatte, dass ein angebliches Milliardenvermögen auf Treuhandkonten in Asien nicht existierte. Banken, Investoren und Anleger verloren Milliardenbeträge.
Für die Ankläger bleibt Braun die Schlüsselfigur
Die Staatsanwaltschaft sieht in Braun einen Hauptverantwortlichen für den groß angelegten Betrug. Für die Ermittler ist Braun der Mann, der „innerhalb der Bande als Kontroll- und Steuerungsinstanz“ fungierte.
Sie stützen ihre Anschuldigungen unter anderem auf die Angaben eines Kronzeugen, der ebenfalls in Haft sitzt. Er berichtete unter anderem, dass im Konzern schon 2015 der Entschluss gefallen sei, die Wirecard-Bilanz und das Umsatzvolumen „aufzublähen“. In seinen Aussagen belastete er auch Markus Braun erheblich.
Daraufhin kam Braun im Juli 2020 wieder in Haft, nachdem er Wochen zuvor schon einmal festgenommen worden war. Jedoch kam er damals nach nur einem Tag gegen eine Kaution von fünf Millionen Euro wieder frei.
Lesen Sie auch:
- Die Akte Wirecard: alle Hintergründe zum Skandal
- Nach Veröffentlichung seines Geheimberichts: Jetzt spricht Wirecard-Sonderprüfer Martin Wambach
- EY und der Wirecard-Skandal – Immer mehr Prüfer geraten ins Visier der Aufsicht
Braun weist die Vorwürfe des Kronzeugen und der Staatsanwälte vehement zurück. Er strengte zwei Haftbeschwerden an und sagte in einer Reihe von Vernehmungen gegenüber den Ermittlern aus. Zuletzt lieferte sein Verteidigerteam um Anwalt Alfred Dierlamm mehrere lange Stellungnahmen zu den Vorwürfen.
Brauns Berater kommen mit ihrer Version nicht durch
Braun und seine Berater argumentieren, dass der ehemalige Vorstandschef von einer kriminellen Bande um den Ex-Asienvorstand Jan Marsalek hintergangen worden sei. Das Asiengeschäft steht im Zentrum des milliardenschweren Betrugs. Seit dem Bekanntwerden des Betrugs ist Marselek auf der Flucht, sein Aufenthaltsort ist unbekannt.
Die Gruppe um Marsalek habe, so die Theorie Brauns und Dierlamms, Schattenstrukturen geschaffen, über die Gelder aus dem Wirecard-Konzern herausgeschleust wurden. Erlöse aus Drittpartnergeschäften Wirecards in Asien seien demnach umgelenkt worden, etwa in Gesellschaften in der Karibik. Tatsächlich sei Braun, der durch den Aufstieg Wirecards zwischenzeitlich zum Milliardär wurde, selbst Opfer des Betrugs.
Das Problem daran: Zahlreiche Aufklärer, die sich teils seit Monaten mit der Aufarbeitung des Skandals befassen, halten das Drittpartnergeschäft für weitgehend erfunden. Für das angeblich auf Treuhandkonten befindliche Vermögen in Höhe von fast zwei Milliarden Euro gibt es keine Belege. Zuletzt hatte Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé in einem Zwischenbericht festgestellt, dass von Wirecard „mittelbar bilanziertes Vermögen in Milliardenhöhe schlicht erfunden war“.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Wenn Herr Braun als CEO nichts mitbekommen hat, was hat er denn dort im Laden den ganzen Tag gemacht? Wäre günstiger gewesen, einen Sack Kartoffeln in seinem Büro anstelle von Braun zu deponieren, der wäre vielleicht sogar noch schlauer gewesen.
Und bitte dringend den Schlüssel weg werfen, damit nicht irgend jemand aus Versehen die Tür aufschließt. Ich selbst bin zwar nicht betroffen, kenne aber mehrere, die gewisse Summen investiert haben. Sogar Sparkassen haben Empfehlungen ausgesprochen! Jetzt besteht noch die Gefahr, dass Herr Jaffe die Dividenden für 2018/2019 zurückfordert und damit ggf. Erfolg hat.