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Wirecard-Konkurrent Warum Adyen-Chef Pieter van der Does nicht an Fusionen glaubt

Der Zahlungsdienstleister Adyen ist ein Liebling der Investoren. Im Interview erklärt Chef van der Does, wie er den Wirecard-Konkurrenten auf Wachstum trimmt.
23.08.2019 - 04:00 Uhr Kommentieren
„Die Menschen verändern ihr Zahlungsverhalten nur langsam, und die Entwicklung läuft von Land zu Land unterschiedlich.“
Pieter van der Does

„Die Menschen verändern ihr Zahlungsverhalten nur langsam, und die Entwicklung läuft von Land zu Land unterschiedlich.“

Unter Zahlungsdienstleistern jagt derzeit eine Fusion die andere. Beobachter gehen davon aus, dass die große Konsolidierung in der Branche erst noch bevorsteht. Doch ein Unternehmen macht nicht mit – und will auch künftig keine Zukäufe angehen: der niederländische Börsenstar Adyen. Der Zahlungsdienstleister glaubt nicht an Fusionen, wie sein Chef Pieter van der Does im Handelsblatt-Interview sagte. „Wir denken, es ist für die Händler besser, mit einem Zahlungsdienstleister zusammenzuarbeiten, der alles in eine Plattform investiert“, so van der Does, einer der Co-Gründer von Adyen. „Wir glauben nicht daran, dass eine Fusion zwischen zwei Zahlungsfirmen es einfach macht, ihre Systeme zusammenzulegen und den Händlern bessere Dienstleistungen anzubieten.“

Zahlungsfirmen wie Adyen wickeln Zahlungen im Onlineshop oder an der Ladenkasse für Händler ab. Zu den Wettbewerbern in Europa zählen Wirecard, Equens Wordline, Nets und Worldpay. Sie profitieren alle davon, dass Verbraucher weltweit immer mehr bargeldlos zahlen. „Wir bewegen uns in Richtung einer bargeldlosen Gesellschaft“, sagte auch van der Does. „Aber Ladenkassen werden nicht binnen weniger Jahre verschwinden. Die Menschen verändern ihr Zahlungsverhalten nur langsam, und die Entwicklung läuft von Land zu Land unterschiedlich.“ In Deutschland haben Verbraucher nach jüngsten Zahlen noch rund zwei Drittel ihrer Einkäufe an der Ladenkasse mit Bargeld bezahlt.

Adyen wurde 2006 gegründet, zu den frühen Investoren gehörte unter anderem Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Das Unternehmen ist im Juni 2018 an die Börse gegangen. Gleich am ersten Handelstag schoss der Kurs nach oben, gegenüber dem Ausgabepreis ist die Aktie um rund 170 Prozent gestiegen. Bekannt ist Adyen auch dafür, dass neben Facebook andere US-Tech-Konzerne wie Netflix, Spotify und Uber Kunden sind. „Ja, wir sind konzentriert auf die Großkonzerne. Aber das wird mit der Zeit schwinden“, so van der Does. Wenn Adyen weiter wachse, werde der Einfluss dieser Großkunden geringer werden.

An Banken geht das Wachstumsgeschäft der Zahlungsdienstleister weitgehend vorbei. Adyen hat eine Banklizenz und bietet Händler auch ein Bankkonto an, über das ihre Zahlungen laufen. Kredite an kleine und mittelgroße Firmen zu verleihen, plant Adyen laut van der Does indes nicht. Der Onlinebezahldienst Paypal dagegen reicht Darlehen an Onlineshops aus, seit einiger Zeit auch in Deutschland. Anfang 2018 sorgte Adyen für Aufsehen, weil das Unternehmen beim Online-Marktplatz Ebay ausgerechnet die frühere Ebay-Tochter Paypal als Zahlungsdienstleister abgelöst hat.

Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Pieter van der Does

Herr van der Does, die Welt des Zahlungsverkehrs wandelt sich rasant. Unternehmen wie Adyen profitieren vom Trend zum bargeldlosen Zahlen. Wird das Bargeld in den nächsten zehn Jahre ganz verschwinden?
Keine Frage, wir bewegen uns in Richtung einer bargeldlosen Gesellschaft. Das ist ein Trend. Aber Ladenkassen werden nicht binnen weniger Jahre verschwinden. Die Menschen verändern ihr Zahlungsverhalten nur langsam, und die Entwicklung läuft von Land zu Land unterschiedlich. Das wird kein geradliniger Prozess sein, sondern wir werden Sprünge erleben. Als Zahlungsdienstleister versuchen wir, uns an die Spitze dieser Veränderungen zu setzen.

Welche anderen Trends werden Ihre Branche in den kommenden Jahren prägen?
Zahlungen müssen noch reibungsloser laufen. Das betrifft Transaktionen über verschiedene Kanäle hinweg – online und an der Ladenkasse – und Zahlungen über Ländergrenzen. Reibungslosere Zahlungen bedeutet, dass ein Kunde in einem Laden direkt beim Verkäufer bezahlt und nicht mehr zur Ladenkasse geschickt wird. Über verschiedene Kanäle bedeutet, dass ein Händler einen Kunden, der ins Geschäft kommt, bereits durch die Bank- oder Kreditkarte erkennt, wenn dieser Kunde vorher bei ihm etwas online gekauft hat. Und einfachere Zahlungen über Ländergrenzen hinweg ist eine Forderung der Händler, die in verschiedenen Ländern aktiv sind und einen Dienstleister brauchen, der auch international unterwegs ist.

Die Anforderungen an die Zahlungsdienstleister steigen, viele versuchen, möglichst viele Länder abzudecken. Auch deshalb gibt es derzeit sehr viele Fusionen und Übernahmen in der Branche. Haben Sie Pläne, Wettbewerber aufzukaufen?
Nein, wir glauben nicht daran, dass eine Fusion zwischen zwei Zahlungsfirmen es einfach macht, ihre Systeme zusammenzulegen und den Händlern bessere Dienstleistungen anzubieten. Wir denken, es ist für die Händler besser, mit einem Zahlungsdienstleister zusammenzuarbeiten, der alles in eine Plattform investiert. Ich habe bei Worldpay gearbeitet, als das Unternehmen Zukäufe getätigt hat, und das war sehr kompliziert.

Warum ist es so wichtig für Adyen, mit einer einzigen Zahlungsplattform zu arbeiten?
Wenn man 14 Plattformen hat, denkt man ständig darüber nach, in welche man seine Mittel investiert. Der Ertrag aus einer Arbeitsstunde eines Programmierers oder Softwareentwicklers ist höher, wenn man nur eine Plattform hat – und 40 Prozent unserer Mitarbeiter sind IT-Ingenieure. Für einen Händler ist es wichtig, dass er all seine Daten an einem Ort abgelegt hat. Wir arbeiten zum Beispiel für Händler, deren Kunden in einem Laden in New York einkaufen und die Ware in Amsterdam umtauschen können. Das funktioniert nicht, wenn der Händler mit zwei Plattformen operiert, einer in den USA und einer in Europa.

Hilft es, dass Adyen als Neugründung ohne technologische Altlasten wie zu komplexe IT-Systeme an den Start gehen konnte?
Ja, das ist ein Vorteil für uns. Wir sehen, dass unsere neuen Kunden oft von Banken oder etablierten Zahlungsverkehrsunternehmen zu uns kommen.

Adyen ist eines der erfolgreichsten europäischen Start-ups. Der Aktienkurs ist nach dem Börsengang im Juni 2018 um 170 Prozent gestiegen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis mit Blick auf 2019 liegt bei 102 – dreimal so viel wie beim deutschen Konkurrenten Wirecard. Sind die Erwartungen an die Branche inzwischen zu hoch?
Wir haben die Firma als Unternehmer aufgebaut, wir sind keine Experten für Unternehmensbewertung. Wir hatten Adyen für den Börsengang bewertet – und dann hat der Markt das anders gesehen. Ich betrachte das als Tatsache.

Adyen wird oft mit Wirecard verglichen. Ist das ein fairer Vergleich?
Wir denken nicht so sehr darüber nach, was andere Zahlungsdienstleister im Detail machen. Wir versuchen, uns nicht durch den Blick auf Wettbewerber oder Übernahmen in der Branche ablenken zu lassen, sondern bauen und liefern weiter das, was die Händler wollen. Das ist das Beste für uns.

Es gibt noch immer den Verdacht von Bilanzunregelmäßigkeiten bei Wirecard in Singapur. Hat das Folgen für Adyen? Werden Kunden misstrauisch?
Es ist nie gut für eine Branche, wenn Unternehmen unter Verdacht stehen – zu Unrecht oder zu Recht. Das kann zur mehr Schwankungen in den Aktienkursen in der Branche führen.

Adyens Geschäft mit seiner einen Plattform scheint für Investoren einfacher verständlich zu sein als das von Wirecard.
Wir haben den Vorteil, dass wir keine Zukäufe integrieren müssen, und wir sind von Anfang an mit Großkunden gestartet. Die meisten Unternehmen legen mit kleinen Kunden los, und wenn man Tausende Klienten hat, ist die Gefahr größer, dass einige von ihnen Dinge tun, die man lieber nicht sehen würde. Wir eröffnen Büros im Ausland meist mit Leuten, die wir kennen. Wir haben sehr strenge Kontroll- und Compliancesysteme.

Adyen arbeitet vor allem für große Konzerne aus der Plattformökonomie wie Netflix und Spotify. Ist das auch ein Risiko, so abhängig von wenigen Großkunden zu sein?
Ja, wir sind konzentriert auf die Großkonzerne. Aber das wird mit der Zeit schwinden. Da wir weiterwachsen und neue Kunden gewinnen, wird der Einfluss dieser Großkunden immer geringer werden. 2014 stammte die Hälfte des Transaktionsvolumens noch von einem einzigen Unternehmen.

Adyen hat eine Banklizenz. Warum?
Wir können Zahlungen so schneller abwickeln. Wir versuchen, alle Zahlungen am Folgetag zu begleichen. Aber es gibt Zahlungsmethoden, zum Beispiel Kreditkarten, die womöglich länger brauchen. Wenn Adyen solche Zahlungen am Folgetag begleicht, gehen wir in Vorleistung – und das entspricht einem Kredit. Zudem haben immer mehr unserer Händlerkunden ein Bankkonto bei Adyen, was bedeutet, dass wir Zahlungen an sie sofort verrechnen können.

Plant Adyen, auch andere Bankdienstleistungen anzubieten, zum Beispiel Kredite? Der US-Bezahldienst Paypal zum Beispiel vergibt auch Darlehen an Onlineshops und wird immer mehr ein Dienstleister für Händler, nicht nur für Verbraucher.
Nein, das passt nicht zu uns. Wir planen nicht, Geld an kleine oder mittelgroße Firmen zu verleihen.

Steigt der Wettbewerbsdruck, weil Paypal in den Markt drängt?
Nein, ich kann nicht bestätigen, dass wir mehr Wettbewerb durch Paypal spüren.

Gewinnen Zahlungsdienstleister an Bedeutung zulasten traditioneller Banken?
Das ist zum Teil richtig. Banken haben Zahlungsverkehr immer nur als eine notwendige Dienstleistung betrachtet, nicht als Geschäft, das man in großem Stil aufziehen kann und in das man investieren sollte. Sie haben bereits einen Anteil am Zahlungsgeschäft verloren, weil Händler ihre Zahlungen über uns abwickeln können.

Welche Rolle können Echtzeitzahlungen künftig spielen? Europäische Banken hoffen, dass sie basierend auf Instant Payments ein neues europäisches Zahlungssystem schaffen können.
Echtzeitzahlungen mögen zu einer weiteren Zahlungsmethode werden, aber ich denke nicht, dass sie den Markt dominieren werden. Man kann sich fragen, ob Verbraucher von Instant Payments wirklich etwas haben. Wer in Echtzeit bezahlt, kann das Geld nicht zurückbekommen, wenn es irgendwelche Probleme gibt. Aus Sicht eines Verbrauchers ist es sehr vorteilhaft, Onlineeinkäufe per Rechnung zu zahlen, wie es in Deutschland üblich ist. Für Händler ist das kompliziert.

Hält Adyen an der Regel fest, dass Mitarbeiter lieber zum Telefon greifen sollen, als eine E-Mail an Kollegen zu schreiben?
Das ist Teil der DNA von Adyen. Menschen aus 80 Nationen arbeiten für uns. Das ist eine sehr heterogene Gruppe mit unterschiedlichen kulturellen Werten, für die wir sensibel sein müssen. In manchen Kulturen ist man sehr höflich, in anderen sehr direkt. Am Telefon oder in Videokonferenzen merkt man unmittelbar, wie sein Gegenüber reagiert, und es ist viel einfacher, Missverständnisse zu vermeiden.

Herr van der Does, vielen Dank für das Interview.

Mehr: Von wegen selten: Es gibt immer mehr Gründungen mit Milliardenbewertung. Das vitalisiert die Ökonomie. Ein Kommentar.

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