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Wirecard Marsalek-Vertrauter Henry O’Sullivan in Singapur verhaftet

Der britische Geschäftsmann Henry O’Sullivan gilt als Strippenzieher im Wirecard-Skandal. Ob er nach Deutschland ausgeliefert werden kann, ist fraglich.
01.09.2021 - 16:00 Uhr Kommentieren
Henry O’Sullivan, eine Assistentin von Jan Marsalek und Wirecards ehemaliger Asien-Vorstand (von links) in den Arabischen Emiraten. Quelle: privat
Treffen in Dubai

Henry O’Sullivan, eine Assistentin von Jan Marsalek und Wirecards ehemaliger Asien-Vorstand (von links) in den Arabischen Emiraten.

(Foto: privat)

Düsseldorf Er nannte sich „Ritter Heinrich“, zechte Nächte mit dem früheren Wirecard-Vorstand Jan Marsalek durch und gilt als Schlüsselfigur im Skandal um den Zahlungsdienstleister: Jetzt ist der britische Geschäftsmann James Henry O’Sullivan festgenommen worden. Die Behörden im Stadtstaat Singapur haben den 46-Jährigen am Montag verhaftet.

O’Sullivan sei schon am Mittwoch per Video von einem Bezirksgericht angehört worden, heißt es in einem Bericht der „The Straits Times“, die zuerst über die Festnahme berichtete. Die Behörden werfen ihm demnach Beihilfe zur Fälschung eines Dokuments vor. Konkret gehe es um eine Saldenbestätigung des Wirecard-Treuhänders Citadelle von 2016.

Der Brite soll den damaligen und ebenfalls angeklagten Citadelle-Geschäftsführer Rajaratnam Shanmugaratnam dazu angestiftet haben, ein angebliches Treuhandvermögen von Wirecard in Höhe von mehr als 86 Millionen Euro auszuweisen, obwohl es diese Gelder gar nicht gab. Im Juni 2020 war Wirecard nach Bekanntwerden milliardenschwerer Luftbuchungen schließlich zusammengebrochen.

O’Sullivan gilt als enger Vertrauter des seitdem abgetauchten Jan Marsalek. Er hatte zwar keine offizielle Funktion bei Wirecard inne, gilt aber als Strippenzieher, der im Hintergrund etliche große Deals einfädelte. Insider vermuten, dass Marsalek und er dabei Gelder in die eigene Tasche abzweigten.

So steht O’Sullivan in Verbindung mit der Übernahme der indischen Unternehmensgruppe Hermes im Jahr 2015. Für 326 Millionen Euro kaufte Wirecard die Firmen dem auf Mauritius registrierten Fonds Emerging Markets Investment Fund 1A (EMIF 1A) ab. Der Fonds hatte dasselbe Paket wenige Monate zuvor für nur 35 Millionen Euro erworben.

Insider berichten, dass O’Sullivan und Marsalek diejenigen waren, die den Deal planten und letztlich wohl auch davon profitierten. Die E-Mail-Adresse [email protected] legt ebenfalls eine Verbindung zwischen dem Fonds und O’Sullivan nahe. Zudem war der Brite die zentrale Figur bei Wirecards berüchtigtem Drittpartner Senjo in Singapur, mit dem Wirecard einen Großteil seines angeblichen Umsatzes erzielte.

Mit der Autorikscha durch Chennai: zwei enge Vertraute auf Erkundungstour im Juli 2015. Quelle: privat
Jan Marsalek (links) und Henry O'Sullivan

Mit der Autorikscha durch Chennai: zwei enge Vertraute auf Erkundungstour im Juli 2015.

(Foto: privat)

Deshalb interessiert sich auch die Staatsanwaltschaft München I für O’Sullivan. Die Ermittler haben vor einigen Wochen ein Rechtshilfeersuchen nach Singapur übermittelt, um zu klären, welche Rolle der Brite in dem Skandal um den früheren Dax-Konzern spielt. Details wollten die Ermittler damals nicht nennen.

Auch zu der Festnahme wollte sich die Staatsanwaltschaft auf Anfrage am Mittwoch nicht äußern. O’Sullivans Anwalt Tito Isaac forderte laut „The Straits Times“ am Mittwoch die Freilassung seines Mandanten gegen Kaution und betonte, der Brite habe die Behörden bei den Ermittlungen unterstützt.

Dem Bericht zufolge sah ein Bezirksrichter Verdunkelungsgefahr. Er habe es als „sehr wahrscheinlich“ angesehen, dass O’Sullivan die Ermittlungen durch Kommunikation mit anderen Personen, die mit dem Skandal in Verbindung stehen, torpediert hätte.

O'Sullivan verfügt vermutlich über Insiderwissen strittiger Wirecard-Transaktionen

O´Sullivan konnte Singapur schon vor seiner Festnahme laut Handelsblatt-Informationen nicht mehr verlassen. Seinen Pass hatte er demnach abgeben müssen.

Für zunächst mindestens eine Woche soll O´Sullivan nun in Untersuchungshaft bleiben. In Singapur drohen ihm im schlimmsten Fall für die Fälschung eines Dokuments bis zu zehn Jahre Gefängnis.

Ob O’Sullivan nach Deutschland ausgeliefert werden kann, ist zur Stunde unklar. Möglicherweise schützt ihn, dass er kein deutscher Staatsbürger ist. Hohes Interesse an seinen Insider-Informationen dürfte dennoch sowohl bei den Ermittlungsbehörden wie auch bei Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé bestehen.

Zuvor waren schon die Jahresprüfer von EY und die Sonderprüfer von KPMG an O’Sullivan verzweifelt. Sie wollten im März 2020 mit O’Sullivan sprechen, weil sie sich Insider-Erkenntnisse über umstrittene Wirecard-Transaktionen erhofften. Der Brite zeigte zunächst Interesse an einem Treffen, bestand aber auf ein Pseudonym in der Kommunikation.

E-Mails, die dem Handelsblatt vorliegen, zeigen, wie die Beteiligten ihn fortan „Corinna Müller“ nannten. Zu einem Gespräch kam es aber nicht. O’Sullivan hatte sich schließlich doch geweigert und nicht mehr gemeldet. Auch auf Anfragen von Journalisten reagierte er nicht.

Henry O’Sullivan gelang es, seine Gesprächspartner von einer besonderen Schutzmaßnahme zu überzeugen.
Interne Wirecard-Mails

Henry O’Sullivan gelang es, seine Gesprächspartner von einer besonderen Schutzmaßnahme zu überzeugen.

O’Sullivan war als Partylöwe bekannt, der einen extravaganten Lebensstil pflegte. Der Ruf, der ihm vorauseilte, zeigt sich auch bei seinem Eintrag im digitalen Firmenadressbuch von Wirecard. Ein Foto des kolumbianischen Drogenbarons Pablo Escobar schmückte dort sein Profil – vermutlich ein Scherz seines flüchtigen Kumpels Jan Marsalek aus dem Vorstand.

Mehr: „Es ist ein Wahnsinn...“: Die letzten 48 Stunden von Wirecard

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