Wirecard Veröffentlichung des Wambach-Berichts: Wikimedia kritisiert EY für Strafanzeige

Im Wirecard-Skandal steht auch die Rolle von EY im Fokus.
Berlin, Düsseldorf Die Veröffentlichung des Wambach-Berichts durch das Handelsblatt schlägt weiter Wellen. Wikimedia Deutschland übt scharfe Kritik an der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Der Verein, ein deutscher Zweig der Trägerin der Online-Enzyklopädie Wikipedia, zeigt sich in einer Stellungnahme „irritiert“ von der Entscheidung des Unternehmens, Strafanzeige zu stellen.
Verfasser des Wambach-Berichts ist Martin Wambach, der Vorstand des Instituts der Wirtschaftsprüfer. Im März beauftragte ihn der Wirecard-Untersuchungsausschuss damit, EYs Rolle in dem Bilanzskandal zu untersuchen. EY hatte fast zehn Jahre lang die Bilanzen testiert – bis Wirecard im Juni 2020 zusammenbrach.
Wambach stellte EY ein desaströses Zeugnis aus. Die Prüfer hätten zahlreiche Warnsignale übersehen oder seien Auffälligkeiten nicht weiter nachgegangen, heißt es in seinem Bericht.
EY bestreitet das und beteuert, dass die Prüfer sämtliche Hinweise und Vorwürfe jederzeit ernst genommen hätten. Das Team habe „nach bestem Wissen und Gewissen“ gearbeitet.
Dennoch riet EY der Geheimschutzstelle des Bundestags dazu, den Bericht als geheim einzustufen. Der Grund: Es seien Geschäftsgeheimnisse betroffen. Das Unternehmen hatte Erfolg. Seit Wambach seinen Bericht im April dem Untersuchungsausschuss überreichte, hielt die Geheimschutzstelle ihn unter Verschluss.
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Das Handelsblatt veröffentlichte das komplette, 168 Seiten lange Dokument am 11. November auf seiner Website. Kurz darauf stellte EY eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft München. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte, die Anzeige richte sich gegen die Weitergabe des Berichts und dessen Veröffentlichung.
Dass der Bericht erst durch die Veröffentlichung des Handelsblatts der Öffentlichkeit zugänglich wurde, sei „ein unhaltbarer Zustand“, teilte Wikimedia nun mit. Der Fall Wirecard habe schließlich einen Milliardenschaden verursacht, der die Volkswirtschaft belaste und viele Bürger direkt betreffe.
Die Aufklärung des Skandals mache deutlich, warum „öffentlich beauftragte Gutachten auch öffentlich zugänglich gemacht werden sollten“ – und zwar durch die öffentliche Hand selbst, „nicht erst durch Whistleblowing und Presseberichte“. Das gelte auch und gerade bei Fachgutachten wie dem Wambach-Bericht.
„Das Gutachten wurde vom Bundestag beauftragt, um im öffentlichen Interesse den Sachverhalt aufzuklären“, sagte Christian Humborg, geschäftsführender Vorstand von Wikimedia Deutschland. Daher müsse gerade in diesem Fall der Grundsatz „öffentliches Geld – öffentliches Gut“ gelten.
Während Wikimedia fordert, dass staatlich beauftragte Gutachten „standardmäßig veröffentlicht werden“, hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) den Weg für Ermittlungen gegen die Abgeordneten aus dem Untersuchungsausschuss frei gemacht.
Ein Sprecher des Bundestags bestätigte dem Handelsblatt, dass Hausherrin Bas „ihre nach dem Gesetz erforderliche Ermächtigung zur Strafverfolgung“ im Bundestag erteilt hat – noch bevor die Staatsanwaltschaft sie förmlich darum bat.
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Hoppla, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), so etwas sollte nicht passieren! Voreilig der Demokratie in den Rücken fallen! Das geht gar nicht!
Hier für alle Germanisten: die neuen Steigerungsformen für peinlich - man beachte es gibt hier ausnahmsweise 3 Steigerungsformen statt der üblichen 2:
Peinlich, peinlicher, am peinlichsten, EY