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Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 Open Banking: Geldhäuser wollen Herausforderung durch Tech-Konzerne annehmen

Google, Apple, Facebook und Amazon dringen immer weiter ins Banking vor. Eine EU-Richtlinie kann ihnen dabei sogar noch helfen. Doch für die Geldhäuser gäbe es einen Ausweg.
05.12.2019 - 09:37 Uhr Kommentieren
Unternehmen wie Google, Apple, Facebook und Amazon drängen ins Bankgeschäft vor. Quelle: AFP
Logos der großen Tech-Konzerne

Unternehmen wie Google, Apple, Facebook und Amazon drängen ins Bankgeschäft vor.

(Foto: AFP)

Frankfurt Neue Regeln für den Zahlungsverkehr halten seit Monaten die IT-Abteilungen von Banken auf Trab, sorgen für Streit zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups und bringen viele Kunden zur Verzweiflung. Eine große Mehrheit der Geldinstitute sieht die Vorgaben der zweiten europäischen Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) dennoch eher als Chance denn als Bedrohung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Unternehmensberatung Roland Berger, die dem Handelsblatt vorliegt.

Allerdings: Zwischen dem erkannten Potenzial und dem tatsächlichen Handeln liegen meist noch Welten. Und die Zeit drängt, denn Gefahr droht der Branche, sobald die großen Tech-Konzerne die Regulierung für sich nutzen.

Die PSD2 ist seit Mitte September vollständig in Kraft. Banken müssen nun sogenannten Drittanbietern Zugriff auf die Kontodaten ihrer Kunden gewähren – sofern die Kunden das wünschen und die Unternehmen von der Finanzaufsicht reguliert werden. Dafür müssen Banken spezielle Datenschnittstellen (API) bereitstellen.

Die Drittanbieter offerieren beispielsweise Multibanking-Apps für das persönliche Finanzmanagement oder treffen im Rahmen der Kreditvergabe per Kontoblick Aussagen über die Bonität der Kunden. Daneben schreibt die PSD2 auch neue Sicherheitsverfahren für den Kontozugriff vor.

In der Studie von Roland Berger, für die 35 führende Banken und sechs Drittanbieter aus zwölf europäischen Ländern befragt wurden, gaben die Institute an, dass sie ihren Kunden dank zusätzlicher Daten passendere Angebote machen könnten, neue Kunden gewinnen, Produkte und Dienstleistungen anderer Firmen in ihr Angebot einbinden, ihre IT modernisieren und zusätzliche Erträge erzielen könnten. „Viele Banken haben mittlerweile die Vorteile erkannt, doch in den meisten Fällen fehlen noch umfängliche Strategien, um diese Vorteile geschäftlich zu nutzen“, sagt Sebastian Maus, Partner bei Roland Berger, dem Handelsblatt.

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Um die Potenziale der PSD2 auszuschöpfen, müssten Banken selbst als Drittanbieter aktiv werden. „Das würde ihre Position stärken, denn je mehr sie über ihre Kunden wissen, desto besser können sie ihren Wünschen entgegenkommen“, sagt Maus. Auch andere Beratungshäuser warnten zuletzt bereits eindringlich: Banken liefen Gefahr, den direkten Kontakt zu ihren Kunden zu verlieren.

Das könnte passieren, wenn die Kunden nur noch über die App oder Website eines anderen Anbieters auf ihr Konto zugreifen. Dann hätten die Banken kaum noch eine Chance, den Kunden zusätzliche Produkte und Dienstleistungen anzubieten.

Gefahr durch die Tech-Konzerne

Mehr als 70 Prozent der befragten Banken in der Roland-Berger-Studie sehen dabei insbesondere eine Gefahr durch Tech-Konzerne wie Google, Amazon, Facebook und Apple. Eine Gefahr durch Finanz-Technologie-Start-ups (Fintechs) erwarten dagegen lediglich 13 Prozent.

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Dass diese Sorge gerechtfertigt ist, zeigen die jüngsten Produktankündigungen der Tech-Konzerne in den USA: Apple gibt dort eine eigene Kreditkarte heraus, Google will Girokonten anbieten und Facebook ein eigenes Bezahlsystem für sein soziales Netzwerk und die Dienste Messenger, Instagram und WhatsApp. Solche Angebote zeigen, wie groß ihr Interesse an den Finanzdaten ihrer Kunden ist.

„Google, Facebook und Apple sind die eigentlichen Gewinner“, fasste es kürzlich auch Martin Schmidberger, Leiter des Bereichs Kundeninteraktionen bei der ING während einer Veranstaltung in Berlin zusammen. Von Auflagen zum Datenteilen würden sie am meisten profitieren, „da sie schon eine etablierte Plattform haben“, zitierte ihn das Online-Magazin „Heise“. Dank der Schnittstellen könnten die Tech-Riesen „wie eine Bank agieren, ohne eine zu sein“.

Sprungbrett zum „Open Banking“

Trotz der bisherigen Zurückhaltung: Viele Banken sehen die PSD2 laut Berater Maus sogar als Sprungbrett hin zu einem sogenannten Open-Banking-Modell. Dabei würden sie sich selbst in Richtung einer Plattform wie Google oder Amazon entwickeln und ihren Kunden nicht mehr nur die eigenen Produkte anbieten, sondern auch die von Konkurrenten. Ziel einer solchen Strategie wäre es, dass sie sich selbst gegenüber den Kunden als erste Anlaufstelle in Finanzfragen positionieren.

In Deutschland würden die meisten Geldhäuser dabei noch im Experimentierstadium stecken, erläutert Berater Maus: „Viele Banken haben aktuell andere Probleme und deshalb keine Ressourcen, um die notwendige Open-Banking-Strategie zu erarbeiten und umzusetzen.“ Die Deutsche Bank gehört zu den Vorreitern in Deutschland. So bietet sie beispielsweise Privatkunden über den „Zinsmarkt“ Zugang zu Festgeldkonten anderer Banken.

Außerdem hat das größte deutsche Geldhaus neben der PSD2-Schnittstelle bereits eine Premium-API entwickelt. Über diese werden auf Kundenwunsch zusätzliche Daten an Drittanbieter übermittelt. Für den Zugriff über die PSD2-API dürfen Banken kein Geld verlangen. Das ist bei den Premium-Angeboten anders. Da wundert es nicht, dass in der Umfrage 72 Prozent der Banken angaben, solche Schnittstellen anbieten zu wollen.

Noch klingt das allerdings nach Zukunftsmusik. Zumindest im Rahmen der PSD2-API hatten die Bankhäuser bis zuletzt noch versucht, den Datenzugriff gering zu halten. Das beklagten zuerst Drittanbieter aus der Start-up-Szene und dann auch die Finanzaufsicht Bafin.

Öffentlich wehrte sich die deutsche Bankbranche lange gegen die Kritik der Drittanbieter. In der Umfrage bezeichneten sie aber 77 Prozent der Banken als gerechtfertigt. 43 Prozent gestanden zudem ein, dass sie nur eine Mindestmenge der geforderten Daten bereitstellen. Eigentlich sollten die PSD2-API seit Mitte September im Einsatz sein, aktuell laufen die Nachbesserungen.

Für den Branchenkenner André M. Bajorat, zuletzt Geschäftsführer beim Drittanbieter Figo, besteht die Grundvoraussetzung für Open Banking in einem wirklich breiten Datenaustausch. „Die PSD2 reguliert nur das Girokonto, das reicht bei Weitem nicht aus“, argumentiert er. „Damit Open Banking wirklich gelingen kann, müssen wir die PSD2 hinter uns lassen und uns daran orientieren, was aus Sicht der Kunden sinnvoll ist.“ Dazu gehörten neben umfassenden Informationen zum Girokonto etwa auch Daten von Sparkonten oder Wertpapierdepots.

Mehr: Kunden geben Zahlungsdaten ungern an Drittanbieter weiter, tun es aber bereits unbewusst.

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