Zusammenschluss Comdirect-CEO blickt Commerzbank-Übernahme selbstbewusst entgegen

Konten für Geschäfts- und Unternehmerkunden bietet Comdirect im Gegensatz zu den Konkurrenten ING und DKB bisher nicht an.
Frankfurt Als die Commerzbank am 20. September angekündigt hat, ihre Onlinetochter Comdirect ganz übernehmen und in den Konzern integrieren zu wollen, überrumpelte sie damit auch Arno Walter: „Das kam für uns alle – mich eingeschlossen – überraschend“, sagt der Comdirect-Chef. Dass er vorher nicht eingeweiht wurde, wertet er nicht als Affront. Es sei rechtlich eben nicht möglich, dem Übernahmeziel vorab Bescheid zu geben.
Bei vielen Comdirect-Mitarbeitern ist die Nervosität seit der Ankündigung groß. Denn Finanzkreisen zufolge sollen bei der Integration in die Commerzbank Hunderte Stellen wegfallen. Zudem fragen sich viele Beschäftigte, was nach der Verschmelzung aus der Comdirect-Zentrale in Quickborn wird.
Es wird erwartet, dass die Commerzbank, die aktuell 82 Prozent an Comdirect hält, in den nächsten Tagen ein offizielles Übernahmeangebot vorlegt. Der Comdirect-Vorstand muss den Aktionären dann innerhalb von 14 Tagen eine Annahme oder Ablehnung der Offerte empfehlen.
Walter wollte sich am Dienstag nicht dazu äußern, ob er das in Aussicht gestellte Angebot attraktiv findet. Aber er zeigte sich zuversichtlich, dass die Onlinebank bei der Neuausrichtung ihres Mutterkonzerns wichtige Impulse setzen kann – beispielsweise bei Apps, mit denen Kunden ihre Bankgeschäfte über das Smartphone abwickeln. Comdirect habe schon länger einen klaren Fokus auf Mobile Banking, erklärte der Vorstandschef. „Insofern glaube ich, dass wir sehr, sehr viel mitbringen mit dem erfolgreichen Geschäft, das wir bei Comdirect in den letzten Jahren aufgebaut haben.“
Auf der anderen Seite sieht Walter auch Chancen, nach einem Zusammenschluss mit der Commerzbank neue Angebote zu entwickeln. Konten für Geschäfts- und Unternehmerkunden bietet Comdirect im Gegensatz zu den Konkurrenten ING und DKB bisher beispielsweise nicht an – und das findet Walter schade.
Die Strategie „Commerzbank 5.0“ sieht neben der Integration von Comdirect einen Verkauf der polnischen Tochter M-Bank vor. Bis 2023 will das Frankfurter Institut so eine Eigenkapitalrendite von mehr als vier Prozent erzielen. Die Bank betont, sie habe sich damit Ziele gesetzt, „die sie angesichts des aktuellen Zinsumfelds und der makroökonomischen Aussichten für realistisch hält“.
Viele große Investoren sind dagegen enttäuscht. „Das ist Magerkost“, sagte einer von ihnen dem Handelsblatt. Er hätte sich vom Vorstand ambitionierte Ziele und stärkere Sparbemühungen gewünscht. Ein anderer Großaktionär bezeichnete die Strategie ebenfalls als enttäuschend. Gut sei allerdings, dass die Bank nun eigentlich nur noch positiv überraschen könne. Zumindest im dritten Quartal hat sich das bewahrheitet. Der Gewinn stieg um 35 Prozent auf 294 Millionen Euro. Analysten hatten deutlich weniger erwartet.
Mehr: Eine Übernahme der Commerzbank könnte in zwei bis drei Jahren wieder Thema werden – dann wird sie kleiner, fokussierter und besser integrierbar sein, prognostiziert Handelsblatt-Redakteur Andreas Kröner.
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