Commerzbank und das Dividendenstripping Dubiose Deals mit Dividenden

Das Thema „Dividendenstripping“ lässt die Commerzbank nicht los.
Frankfurt, Düsseldorf Die Commerzbank ist vermutlich in mehr dubiose Aktiengeschäfte verwickelt, als bislang bekannt: Interne Untersuchungen zeigen, dass die Bank zumindest bis ins Jahr 2008 Geschäfte rund um den Dividendenstichtag abwickelte, bei denen sich die Beteiligten eine nur einmal gezahlte Steuer mehrfach vom Fiskus zurückerstatten ließen. Das erfuhr das Handelsblatt aus Finanzkreisen.
Bislang war nur bekannt, dass solche Geschäftspraktiken, die im Fachjargon Cum-Ex-Geschäfte heißen, bei der Dresdner Bank vorgekommen waren, die die Commerzbank Ende 2008 übernommen hatte. Bei der internen Untersuchung geht es dagegen um Cum-Ex-Geschäfte, die bei der Commerzbank selbst stattgefunden haben.
„Die Commerzbank hat Ende letzten Jahres eine freiwillige Untersuchung zu Cum-Ex-Aktiengeschäften seit 2003 eingeleitet“, sagte eine Sprecherin der Bank auf Anfrage. Das Juristenportal Juve hatte zuerst darüber berichtet.
Einen Zwischenbericht der Prüfungsgesellschaft PwC, in dem in einzelnen Fällen solche Cum-Ex-Transaktionen nachgewiesen wurden, hat die Commerzbank Handelsblatt-Informationen zufolge mittlerweile an die Staatsanwaltschaft übergeben. Eine Banksprecherin sagte hierzu nur, die Bank habe einen Zwischenbericht „proaktiv“ an die Steuerbehörden weitergeleitet.
Für die Commerzbank kommen diese Nachrichten zur Unzeit. Gerade erst hatten Recherchen von Handelsblatt, Bayerischem Rundfunk und ProPublica gezeigt, dass das Institut bei einer anderen Spielart zweifelhafter Dividenden-Geschäfte aggressiv mitgemischt hatte, die im Fachjargon „Cum-Cum-Deals“ heißen. Dabei helfen deutsche Banken ausländischen Investoren dabei, die deutsche Kapitalertragssteuer zu umgehen. Die Commerzbank ist der Auffassung, sich dabei an alle Gesetze gehalten zu haben. Erst ab 2016 sollen solche Deals explizit verboten werden. Ob sie bisher legal waren oder nicht, ist juristisch noch nicht entschieden.
Bei den Cum-Ex-Geschäften, um die es bei der aktuellen internen Untersuchung der Commerzbank geht, ist die Sache anders gelagert: Diese Geschäfte gelten schon länger als missbräuchlich, der Gesetzgeber hatte sie bereits 2012 unterbunden. Dabei zielten die Beteiligten darauf ab, eine einmal abgeführte Kapitalertragsteuer doppelt oder mehrfach vom Fiskus zurückzuholen.
Dazu verkauften Banken oder Investoren Aktien kurz vor dem Ausschüttungstermin mit (cum) Dividende, lieferten sie aber erst danach, also ohne (ex) Dividende. So erhielten gleich mehrere Beteiligte eine Bescheinigung über die Kapitalertragsteuer. Das war eine Art Blankoscheck, der beim Finanzamt eingelöst werden konnte.
Die Commerzbank scheint mit Cum-Ex-Praktiken aber immerhin kein so großes Rad gedreht zu haben, wie im Falle der Cum-Cum-Geschäfte. Das legt jedenfalls der 91-seitige Zwischenbericht der beauftragten Prüfungsgesellschaft PwC nahe. Dessen vorläufiges Ergebnis lautet, dass es sich bei den Cum-Ex-Deals um Einzelfälle handle und nicht um eine systematische Geschäftspraxis. Solche Deals sind bislang nur bis ins Jahr 2008 gefunden worden. Bleibt es dabei, hätte sich die Bank zumindest nach ihrer Rettung durch die Steuerzahler Ende 2008 von solchen Praktiken fern gehalten.
Das Institut wollte sich zu Details ihrer internen Untersuchung nicht äußern. Das Institut stehe im „engen Austausch mit den Behörden“, hieß es. „Ein abschließender Bericht liegt noch nicht vor“, so die Sprecherin weiter.
Derzeit werden in Deutschland viele Altfälle aufgearbeitet. Einige Banken haben Fehlverhalten eingestanden und hohe Steuerbeträge zurückgezahlt. Dazu gehören die HSH Nordbank, die HypoVereinsbank, die LBBW oder die DZ Bank. Zuletzt machte die Dekabank einen Rückzieher. Sie verlor vor dem Finanzgericht Hessen einen Streit mit dem Finanzamt um die Rückerstattung von Steuern in Höhe von 53 Millionen Euro. Die Dekabank verzichtete darauf, das Urteil vor den Bundesfinanzhof anzufechten.
Doch die Commerzbank, an der der Staat noch immer 15 Prozent hält, scheint das nicht zu beeindrucken. Auch sie streitet mit dem Finanzamt in einem ähnlichen Fall. Dabei geht es um Altlasten der Dresdner Bank, die die Commerzbank Ende 2008 übernommen hatte. Gestritten wird um um 75 Millionen Euro aus Transaktionen aus der Dividendensaison 2008, die die Dresdner Bank abgewickelt hatte.
Doch offenbar waren diese Deals aus Sicht der Bank nicht so schmutzig, dass sie das Geld abschreibt. Zumindest bis heute hält sie an ihrer Klage fest. Allerdings stehen ihre Chancen vor dem Finanzgericht Hessen eher schlecht. Die Commerzbank müsste also wohl bis zum Bundesfinanzhof ziehen. Ob sie dort das Blatt wenden könnte, scheint sehr fraglich.