Cum-Ex-Geschäfte Auftakt eines Strafverfahrens am Landgericht Bonn – Ex-Manager von Warburg Invest auf der Anklagebank

Experten vermuten, dass sich Berger zuerst in Bonn verantworten muss.
Düsseldorf Kein Skandal beschäftigt die Geldbranche so wie Steuerhinterziehung nach der Methode Cum-Ex. Im März 2020 erhielten zwei britische Börsenhändler vor dem Landgericht Bonn Bewährungsstrafen. Im Juni 2021 wurde der ehemalige Generalbevollmächtigte der Hamburger Privatbank M. M. Warburg zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.
Am Donnerstag startet nun das dritte von mehr als 80 potenziellen Strafverfahren in dem Steuerskandal in Bonn. Angeklagt ist ein ehemaliger Geschäftsführer von Warburg Invest, einer Tochter der M. M. Warburg. Der Verteidiger des Angeklagten wollte sich auf Nachfrage nicht äußern.
Der lateinische Begriff Cum-Ex bezeichnet ein Geschäft, bei dem Aktien im Kreis gehandelt wurden, um doppelte Steuererstattungen auszulösen. Experten beziffern den Schaden, den Finanzmanager und Investoren mit diesen Deals insgesamt in Deutschland anrichteten, auf zwölf Milliarden Euro.
Der Bundesgerichtshof hat das erste Urteil aus Bonn und damit die Strafbarkeit von Cum-Ex-Geschäften gerade bestätigt. „Es gab hier weder ein legales Steuergestaltungsmodell noch das zulässige Ausnutzen einer Gesetzeslücke“, sagte der Vorsitzende BGH-Richter Rolf Raum. Der Cum-Ex-Handel sei ein „blanker Griff in die Kasse, in die alle Steuerzahler einzahlen“.
Banken und Anwälte involviert
Im nun beginnenden Strafverfahren ist ein Investmentbanker angeklagt, der zwei Cum-Ex-Fonds für besonders reiche Investoren mitgeplant haben soll. 2009 handelte es sich laut Klageschrift um einen Fonds mit dem Namen BC German Equity, 2010 um den Fonds BC German Hedge. Zusammen sollen die Beteiligten den Fiskus um rund 150 Millionen Euro geprellt haben.
In dem Prozess geht es nicht allein um den Angeklagten und die Fondsgesellschaft Warburg Invest. Die Cum-Ex-Geschäfte funktionierten nur, weil andere Banken und Anwälte daran mitwirkten.
Die Gesamtorganisation übernahm die Ballance-Gruppe mit ihrem inzwischen international gesuchten Ex-Chef Paul Mora. Er war mit dem deutschen Steueranwalt Hanno Berger im Bunde, der von der Staatsanwaltschaft als „Initiator“ der Fonds bezeichnet wird. Berger ist gleich von zwei Staatsanwaltschaften angeklagt und sitzt derzeit in der Schweiz in Auslieferungshaft. Sowohl Mora als auch Berger weisen die Vorwürfe zurück.
Damit sich die Cum-Ex-Geschäfte richtig lohnten, hebelten die Organisatoren das Eigenkapital der Investoren – darunter Drogerieunternehmer Erwin Müller und CTS-Eventim-Chef Klaus-Peter Schulenberg – mit Fremdkapital. 2009 steuerte die Deutsche Bank 743 Millionen Euro bei, 2010 übernahm Merrill Lynch die Funktion des Fremdkapitalgebers. Alle Beteiligten ließen sich für ihre Dienste bei den Geschäften gut bezahlen.
Steuerbescheinigungen durch Depotbanken ausgestellt
Eine wichtige Rolle spielten auch die Depotbanken. Sie stellten die zusätzlichen Steuerbescheinigungen aus, die bei den Cum-Ex-Geschäften den Quell des Gewinns bedeuteten. Die Depotbanken reichten die Bescheinigungen beim Finanzamt ein, kassierten die Steuererstattungen und reichten das Geld an die Fonds weiter.
Für den 2009er-Fonds übernahm diese Aufgabe BHF Asset Servicing – heute BNY Mellon –, für den 2010er-Fonds war es die Deutsche Apotheker- und Ärztebank. Beide Banken wurden inzwischen für den Schaden von der Finanzverwaltung in Anspruch genommen. Weitere Details über andere Beteiligte dürften nun in dem Prozess zur Sprache kommen.
Mehr: Welche Rolle die Top-Kanzlei Freshfields in dem Cum-Ex-Skandal spielte.
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