Cum-Ex-Geschäfte Sarasin-Bank gibt im Millionenstreit mit Drogerie-Unternehmer Müller endgültig auf

Unnachgiebig, wenn es um sein Geld geht.
Düsseldorf Mit Eric Sarasin, dem einstigen Vizechef der Schweizer Sarasin-Bank, pflegten Erwin Müller und seine Frau einen fast freundschaftlichen Umgang. Man besuchte sich, ging gemeinsam in die Züricher Oper. Als die Bank ihm einen Fonds anbot, der in nur sechs Monaten zwölf Prozent Rendite abwerfen sollte, zögerte Müller nicht lange. Im Frühjahr 2011 investierte er 50 Millionen Euro. Ein Fehler.
Eigentlich, so gab es Erwin Müller einmal bei Gericht zu Protokoll, habe er das Geld im Oktober 2011 zurückhaben wollen – für das Weihnachtsgeschäft in seinen Drogerien. Schließlich war Müller Herr über 600 Filialen und 23.000 Mitarbeiter. Doch es kam anders. Anfang Januar erhielt Müller sechs Millionen Euro von Sarasin. Der Rest kam abhanden.
Es waren keine normalen Geschäfte. Cum-Ex hieß der Aktienhandel, mit dem die heute als J. Safra Sarasin firmierende Bank seinem Kunden Müller eine Traumrendite versprach. Damals ein Geheimtipp, gehören die Deals heute zum Allgemeinwissen, Kategorie Steuerbetrug.
Riesige Aktienpakete mit (cum) und ohne (ex) Dividende wurden innerhalb weniger Tage im Kreis gehandelt. Gewinngarant war dabei der Fiskus: Die Finanzämter kamen in dem Spiel durcheinander und erstatteten mehrfach eine nur einmal abgeführte Kapitalertragsteuer.
Es war ein Anlagemodell, nach dem alle suchten: Ein Geschäft mit zweistelligen Margen und null Risiko. Mehr als 100 Banken weltweit und eine unbekannte Zahl von Superreichen griffen zu. Gewinn für die Investoren und Schaden für den Steuerzahler: zwölf Milliarden Euro.
Dann war Schluss. Ab 2011 stellte sich das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn quer und zahlte die Kapitalertragsteuer nicht aus. Damit fielen nicht nur die Gewinne fort. Ohne die Steuererstattungen war sogar ein Großteil der Einlage der Investoren verloren. Riesige Verluste türmten sich auf. Für Erwin Müller standen unter dem Strich statt zwölf Prozent Gewinn 88 Prozent Verlust. Dann knöpfte er sich seine Bank vor.
Sarasin habe ihn nicht ausreichend über die Natur der Cum-Ex-Geschäfte informiert – und vor allem nicht über deren Risiko, argumentierten die Juristen des Drogisten. Sarasin solle das Geschäft mit dem Cum-Ex-Fonds der Marke Sheridan rückabwickeln und Müller seinen vollen Einsatz zurückzahlen. Plus Zinsen natürlich.
Als Sarasin sich weigerte, zog Müller vor Gericht, Freundschaft hin oder her. Erst siegte er vor dem Bundesgerichtshof in der Frage, ob deutsche oder Schweizer Gerichte zuständig waren. Dann siegte Müller vor dem Landgericht Ulm, doch Sarasin ging in Berufung.
Schließlich gelang dem 86-Jährigen der Triumph vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Hätte die Bank „ordnungsgemäß geprüft, wären aufzuklärende Risiken der Kapitalanlage erkennbar geworden“, so die Richter.
Nach sieben nur mit Niederlagen gefüllten Jahren hat Sarasin genug. Die Bank verzichtet auf den Gang zum Bundesgerichtshof und gibt den Kampf gegen ihren früheren Edelkunden auf. Das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart pro Müller hat so Bestand. Die Bank wollte sich dazu nicht äußern, Müller auch nicht. Er wollte nur sein Geld.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.