Cum-Ex-Skandal Ermittler durchsuchen Sparda-Bank Berlin

Die Genossenschaftsbank wurde durchsucht.
Berlin Mit dem Wort „Hoffnung“ ist der diesjährige Geschäftsbericht der Sparda-Bank Berlin betitelt. Seit dieser Woche braucht die Führung wieder mehr davon: Nach Informationen des Handelsblatts durchsuchen Ermittler unter Federführung der Staatsanwaltschaft Köln seit Dienstag ihre Zentrale.
Die Staatsanwaltschaft und die Bank bestätigten die Razzia. „Das Ermittlungsverfahren – Bestandteil des Cum-Ex-Komplexes - richtet sich gegen mehrere Personen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. An der Durchsuchungsmaßnahme sind neben Vertretern der Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungspersonen der Steuerfahndung Nordrhein-Westfalen sowie des Bundeszentralamtes für Steuern beteiligt“, teilte ein Behördensprecher auf Nachfrage mit.
Zu weiteren Details könne man wegen des Steuergeheimnisses nichts sagen. Die Sparda-Bank Berlin ist damit in dieselbe Affäre verwickelt, die mehr als 100 Banken in Deutschland und aller Welt betrifft: Cum-Ex-Aktienhandel zulasten des Fiskus.
In dem Geschäftsbericht „Hoffnung“ der Sparda-Bank Berlin kommt der Begriff Cum-Ex nicht vor. Gleichwohl sind mehrere ehemalige und aktuelle Mitarbeiter beschuldigt. Die Bank bestätigte gegenüber dem Handelsblatt, dass es eine Durchsuchung in der Bank in Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren gab. „Wir kooperieren mit den Ermittlungsbehörden“, sagte ein Sprecher der Bank. Mit Verweis auf das laufende Verfahren wollte sich die Bank nicht weiter äußern.
Die an Cum-Ex-Geschäften beteiligten Banken zielten viele Jahre darauf ab, sich Kapitalertragsteuern erstatten zu lassen, die gar nicht abgeführt worden waren. Es handelt sich um einen der größten Steuerskandale der Wirtschaftsgeschichte. Damit die Deals rund um den Ausschüttungstermin der Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividende funktionierten, mussten viele Akteure mitmachen.
NRW-Justiz: Sparda mit wichtiger Rolle bei Aktienkreisgeschäften
Investoren stellten Kapital bereit, Banken hebelten die Investments teils mit dem Faktor 20. Es gab Leerverkäufer und -käufer, Depotbanken, Broker und Börsen. Berater entwickelten genaue Pläne, wie der Handel ablaufen musste. NRW-Justizminister Peter Biesenbach bezeichnet Cum-Ex-Geschäfte als „industriell betriebene Steuerhinterziehung“.
Die von Biesenbach personell aufgerüstete Staatsanwaltschaft Köln schreibt der Sparda-Bank Berlin offenbar eine wichtige Rolle bei den Aktienkreisgeschäften zu. Über das Wirken der Bank wurde bereits einiges im ersten Cum-Ex-Strafverfahren gegen zwei Aktienhändler aus London und die Hamburger Privatbank M. M. Warburg bekannt – die früher bei der Hypo-Vereinsbank (HVB) gearbeitet hatten.
Die beiden Börsenhändler wurden wegen ihrer Aufklärungsbeiträge zu Bewährungsstrafen verurteilt, die Warburg Bank zu einer Zahlung von 176 Millionen Euro. Vor wenigen Monaten hat der Bundesgerichtshof das Urteil bestätigt.
Nicholas D., einer der beiden Angeklagten, hatte in der Hauptverhandlung detailliert beschrieben, wie die Geschäfte mit der Sparda-Bank liefen. D. erklärte, dass die Cum-Ex-Deals weit im Voraus geplant wurden, weil extrem viele Aktien benötigt wurden. Die verschiedenen am Handel Beteiligten mussten sicherstellen, dass Angebot und Nachfrage zusammenpassten und sich die Leerverkäufer nach dem Dividendenstichtag eindecken konnten.
Die HVB war eine der Banken, die Leerverkäufer nach dem Ausschüttungstermin mit Aktien versorgte. Fachleute bezeichnen sie als Ex-Ex-Stückegeber. Sie hielten die Aktien während der Ausschüttung und bekamen nur die Nettodividende ausgezahlt, da die Steuern automatisch abgezogen wurden. Die Ex-Ex-Stückegeber erhielten die erste, rechtmäßige Steuerbescheinigung. Am Ende des Kreisgeschäfts bekamen diese Banken ihre Aktien zurück.
Die HVB konnte diese Rolle nicht allein ausfüllen. Es galt, interne Limits zu beachten – offenbar wollte die Bank das Risiko in Grenzen halten. Außerdem gab es Meldeschwellen zu beachten. Wer etwa mehr als drei Prozent eines bestimmten Unternehmens hielt, musste dies der Aufsichtsbehörde mitteilen.
An dieser Stelle kam die Sparda-Bank Berlin ins Spiel. Einen Teil der Papiere übertrug die HVB wegen der Restriktionen auf das genossenschaftliche Institut. Als „Turbo-Lader“ für das Geschäft bezeichnete der Angeklagte D. die Vereinbarung mit der Sparda-Bank. HVB-intern hatten die Deals sogar einen eigenen Namen: Sie wurden Sparda-Trades genannt.
Die Sparda Berlin war nicht die einzige Bank, die Aktien auf das eigene Buch nahm und den Ex-Ex-Stückegeber HVB unterstützte. Auch andere Sparda-Banken und Sparkassen beteiligten sich an dem Geschäft. Der Angeklagte D. erwähnte die Sparda-Bank Nürnberg. Sie erhielten für die auf die Dividenden berechnete Kapitalertragsteuer Steuerbescheinigungen. Die reichten sie beim Finanzamt gegen eine entsprechende Gutschrift ein.
Die Sparda-Bank Berlin hat deshalb bereits Ärger mit der Betriebsprüfung. Die Behörde verlangte die aus ihrer Sicht zu Unrecht ausgezahlten Steuern zurück. Es soll um einen höheren zweistelligen Millionenbetrag gehen. Allerdings wollen die Berliner nicht allein auf dem Schaden sitzen bleiben. Sie haben ihrerseits ihre ehemaligen Geschäftspartner verklagt.
Mehr: Vorwurf der schweren Steuerhinterziehung: Schock für Multimillionäre und Milliardäre.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.