Cum-Ex-Skandal Prozess gegen Cum-Ex-Aufklärer in der Schweiz: Richter erklärt Staatsanwalt für befangen

Zwei ehemalige Angestellte der Bank kamen zwischenzeitlich sogar in Untersuchungshaft.
Düsseldorf, Zürich Im Prozess wegen Wirtschaftsspionage gegen den deutschen Anwalt Eckart Seith und zwei Mitangeklagte zeichnet sich eine Wende ab: Richter Rolf Naef vom Obergericht Zürich erklärte einen früher mit dem Fall befassten Staatsanwalt aus Zürich am Mittwoch für befangen.
Das hat weitreichende Folgen, denn die Ermittlungsergebnisse, auf denen die Anklage fußt, sind damit nicht verwendbar. Im Ergebnis zeichnet sich ab, dass die Schweizer Justiz die drei Juristen nicht mehr belangen wird. Die genaue Entscheidungsbegründung steht noch aus.
Die Anklage stand im Zusammenhang mit einem der größten Steuerskandale der Nachkriegszeit. Dabei geht es um betrügerische Cum-Ex-Geschäfte, bei denen verschiedene beteiligte Banken und Fonds sich nur einmal gezahlte Steuern auf Dividenden mehrfach erstatten ließen.
Der Gesamtschaden für den deutschen Staat wird insgesamt auf zwölf Milliarden Euro geschätzt. Allein bei den von der Bank Sarasin vermittelten Fonds geht es um einen höheren dreistelligen Millionenbetrag.
Einer der Sarasin-Kunden war Drogerieunternehmer Erwin Müller. Müller steckte im Jahr 2011 einen Betrag von 50 Millionen Euro in einen Cum-Ex-Fonds der Luxemburger Finanzfirma Sheridan, den die Bank Sarasin vertrieben hatte. Doch das Bundeszentralamt für Steuern verweigerte die Erstattung der Kapitalertragsteuer.
Unternehmer Müller verklagte die Bank Sarasin
Im Ergebnis verlor Müller den Großteil seines Geldes. Schließlich verklagte der Unternehmer Sarasin. Mithilfe seines Anwalts Eckart Seith präsentierte Müller in dem Prozess bankinterne Dokumente. Das Oberlandesgericht Stuttgart verurteilte die Schweizer Bank, ihren Kunden zu entschädigen.
Seith legte die Unterlagen außerdem verschiedenen Behörden vor. In Deutschland leitete die Staatsanwaltschaft Köln unter anderem auf Grundlage dieser Informationen umfangreiche Cum-Ex-Ermittlungen ein.
Folge war auch eine Razzia in verschiedenen Ländern Ende 2014, unter anderem in der Schweiz. Es ergaben sich viele weitere Anknüpfungspunkte. Derzeit laufen noch mehr als 80 Ermittlungsverfahren.
Wirtschaftsspionage und Untersuchungshaft
In der Schweiz waren die Vorzeichen umgekehrt. Die dortige Staatsanwaltschaft sah in der Aushändigung der Dokumente Wirtschaftsspionage und hatte ihrerseits Seith und zwei ehemalige Mitarbeiter der Bank Sarasin angeklagt.
Die beiden ehemaligen Sarasin-Angestellten kamen zwischenzeitlich sogar in Untersuchungshaft. Das Verfahren gegen ihn und die beiden früheren Sarasin-Banker nannte Seith ein „Justizverbrechen im Dienste der organisierten Wirtschaftskriminalität“.
Seith war in einem ersten Verfahren 2019 vom Vorwurf der Wirtschaftsspionage freigesprochen worden. Es blieb aber ein Schuldspruch wegen eines Vergehens gegen das Bankengesetz. Die beiden Bankmitarbeiter wurden ebenfalls schuldig gesprochen. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Angeklagte waren in Berufung gegangen.
Nun zeichnet sich ab, dass die Staatsanwaltschaft mit ihrer Anklage nicht durchkommt. Damit kündigt sich ein Ende des jahrelangen Verfahrens der Schweizer Justiz gegen die Whistleblower aus Deutschland an.
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