Mutmaßlicher Steuersünder Hauptverdächtiger im Cum-Ex-Skandal steht vor Auslieferung

Der Brite wurde auf dänischen Wunsch hin verhaftet.
Düsseldorf Sanjay Shah hat mit Geschäften auf Kosten der Steuerzahler ein Vermögen verdient. Der Brite lebte lange in einer mehr als tausend Quadratmeter großen Villa auf der Palmeninsel Jumeirah in Dubai. Er besaß eine eigene Jacht, zum 43. Geburtstag schenkte Shah seiner Frau eine Hermès-Handtasche für 125.000 Euro. Für seine Stiftung ließ er in der Vergangenheit Stars wie Prince und Lenny Kravitz nach Dubai einfliegen.
Nun wird Shah offenbar selbst bald ausgeflogen. Er hatte Berufung gegen eine Entscheidung eingelegt, die seine Auslieferung nach Dänemark vorsieht. Dort gilt der 52-Jährige als größter Steuerräuber in der Geschichte des Landes. Das Kassationsgericht in Dubai, das über die Aufhebung von Gerichtsentscheidungen urteilt, hat Shahs Berufung nun aber zurückgewiesen.
Konkret wirft die dänische Staatsanwaltschaft Shah vor, sich mit seiner Firma Solo Capital zwischen 2012 und 2015 mehr als 1,2 Milliarden Euro für Steuererstattungen erschlichen zu haben, denen gar keine Steuerzahlungen zugrunde lagen. Sein Fall ist Teil der Cum-Ex-Affäre, die inzwischen die Justiz in halb Europa beschäftigt.
Den dänischen Staat traf der Cum-Ex-Raubzug angesichts des kleinen Staatshaushalts dabei besonders hart. Zudem konnte sich Shah dort noch Steuererstattungen durch Cum-Ex erschleichen, als andere Länder dies bereits verboten hatten.
Die dänischen Staatsanwälte halten Shah insgesamt 3000 Einzeltaten vor. Mittel zum Zweck sei ein Netz von mehr als 200 angeblichen Pensionsfonds in den USA und Malaysia gewesen, die einen vermeintlichen Anspruch auf Erstattung von Kapitalertragsteuern hatten. Tatsächlich wurden keine Steuern abgeführt, und die Pensionsfonds waren lediglich Briefkastenfirmen.
Anfang 2021 klagte die dänische Justiz Shah an. „Dies ist ein Fall eines äußerst schweren und außerordentlich umfangreichen Verbrechens gegen den dänischen Staat“, sagte der verantwortliche Staatsanwalt Per Fiig. Die Strafverfolger forderten deshalb nicht die üblichen acht Jahre Haft, sondern zwölf. Ende Mai 2022 wurde Shah in Dubai festgenommen, seither sitzt er in Auslieferungshaft.
Cum-Ex: Anklage gegen Sanjay Shah auch in Deutschland
Auch in Deutschland sind Staatsanwälte hinter Sanjay Shah her. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat ihn wegen Geldwäsche angeklagt. Einen Teil der Beute aus Dänemark soll der Banker in Hamburg bei der Varengold Bank gewaschen haben, an der er selbst Anteile hielt.
In Köln ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Shah wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung. Auch dabei geht es um Cum-Ex-Geschäfte und die Erstattung von Steuern, die gar nicht gezahlt wurden.
Shah weist jede Schuld von sich. Er hält den geschädigten Staaten „Systemfehler“ vor, wie er sie nennt. Zwar hätten Männer wie er jahrelang in die Steuerkasse gegriffen. Dafür solle man aber nicht ihn und seinesgleichen verantwortlich machen, sondern diejenigen, die dies zugelassen hätten.
„Wir haben nichts Illegales gemacht, wir haben nur Marktopportunitäten ausgenutzt“, sagte Shah einmal der dänischen Börsenzeitung. Auch deutsche Anwälte hätten ihm erzählt, dass viele Leute mit diesen Geschäften viel Geld verdienten. „Es war, als ob sie Lastwagen in ein Lagerhaus fahren und sie 24 Stunden am Tag mit Bargeld befüllen“, sagte Shah. Alle seien der Ansicht gewesen, dass das Gesetz dies zuließ.
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In Deutschland hat sich diese Ansicht als falsch erwiesen. Der Bundesfinanzhof, der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht haben Cum-Ex-Geschäfte als illegal und strafbar verurteilt. Alle bisher gelaufenen Strafprozesse endeten in Schuldsprüchen. 130 Verfahren laufen noch.
Shahs Anwälte lassen nun das Urteil des Kassationsgerichts überprüfen. Beim Justizministerium von Dubai wollen sie beantragen, solange die Auslieferung zu untersagen.
Insider erwarten gleichwohl die Auslieferung Shahs nach Dänemark für Mitte Mai. Sein tägliches Leben könnte sich dadurch bessern. Nach Darstellung von Shahs Anwälten sind die Haftbedingungen in Dubai so schlecht, dass sie gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen.
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