Steueraffäre Ex-Maple-Bank-Chef muss sich wegen Cum-Ex-Geschäften vor Gericht verantworten

Am Montag startet der Prozess gegen den früheren Chef der Maple Bank, Wolfgang Schuck. Er steht wegen Cum-Ex-Geschäften vor Gericht.
Düsseldorf Eine Zeitlang verdiente er mehr als Josef Ackermann als Chef der Deutschen Bank. 82 Millionen Euro ließ sich Wolfgang Schuck zwischen 2006 und 2013 als Chef der Maple Bank auszahlen. Eine Zahl, die fast wahnsinnig wirkt. Die Maple Bank hatte in Deutschland 125 Mitarbeiter, selbst in der Finanzszene war der Name Schuck kaum jemandem ein Begriff.
Das änderte sich im September 2015, als 300 Polizisten und Steuerfahnder die Maple Bank im Frankfurter Nobelstadtteil Westend besuchten. Schuck war nicht mehr da, sein Vorstandsvertrag endete im Oktober 2014. Doch alles, wonach die Beamten suchten, fiel in Schucks Amtszeit.
Sie wurden fündig. Im Dezember 2019 kam Schuck, 66 Jahre alt, in Untersuchungshaft. Vier Monate später durfte er gegen eine Kaution von 1,8 Millionen Euro auf freien Fuß. Dieser Zustand ist nun wieder in Gefahr. Am Montag beginnt Schucks Prozess. Mit ihm sind fünf weitere Banker angeklagt und zwei Anwälte der Kanzlei Freshfields, deren Verfahren jedoch abgetrennt wurde.
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt attestiert Schuck eine besondere kriminelle Energie. Auf 424 Seiten beschreibt sie in ihrer Anklageschrift, wie er als Vorstandschef nicht nur die Gesamtverantwortung für Geschäfte trug, mit der die Maple Bank den deutschen Steuerzahler um fast 400 Millionen Euro geschädigt haben soll. Schucks Credo sei gewesen: „Wenn ich meine Unterschrift daruntersetze, dann will ich das auch im Detail wissen.“ Ein Mitbeschuldigter sagte aus, in der Maple Bank sei Schuck der „Herrscher aller Klassen“ gewesen.
Schucks Anklage gehört zur Serie der Cum-Ex-Prozesse, die 2019 begann und die deutsche Justiz noch Jahre beschäftigen wird. Mehr als 80 Verfahren und 1000 Beschuldigte sind in der Steueraffäre bekannt. Banken und Investoren handelten dabei Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch im Kreis, um sich Steuern erstatten zu lassen, die sie gar nicht gezahlt hatten.
Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt: „grober Eigennutz“
Die Maple Bank agierte laut Anklageschrift besonders skrupellos. Sie handelte Aktien innerhalb des eigenen Hauses im Kreis – das sparte Partner und erhöhte die Marge. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt beschreibt den „groben Eigennutz“, mit der Schuck und vier Ex-Maple-Banker die Finanzbehörden getäuscht haben sollen.
Selbst als sich 2009 nach einer Prüfung durch das Finanzamt Rückforderungen für die doppelten Steuererstattungen abzeichneten, hätten Schuck und seine Kollegen mit „gezielten Falschvorträgen“ versucht, das zu verhindern. So lud Schuck laut Anklageschrift Vertreter der Commerzbank, der Dresdner Bank, der niederländischen Fortis Bank und der schwedischen SEB zur mutmaßlichen Tatzeit für ein verlängertes Wochenende in das 5-Sterne-Hotel Juana in Südfrankreich ein.
Alle vier Banken waren in die Cum-Ex-Geschäfte der Maple Bank eingebunden. Laut Anklageschrift fanden es die Ermittler, „erstaunlich“, dass die Maple-Manager offenbar glaubten, sie könnten einerseits ihre Partner auf eine Luxusreise einladen, aber andererseits der Finanzverwaltung vorspiegeln, es gebe keine Absprachen mit diesen Partnern.
Schucks Verteidigerin Barbara Livonius wollte sich auf Nachfrage nicht zu den Vorwürfen äußern, Schuck selbst wies sie gegenüber der Staatsanwaltschaft zurück.
Aufstieg bis zum Topverdiener
Nach fast 50 Jahren in der Bankenbranche kommt er nun vor Gericht. Nach dem Abitur 1973 machte Schuck bei der Sparkasse Bad Kreuznach eine Ausbildung zum Bankkaufmann, ging zwei Jahre zur Bundeswehr, 1981 verließ er die Bankakademie in Frankfurt als Bankfachwirt.
Bei der Société Generale brachte es Schuck bis zum Leiter des Rechnungswesens, auch seine Zeit bei der US-Investmentbank Salomon Brothers war von Aufstieg geprägt. Bei der Maple Bank war Schuck lange Jahre Deutschlandchef und bekleidete Chefposten auf europäischer Ebene. Neben seinem Verdienst von 82 Millionen Euro in Deutschland erhielt er zehn Millionen Euro von der kanadischen Konzernobergesellschaft Maple Financial Group. Im Februar 2016 wurde die deutsche Maple Bank wegen drohender Überschuldung geschlossen, kurz darauf folgte die Insolvenz.
Die Staatsanwaltschaft sieht in dem Kollaps das Erbe Schucks. Einer der Angeschuldigten beschrieb in seiner Vernehmung, wie Schuck Cum-Ex-Geschäfte ohne Rücksicht auf Warnungen und kritische Nachfragen durchgesetzt hätte. Ein Mitbeschuldigter sagte aus, die Chefs hätten die Bank „aus Gier an die Wand gefahren“.
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