Aktie unter der Lupe Milliardengewinn für Munich Re – Analysten bleiben trotzdem skeptisch

Wirbelstürme, auch in den USA, könnten die Bilanz von Munich Re noch im Laufe des Jahres belasten.
München Die Aktionäre der Munich Re könnten seit gut zwei Wochen hochzufrieden sein. Der weltgrößte Rückversicherer meldete am 18. Juli nach Börsenschluss, dass für das zweite Quartal ein unerwartet hoher Gewinn von einer Milliarde Euro erwartet wird. Gründe für das gute Abschneiden sind geringere Großschäden sowie die Auflösung von Reserven für Basisschäden. Endgültige Zahlen präsentiert Vorstandschef Joachim Wenning am 7. August.
Aus der Vergangenheit wissen die Anteilseigner der Munich Re aber auch, dass solche Zahlen lediglich Momentaufnahmen sind. Drei Monate später kann die Lage durch Naturkatastrophen ganz anders aussehen. Die Analysten sind trotz der überraschend guten Frühjahrsmonate zuletzt spürbar kritischer geworden. Phillip Kett vom US-Analysehaus Jefferies zeigt sich skeptisch. Die bescheidenen Verluste aus Großschäden seien ein branchenweites Phänomen, schreibt er.
Die Auflösung von Reserven könnten das Ergebnis in Zukunft belasten. Die Gewinnaussichten lassen seiner Meinung nach einiges zu wünschen übrig. Unter diesen Umständen sei das Kursniveau zu hoch. Die Aktie streifte zuletzt mit rund 228 Euro den höchsten Stand seit 17 Jahren und sank danach auf rund 218 Euro.
Kett stufte die Aktie der Munich Re von „halten“ auf „underperform“ und senkte sein Kursziel von 208 auf 193 Euro. Immerhin hob er seine Schätzung für den Gewinn je Aktie in diesem Jahr um rund zehn Prozent an. Dafür senkte er aber seine Prognosen für 2020 um rund elf und für 2021 um 15 Prozent: An der Börse wird die Zukunft gehandelt, nicht die Gegenwart.
Auffällig ist auch bei anderen Analysten, dass Euphorie trotz der guten Zahlen völlig fehlt. Im besten Fall spenden sie ein artiges Lob und setzen ein bescheidenes Kursziel in der Nähe des heutigen Niveaus von 218 Euro an. Als außergewöhnlich gelten bereits die 240 Euro, auf die Kamran Hossain vom Broker RBC sein Ziel nach zuvor 235 Euro angehoben hat.
Er begründet das mit den guten Aussichten der Munich Re im Vergleich zu europäischen Wettbewerbern. „Die Bilanz ist stark, und der Ausblick für das Gewinnwachstum bis 2020 erscheint glaubhaft“, schreibt Hossain. Tatsächlich sind Rückversicherer momentan unter Börsianern nicht besonders angesagt.
Die Hannover Rück sei trotz ihrer hohen Profitabilität zu teuer, kritisiert Philipp Häßler von Pareto Securities. Und Swiss Re, die Nummer zwei der Branche, litt zuletzt darunter, dass der Börsengang der Tochter ReAssure auf Eis gelegt wurde. Die Vorsicht der Börsianer hat auch einen saisonalen Aspekt. In rund einem Monat werden Klimaexperten wieder gebannt auf den Verlauf der dann erwarteten Hurrikans in den USA, der Karibik und im Golf von Mexiko blicken.
Gleiches gilt für die Taifune in Asien, die im vergangenen Jahr besonders heftig ausgefallen waren. Zwei Jahre davor waren die drei Hurrikans „Harvey“, „Irma“ und „Maria“ in Nordamerika dafür verantwortlich, dass das Jahr 2017 zu einer der schadenreichsten Perioden in der Geschichte wurde. Wie im laufenden Jahr war auch damals das erste Halbjahr vergleichsweise ruhig – aber danach drehte sich das Bild.
Aktie fast unangetastet
Auf der Gefahrenskala ganz oben stehen mittlerweile auch Waldbrände. Mit einer Gesamtsumme von 12,5 Milliarden Dollar war das Großfeuer Camp Fire im Norden Kaliforniens im vergangenen Jahr das zweitteuerste Einzelereignis nach Hurrikan „Michael“. Dass die Gefahren durch Waldbrände weltweit ansteigen, ist unter Experten unbestritten.
Die Bewertung der Aktie hat das bislang nur wenig belastet. Nach einer eher unaufgeregten Entwicklung in den Jahren 2017 und 2018 war sie seit Januar durchgestartet. Fast 25 Prozent betrug das Plus in der Spitze, ehe sie zuletzt einen Teil verlor. Nun aber belastet die hohe Abhängigkeit der Munich Re von der allgemeinen Zinsentwicklung, weshalb Sami Taipalus von der US-Bank Goldman Sachs nur eine neutrale Position zu der Aktie einnimmt.
Lediglich 2,8 Prozent erreichte der Rückversicherer im vergangenen Jahr als Rendite seiner Kapitalanlagen. Viele Anleger werteten diese Zahl als enttäuschend. Für dieses Jahr sollte wieder eine Drei vor dem Komma stehen, so die Erwartungen. Da die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank (Fed) die Anleger wieder auf fallende Zinsen einstellen, dürfte eine höhere Rendite schwer zu erreichen sein.
Eine entscheidende Position kommt dabei Nicolas Gartside zu. Für den Briten, der seit März dem Vorstand angehört, wurde extra ein neues Ressort für die Anlagepolitik geschaffen. Mittelfristig soll das Portfolio stärker diversifiziert werden, beispielsweise um Anleihen aus Schwellenländern oder alternative Anlageklassen.
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