Aktien unter der Lupe Zwei Alternativen zu den Branchenriesen: Warum sich ein Blick auf Hannover Rück und Talanx lohnt

Wegen der Großschäden aus Naturkatastrophen hatte der Konzern im vergangenen Jahr höhere Rückversicherungspreise vorausgesagt.
Frankfurt Hannover Rück hat den Aufstieg in den deutschen Leitindex Dax zuletzt verpasst. Verstecken muss sich der weltweit drittgrößte Rückversicherer aber nicht, wie die Zahlen für das dritte Quartal zeigen. Damit ist die Aktie für Anleger eine Alternative zu den Marktführern Munich Re und Swiss Re. Die Muttergesellschaft Talanx könnte aber der noch etwas attraktivere Kauf sein.
Die Aktien der beiden MDax-Konzerne sind in diesem Jahr bereits gut gelaufen. Die Titel von Hannover Rück legten seit Jahresbeginn fast 25 Prozent zu, Papiere von Talanx um mehr als 30 Prozent. Laut dem Datenanbieter Bloomberg raten derzeit mehr als zwei Drittel der Analysten zum Kauf der Talanx-Aktie und knapp die Hälfte zum Kauf von Hannover Rück.
Im Schnitt sind die Finanzprofis aber zurückhaltend, was weitere Kurschancen betrifft. Angesichts der guten Aussichten könnten sich ihre Erwartungen jedoch als zu vorsichtig erweisen.
So hält Hannover Rück trotz hoher Großschadenbelastungen im dritten Quartal an seinem Gewinnziel fest. Unter dem Strich will der Konzern im Gesamtjahr 1,15 bis 1,25 Milliarden Euro verdienen. Für 2022 stellt das Unternehmen einen Zuwachs auf 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro in Aussicht.
Bereits in den ersten neun Monaten dieses Jahres konnte Hannover Rück den Gewinn um 28 Prozent auf 856 Millionen Euro steigern. Der Gewinn je Aktie habe die Konsensschätzung um satte 23 Prozent übertroffen, schrieb Jefferies-Analyst Philip Kett.
Trotz der Großschäden sieht sich Hannover Rück auf Kurs
Hannover Rück zeigt damit ähnlich wie die Konkurrenten auf der Gewinnseite Stärke: Munich Re verdiente laut vorläufigen Zahlen in den ersten drei Quartalen 2,1 Milliarden Euro und bestätigte das Ziel, ein Gesamtjahresergebnis von 2,8 Milliarden Euro zu erreichen. Swiss Re verzeichnete zwischen Januar und September einen Gewinn von 1,3 Milliarden Dollar (1,1 Milliarden Euro), nach einem Verlust im Vorjahreszeitraum.
Gleichwohl mussten die Rückversicherer im dritten Quartal 2021 hohe Schäden aus Naturkatastrophen wegstecken, was die Gewinne zwischen Juli und September belastete. Die Netto-Großschadenbelastung von Hannover Rück stieg per Ende September auf 1,07 Milliarden Euro. Damit war das Großschadenbudget von 1,1 Milliarden Euro für das Gesamtjahr nahezu ausgeschöpft.
Größter Nettoeinzelschaden war der Hurrikan „Ida“, gefolgt vom Unwettertief „Bernd“. Swiss Re berichtete nach den ersten neun Monaten von Großschäden in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar.
Die Schäden durch die Coronapandemie und die Naturkatastrophen führen jedoch dazu, dass die Rückversicherer höhere Preise durchsetzen können. Die gebuchten Bruttoprämien stiegen bei Hannover Rück in den ersten neun Monaten des Jahres um zwölf Prozent auf 21,6 Milliarden Euro. Währungsbereinigt soll das Wachstum der Konzernbruttoprämie 2022 mindestens fünf Prozent betragen.
Das gute Ergebnis des Konzerns ist auch auf ein starkes Kapitalanlageergebnis zurückzuführen. Bemerkenswert ist, dass Hannover Rück in den ersten neun Monaten eine Kapitalanlagenrendite von 2,9 Prozent erzielte und damit nahezu an die 3,0 Prozent von Swiss Re herankam.
Dividende soll mindestens auf Vorjahresniveau bleiben
Bei der Dividende sind die Hannoveraner zurückhaltender als die Konkurrenz, setzten sich Mitte Oktober aber neue Ziele: Die Basisdividende soll künftig mindestens auf Vorjahresniveau bleiben. Die Messlatte legte das Unternehmen zuletzt bei 4,50 Euro je Aktie. Zusätzlich ist eine Sonderdividende möglich.
Bezogen auf den aktuellen Kurs entspräche eine zum Vorjahr stabile Ausschüttung einer Dividendenrendite von unter drei Prozent. Das ist deutlich weniger als bei Spitzenreiter Swiss Re. Sollte es bei den Schweizern, wie von Analysten erwartet, im nächsten Frühjahr zu einer Anhebung der Dividende von zuletzt 5,90 Franken je Aktie auf 6,60 Franken kommen, ergäbe sich eine Dividendenrendite von über sieben Prozent.
Aktuell ist die Hannover-Rück-Aktie zudem bereits mit dem 16-Fachen des für das laufende Jahr erwarteten Gewinns bewertet – günstig sind die Titel also nicht. Thorsten Wenzel von der DZ Bank hält die Bewertung zwar für berechtigt, interessanter könnte aber die Aktie der Mutter Talanx sein. Sie ist mit 50,2 Prozent an Hannover Rück beteiligt.
Bei Talanx wirke sich der Rückenwind durch steigende Preise sowohl in der Rück- als auch in der Industrieversicherung aus, schreibt Wenzel in seiner aktuellen Studie. In der Erstversicherung sollte das Unternehmen endlich die Früchte langjähriger Sanierungen und Kostensenkungen ernten können. Er halte mittelfristig eine Neubewertung der Erstversicherungsaktivitäten und damit der Talanx-Aktie für realistisch.
Talanx vermutlich stark unterbewertet
Ähnlich hatte sich auch Berenberg-Analyst Michael Huttner geäußert. Er hält Talanx für stark unterbewertet, insbesondere wenn man den Anteil an der Rückversicherungstochter herausrechne. Mehr Klarheit dürften Anleger hierzu bekommen, wenn der Konzern am 15. November seine Quartalszahlen präsentiert.
Mehr: Naturkatastrophen, Cyberrisiken, Inflation: Die Rückversicherer stehen vor Zeitenwende
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