Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Automatisierte Welt Wann haftet der Computer?

Geht es nach Herstellern und Versicherern, soll in Zukunft der Halter bei Unfällen auch bei vollautomatischer Fahrzeug-Steuerung verantwortlich sein. Doch die automatisierte Welt erfordert ein Umdenken. Eine Analyse.
01.04.2017 - 13:38 Uhr Kommentieren
Haftungsfragen ungeklärt. Quelle: Volvo
Autonomes Fahren

Haftungsfragen ungeklärt.

(Foto: Volvo)

Das Staunen der über tausend Zuschauer war groß im September 2014. Daimlers damaliger Truck-Chef Wolfgang Bernhard fuhr mit einem 40-Tonner auf der Landebahn des Flughafens in Hannover. Doch eine im Führerhaus installierte Kamera zeigte den geladenen Gästen, dass Bernhard gar nicht selbst lenkte, sondern den Fahrersitz zur Seite gedreht hatte und auf einem Tablet surfte. Die Zukunft der Mobilität hatte den Schwerlastverkehr erreicht. Es brauche nur noch verbindliche gesetzliche Regeln, wer künftig im Schadensfall haftet, hieß es damals. Der Hersteller oder wie bisher der Halter.

Über zweieinhalb Jahre später gibt es zumindest einen kleinen Fortschritt. Der Bundestag hat am Donnerstag die Rechte des Fahrers ein bisschen gestärkt. Wendet der in einem autonom fahrenden Auto künftig den Blick vom Verkehr ab und nimmt die Hände vom Steuer, dann darf ihm im Falle eines Unfalls nicht mehr Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Lediglich wahrnehmungsbereit muss er bleiben. Was das in der Praxis auch immer heißen mag.

Doch geht es nach den Versicherern und der Autoindustrie, dann wird der Megatrend des autonomen Fahrens in Haftungsfragen hängen bleiben. Der Versicherungskonzern Allianz und BMW haben sich gerade wieder für die Halterhaftung ausgesprochen. Die Huk-Coburg als größter Kfz-Versicherer im Land hat sich angeschlossen. Auch künftig soll danach der Halter bei Unfällen verantwortlich sein, selbst wenn die Fahrzeuge vollautomatisch gesteuert werden. Begründung: Nur dann sei eine zügige Abwicklung im Schadensfall gewährleistet.

So weit, so nachvollziehbar. Vorerst zumindest. Langfristig ist aber gerade in der Schuldfrage eine Anpassung an die Neuzeit bitter nötig. Geht doch die heute geltende Regelung auf die sogenannte „Wiener Konvention“ aus dem Jahr 1968 zurück. Vor einem halben Jahrhundert hat kein Mensch ernsthaft daran gedacht, dass Autos jemals selbstständig fahren könnten. Wenn sich jetzt Versicherer und Hersteller verdächtig schnell einig sind, alles so zu belassen wie bisher, dann kommt genauso schnell der Verdacht auf, dass die vielen ungeklärten Fragen bei diesem Thema am besten gar nicht angesprochen werden sollen. Stattdessen stellen die Vertreter beider Branchen in den Vordergrund, dass die Zahl der Unfälle und Verkehrstoten mit der neuen Technik rasch sinken werde.

Dass es aber auch bei autonom gesteuerten Fahrzeugen zu schweren Unfällen kommen kann, zeigen allein die wenigen Modelle, die bislang zu Testzwecken unterwegs sind. Mal wird einem die Vorfahrt genommen wie vor wenigen Tagen dem selbstfahrenden Volvo des US-Mobilitätsanbieters Uber. Mal blendet die Sonne zu stark wie im vergangenen Jahr bei einem tödlichen Unfall mit einem selbstfahrenden Tesla. Auch wenn sich Monate später herausgestellt hat, dass die Technik nicht schuld war an dem Unfall, so dämmert der Öffentlichkeit doch allmählich, dass auch autonom gesteuerte Fahrzeuge nie perfekt sein werden.

Bei Unfällen wird deshalb jedes Mal die Frage gestellt werden, ob der Mensch oder die Technik versagt hat. Hier kann bisher stets dem Menschen zuerst die Schuld gegeben werden. Doch schon die heutige technische Aufrüstung des Autos mit Einparkautomat und Abstandssystemen zeigt, das scheint nicht mehr ganz zeitgemäß zu sein.

In der Übergangsphase mag die Logik der Halterhaftpflicht durchaus richtig sein. Die meisten Fahrzeuge werden in den nächsten Jahren bestenfalls teilautonom unterwegs sein. Etwa im Stop and Go des morgendlichen Berufsverkehrs. Grundsätzlich aber bleibt der Fahrer der Fahrzeugführer.

Sobald der Fahrer indes die Verantwortung immer mehr an die Maschine abgibt, sollte die auch vermehrt für Fehler verantwortlich sein. Erst recht, wenn die Fantasien der Hersteller Realität werden, dass ein Auto auch große Autobahnetappen selbstständig zurücklegt und die Insassen nur noch Fahrgäste sind wie in einem ICE. Zu Recht hat die Koalition im Gesetzentwurf an eine Blackbox wie im Flugzeug gedacht. Dann ist schnell klar, ob an einem Unfall die Maschine schuld war oder der Mensch, der sie falsch programmiert hat.

Sollte das vollautonome Fahren tatsächlich in den kommenden Jahren Realität werden, dann spätestens ist die Zeit reif für eine grundlegende Lösung. Zumal es bald flächendeckend und serienweise Technik geben wird, für deren Nutzung keiner verantwortlich sein will. Wie soll das erst werden bei Smart Home, E-Health und all den anderen Wun‧derdingen? Die Lösung kann nur sein, dass die Verantwortung auf die Hersteller übergeht, je mehr die Halter sie abgeben. Das gilt für Autobauer wie für Anbieter von Produkten, die das Leben (Smart Home) oder die Gesundheitsversorgung (E-Health) erleichtern werden. Es ist Zeit, dass sich Versicherer darüber Gedanken machen, statt an althergebrachten und technisch überholten Prinzipien festzuhalten.

Startseite
Mehr zu: Automatisierte Welt - Wann haftet der Computer?
0 Kommentare zu "Automatisierte Welt: Wann haftet der Computer?"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%