Axa und Generali Heiße Gerüchte um eine Fusion

Der italienische Versicherer hat relativ hohe Kosten und will sie drücken.
Paris Die Kuppler sind unterwegs: Seit Wochen wollen italienische Medien den Versicherer Generali mit seinem französischen Konkurrenten Axa verheiraten. Am Mittwoch machten sie eine angeblich gestiegene Beteiligung der französischen Großbank Société Générale zum Beleg dafür, dass eine Fusion der beiden bevorstehe: Société Générale kaufe für Dritte. Die Überlegung erscheint verführerisch, weil die Generali-Aktie niedrig notiert, der Chef ein Ex-Axa-Manager ist und bei Axa gerade der Deutsche Thomas Buberl die Führung übernommen hat. Unter dessen Vorgänger Henri de Castries haben die Franzosen keine große Akquisition getätigt.
Doch Generali ist nicht der dicke Fisch, den Axa schlucken will, denken Experten: „Das ergibt strategisch keinen Sinn und vom Business Mix her auch nicht“, urteilt Thomas Seidl von Alliance Bernstein, einer Axa-Tochter. Buberl, der seit 1. September Axa führt, hat in seinem Strategieplan klare Ziele ausgegeben: Er will den Versicherer schneller auf den digitalen Wandel und neue Herausforderer wie Google und Amazon einstellen und gezielt in Schwellenländern wachsen.
Die Übernahme eines Konkurrenten, der genau wie Axa seinen Schwerpunkt in Kerneuropa hat, wo das Wachstum derzeit nicht zu finden ist, zählt nicht zu Buberls Prioritäten. Generali ist zudem stark von garantierten Lebensversicherungen abhängig, und die hält Buberl für überholt: In Zukunft werde es Lebensversicherungen mit attraktiven Renditen nur dann geben, „wenn keine volle Kapitalgarantie“ geboten wird, argumentierte er anlässlich der Vorstellung seines Strategieplans im Juni.
Andreas Schäfer vom Bankhaus Lampe sieht, dass sowohl Axa als auch Generali in vielen Märkten „eine überdurchschnittliche Kostenposition“ haben. Beide seien daher derzeit damit beschäftigt, die Kosten zu senken. Buberl hat das Ziel ausgegeben, bei Axa in drei Jahren zwei Milliarden Euro an Aufwand herauszuschneiden. „Würden die beiden fusionieren, müssten sie von vorn anfangen, eine Riesenaufgabe, die über Jahre hinaus das Geschäft belasten würde“, winkt Schäfer ab. Société Générale hat ihren Generali-Bestand übrigens nicht erhöht, sondern gesenkt, stellte die Bank am Donnerstag fest.
Strippenzieher mit besten Kontakten
Doch woher stammen die Gerüchte? Starker Mann bei Generali ist der französische Milliardär Vincent Bolloré. Er besitzt ein Portefeuille im Wert von rund fünf Milliarden Euro. Dazu zählen eine Beteiligung an Vivendi und eine von 7,9 Prozent an Mediobanca, dem Hauptaktionär von Generali. Bolloré war bis 2013 stellvertretender Verwaltungsratschef des Versicherers. Und der Axa-Gründer Claude Bébéar zählt zu den Förderern des Bretonen, hat seinen Aufstieg beim Mischkonzern Vivendi zum Verwaltungsratschef unterstützt. Dies in Verbindung mit der Tatsache, dass Generali vom Bolloré-Intimus Philippe Donnet geführt wird, ein früherer Axa-Mann, der im Verwaltungsrat von Vivendi sitzt, nährt die Gerüchte um eine Fusion.
Überzeugend sind die Spekulationen deshalb nicht. Der Zusammenhang dürfte ganz anders sein: Die knapp acht Prozent machen Bolloré zum wichtigsten Einzelaktionär der Mediobanca. Die will ihren Bestand an Generali-Anteilen erklärtermaßen unter zehn Prozent senken. „Beim derzeitigen Kurs von ungefähr elf Euro ist das undenkbar“, erwartet Seidl. Der aktuelle Preis mache den Versicherer aber nicht günstig, der Kurs könne eher noch weiter absacken: Generali sei sehr exponiert gegenüber italienischen Banken, die wegen ihrer faulen Kredite und des hohen Kapitalbedarfs derzeit das Sorgenkind der Branche in ganz Europa sind.
Für Bolloré wäre es ein Traumszenario, wenn Axa ihm Generali abnähme. Schon die Gerüchte darüber haben seit Juli den Kurs ein wenig gestützt. Bolloré ist berühmt dafür, dass er eher wie ein Spekulant handelt als wie ein Industrieller mit langem Atem. In Italiens Finanzsektor ist er in den 2000er-Jahren eingestiegen, heute interessieren ihn Telecom Italia und die Medien mehr als die Finanzszene. Gemeinsam mit Teilen vom Imperium des Silvio Berlusconi würde er über Vivendi gerne eine europäische Alternative zu Netflix aufbauen. Die Gerüchte um Generali und Axa – sie dürften noch eine Weile weitergehen.