Bilanz von Nikolaus von Bomhard Gutes Zeugnis für den Munich-Re-Chef

Vor dem Abschied von der Munich-Re-Spitze.
München Als Nikolaus von Bomhard vor zwölf Jahren an die Spitze der Munich Re rückte, bekam er den Spitznamen „der Unbekannte“ verpasst. Außerhalb des Hauses kannte kaum jemand den damals 48-Jährigen, den der langjährige Vorstandschef Hans-Jürgen Schinzler als Nachfolger wählte.
Auch heute wird der drahtige, sportliche Manager trotz seiner ungewöhnlich offenen Worte nicht auf der Straße erkannt. Noch immer kann der heute 59-Jährige munter durch den Englischen Garten auf dem Fahrrad seiner Tochter in die Firma radeln. Aber das wird er wohl nicht mehr lange tun.
An diesem Dienstag entscheidet der Aufsichtsrat über seinen Nachfolger, der – wie von Bomhard – aus den Reihen des Rückversicherungskonzerns kommen wird. Dass von Bomhard seinen zum Jahresende auslaufenden Vertrag nicht verlängern will, bedauern Mitarbeiter ebenso wie Investoren. Dabei ging es dem Unternehmen 2004 nicht gut, als der promovierte Jurist den Posten als Vorstandsvorsitzender übernahm.
„Munich Re stand mit dem Rücken zur Wand“, erzählt ein Fondsmanager. 2003 schrieb der damals noch unter Münchener Rück firmierende Konzern erstmals in seiner Geschichte rote Zahlen. Die Terrorattacken in New York 2001 und Naturkatastrophen hatten dem Rückversicherungsriesen schwer zu schaffen gemacht. Durch den Absturz der Aktienmärkte verloren die Wertpapier-Investments des Unternehmens massiv an Wert.
Gegen Niedrigzinspolitik und Klimawandel
Dazu kamen die Krise bei der Tochter Ergo und Schwierigkeiten in den USA wegen teurer Asbestrisiken. Auch eine Beteiligung an der Hypo-Vereinsbank erwies sich als Fehler. Viel zu lange habe von Bomhards Vorgänger Hans-Jürgen Schinzler die Zügel schleifen lassen, hieß es damals. Von Bomhard ändert das.
Diszipliniert und zielstrebig, aber stets freundlich und verbindlich. Als Jugendlicher habe er mit dem Beruf des Diplomaten geliebäugelt, sagte er einmal – ein Wunsch, der passt: Er sei hochintelligent, sagen Gesprächspartner, zurückhaltend, mit perfekten Umgangsformen, ohne Starallüren, höflich und zuvorkommend, niemals unbeherrscht. „Ein feiner Mensch“, sagt einer, der ihn lange kennt.
Von Bomhard, dessen Vorfahren von König Ludwig II. in den Adelsstand gehoben wurden, scheut sich zugleich aber nicht, etwa offen gegen die Niedrigzinspolitik der EZB zu wettern oder mehr Engagement gegen den Klimawandel zu fordern. Und er baut den Konzern um und weiß dabei, wovon er spricht: Sein ganzes Berufsleben hat er für den weltgrößten Rückversicherungskonzern gearbeitet.
Tochter Ergo ist das Haar in der Suppe
Gleich nach seiner Promotion an der Universität Regensburg fing er als Trainee bei Munich Re an, reiste für das Unternehmen durch Afrika, arbeitete sich hoch zum stellvertretenden Leiter Deutschland, bis er die Außenstelle im brasilianischen São Paulo übernahm. 2000 wurde er in den Vorstand berufen, drei Jahre später zum achten Vorstandsvorsitzenden des Münchener Traditionskonzerns ernannt.
Als Chef reduziert er die Beteiligungen an der Allianz und der HVB, fährt die Risiken im Rückversicherungsgeschäft herunter. „Jeder, der Verträge abschließt, muss verinnerlicht haben: Es geht um Profitabilität“, bläut er seinen Mitarbeitern ein – selbst, wenn das zulasten des Wachstums geht. Das zahlt sich aus: 2015 hat der Konzern mit einem Gewinn von 3,1 Milliarden Euro abgeschlossen. Das ist etwas weniger als ein Jahr zuvor, aber die ganze Branche hat Wachstumsprobleme.
Es ist ein anderes Thema, das Investoren von Bomhard ankreiden: Die Erstversicherungstochter Ergo, die im vergangenen Jahr sogar Verluste schrieb. „Wenn man ein Haar in der Suppe suchen will“, sagt ein Investor „dann wäre das Ergo.“ Aber alles in allem, sagen mehrere Investoren übereinstimmend, habe von Bomhard sehr gute Arbeit geleistet. „Ich würde ihm eine Zwei mit Sternchen geben“, sagt einer.