Ermittlungen in Steueraffäre Trügerische Hoffnung bei Sarasin

Zweifelhafte Fonds wurden auch an AWD-Gründer Carsten Maschmeyer verkauft.
Zürich, Düsseldorf Die Staatsanwälte machen mit der Aufarbeitung einer Steueraffäre bei der Schweizer Bank J. Safra Sarasin Fortschritte. Gerade haben die Beamten die Ermittlungen gegen den Ex-Chief Operating Officer Christian Gmünder abgeschlossen. Die Kölner Behörde bestätigte Medienberichte aus der Schweiz. „Das Verfahren wegen Beihilfe zum Betrug wird gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt“, sagte ein Sprecher. Gmünder muss 10.000 Euro überweisen, dann ist der Fall für ihn erledigt.
Das macht nun anderen aus der Gruppe der mehr als 30 Beschuldigten in der Affäre um vermuteten Steuerbetrug Hoffnung. Vor allem der frühere Privatkundenvorstand der Bank Eric Sarasin setzt darauf, wie Gmünder mit einem blauen Auge davonzukommen. „Auch wir streben eine Einstellung gegen Geldauflage an“, sagt Sarasins Anwalt Gert Thoenen. Worum geht es? Die Privatbank hatte bei prominenten und wohlhabenden Anlegern hohe Millionenbeträge für Fonds eingesammelt. Diese „Sheridan“-Fonds stehen in Verdacht, von mehrfacher Abrechnung der Kapitalertragsteuer bei Aktiengeschäften rund um den Dividendenstichtag profitiert zu haben – sogenannte „Cum-Ex-Deals“.
Steuerbetrug im dreistelligen Millionenbereich
Thoenen argumentiert, dass Sarasin noch weniger in den Cum-Ex-Fall involviert gewesen ist als Gmünder. Sarasin habe die Sheridan-Fonds an einige Schlüsselkunden wie den AWD-Gründer Carsten Maschmeyer verkauft, „das war es dann auch“, so der Jurist. Er rechnet frühestens in zwei Monaten mit einer Entscheidung. „Zunächst muss mein Mandant vernommen werden“, bemerkt Thoenen.
Sarasin und Gmünder waren zusammen mit Fondsmanagern und Anwälten ins Visier der Ermittler geraten. Die Razzia der Kölner Staatsanwälte zusammen mit Schweizer Kollegen hatte Ende 2014 stattgefunden. Dabei waren mehr als 100 Beamte in verschiedenen Ländern im Einsatz. Laut Durchsuchungsbeschluss geht um einen möglichen Steuerbetrug in Höhe von 462 Millionen Euro.
Die strafrechtlichen Ermittlungen zielen auf eine mögliche schwere Steuerhinterziehung und auf einen bandenmäßigen Betrug. Damit haben die deutschen Ermittler viel bessere Möglichkeiten auf Amtshilfe in der Schweiz.
„Nach dem Tatplan der Beschuldigten wurden Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag jeweils von zur Tätergruppe gehörenden Verkäufern erworben, die zum Zeitpunkt des Verkaufs noch nicht über die Aktien verfügten (ungedeckte Leerverkäufe)“, schreiben die Ermittler.
Vehemenz der Ermittler deutet auf Klage hin
Die Bank Sarasin war nicht unmittelbar an den Deals beteiligt, hatte aber drei darauf spezialisierte Fonds des Luxemburger Fondshauses Sheridan an ihre vermögenden Kunden vertrieben. Sheridan operierte insbesondere mit US-Pensionsfonds. Zahlreiche Treuhänder, Manager und Berater aus diesem Umfeld sind beschuldigt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Fondsvermögen „nahezu ausschließlich von europäischen Privatinvestoren stammte, die nur auf die unberechtigte Erstattung von Kapitalertragsteuern abzielten.“
Kenner des Verfahrens gehen angesichts der Vehemenz der Ermittler davon aus, dass es zu einer Anklage kommt. „Davon bin ich fest überzeugt“, sagt der Anwalt eines Beschuldigten. Nicht nur die Kölner Staatsanwälte sind mit dem Komplex befasst, in München und Frankfurt laufen ähnliche Verfahren. Die Steuerausfälle aus Cum-Ex-Geschäften sollen sich auf gesamt zwölf Milliarden Euro belaufen.
Sheridan hat das Eigenkapital bei institutionellen und vermögenden Anlegern eingesammelt. Zu den Investoren zählt neben Maschmeyer auch der Drogerieunternehmer Erwin Müller. Die zuständige Staatsanwältin Anne Brorhilker hat Müller und Maschmeyer vernommen, auch im Hinblick auf die Rolle des Steueranwalts Hanno Berger, der als einer der Hauptbeschuldigten des Verfahrens gilt. Der in der Schweiz lebende Berger hat kürzlich eine Strafanzeige gegen Brorhilker gestellt. Er wirft der Ermittlerin vor, ihn völkerrechtswidrig abgehört zu haben.
Fall Maschmeyer ad acta
Während die strafrechtlichen Ermittlungen andauern, sind einige Zivilstreitigkeiten inzwischen gelöst, wie im Fall Maschmeyer. Zusammen mit Angehörigen und Freunden hatte er 55 Millionen Euro investiert. Laut Finanzkreisen hat ihm die Bank einen Großteil – aber nicht alles – zurückgezahlt.
Drogerieunternehmer Müller liegt mit Sarasin dagegen im Clinch. Er fordert rund 50 Millionen Euro Schadensersatz.
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