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Finanzaufsicht Bafin droht schwachen Lebensversicherern mit Stopp des Neugeschäfts

Die Finanzaufsicht mahnt die Lebensversicherer zur Einhaltung der Kapitalanforderungen. Andernfalls droht die Bafin mit Konsequenzen.
24.02.2021 Update: 24.02.2021 - 16:10 Uhr Kommentieren
Die Finanzaufsicht hatte bereits gewarnt, dass ein Viertel der Lebensversicherer die geforderte Solvenz-Kapitalquote von 100 Prozent nur mithilfe von Übergangsmaßnahmen erfülle. Quelle: Reuters
Finanzaufsicht Bafin

Die Finanzaufsicht hatte bereits gewarnt, dass ein Viertel der Lebensversicherer die geforderte Solvenz-Kapitalquote von 100 Prozent nur mithilfe von Übergangsmaßnahmen erfülle.

(Foto: Reuters)

München Die Finanzaufsicht Bafin droht kapitalschwachen Lebensversicherern mit einem Entzug der Lizenz für das Neugeschäft. Wenn sich abzeichne, dass ein Versicherer 2032 die Solvency-II-Kapitalanforderungen nicht erfüllen kann, könne ihm die Behörde die Anwendung der bis dahin geltenden Übergangsregelungen untersagen.

„Dies könnte dazu führen, dass der Versicherer in letzter Konsequenz kein Neugeschäft mehr schreiben darf“, sagte der für die Branche zuständige Exekutivdirektor Frank Grund der „Börsen-Zeitung“ (Mittwochausgabe). Einen konkreten Fall gebe es noch nicht. „Aber perspektivisch schließe ich das nicht aus.“

Er könne sich vorstellen, dass der Trend zur Konsolidierung unter den rund 80 Lebensversicherern in Deutschland anhalte. Der Markt für Lebensversicherungen ist in Deutschland allerdings sehr zersplittert zwischen sehr großen und vielen sehr kleinen Anbietern auf der Gegenseite. Allein die Allianz deckt nach jüngsten Erhebungen des Anbieters Policendirekt gut 30 Prozent des Marktes ab.

Die Bafin hatte bereits gewarnt, dass ein Viertel der Lebensversicherer die geforderte Solvenz-Kapitalquote von 100 Prozent nur mitilfe der Übergangsmaßnahmen erfülle. Diese Möglichkeit gibt es für die Versicherer seit 2017, damit können beispielsweise Anleihen höher bewertet werden, wenn sie nur vorübergehend an Wert verlieren.

Bei der jüngsten Erhebung des MAP-Reports, der regelmäßig die Solvenz der Lebensversicherer misst, zeigte sich jedoch im vergangenen Sommer, dass die Zahl der Gesellschaften, die die schonenden Regeln anwenden, gestiegen ist. Waren es 2018 nur 46 von insgesamt 81 Lebensversicherern, so wuchs die Zahl ein Jahr später auf 51.

Gesellschaften dürfen Übergangmaßnahmen nutzen

Aktuelle Zahlen zum abgelaufenen Jahr gibt es noch nicht, doch dürfte die Zahl in der Coronakrise noch einmal gestiegen sein, heißt es in der Branche. Bei der Erhebung von 2019 lagen 13 Gesellschaften unter der Marke von 100 Prozent, hätte man dort keine Übergangsmaßnahmen angewendet. An dieser Marke entscheidet sich, ob ein Versicherer ein Ereignis, das alle 200 Jahre auftritt, überstehen würde.

Noch bis zum Jahr 2032 dürfen die Gesellschaften Übergangmaßnahmen nutzen. Bei einigen ist den Aufsehern jedoch unklar, wie sie die Lücke bis 2032 schließen wollen. Ihnen schaut die Bafin genau auf die Finger. „Ich rechne damit, dass auch wegen Corona die Zahl der Lebensversicherer unter intensivierter Aufsicht steigen wird“, sagte Grund.

Unter diesem Begriff verstehen die Aufseher einen sehr engen Austausch mit externen Wirtschaftsprüfern und den Aktuaren des Versicherers, um jederzeit über die finanzielle Lage der betroffenen Versicherer informiert zu sein. Dazu müssen Sachstandsberichte eingereicht werden und Maßnahmen, wie der finanzielle Engpass dauerhaft bewältigt werden kann.

Gelingt dies nicht, müssten diese Anbieter nach Monaten weiterer intensiver Überprüfung die Arbeit einstellen. Bekanntester Fall aus der Vergangenheit ist die Mannheimer Versicherung, die durch Aktienspekulationen im Jahr 2002 in finanzielle Schieflage geriet. Rund 300.000 Kundenverträge wurden daraufhin an die neu gegründete Auffanggesellschaft Protektor übertragen, die die Policen weiterführte.

Lebensversicherer legen jedes Jahr Milliarden zurück

Mit einer Entlastung rechnet der oberste Branchenaufseher bei der Zinszusatzreserve (ZZR). Die Lebensversicherer müssen jedes Jahr Milliarden zurücklegen, um sicherzustellen, dass sie die Garantien an ihre Kunden auch bei Dauer-Niedrigzinsen noch erfüllen können. 2020 waren das etwa elf Milliarden Euro. Für das laufende Jahr erwartet Grund 10,4 Milliarden, 2022 um die neun Milliarden Euro, „und von 2023 an wird die jährliche Summe dann voraussichtlich weiter sinken“.

Die Bafin drängt die Lebensversicherer dazu, stärker an der Kostenschraube zu drehen. Die Bundesregierung hat sich vorerst nicht auf einen Provisionsdeckel geeinigt, der die Vergütungen von Versicherungsvertretern und Maklern für den Abschluss von Lebensversicherung begrenzen würde. „Handlungsbedarf besteht aus meiner Sicht aber nach wie vor“, sagte Grund der Zeitung. „Wir schauen uns sehr genau an, wie Unternehmen mit ihren Vertriebskosten umgehen.“

Vom Marktführer Allianz hat Vorstandschef Oliver Bäte Ende vergangenen Jahres den Zustand der Branche thematisiert. Er warnte angesichts der anhaltenden Niedrigzinspolitik offen vor Pleiten deutscher Lebensversicherer. „Ich rechne gerade angesichts der massiven Verwerfungen damit, dass ein paar Wettbewerber, die nicht gut gewirtschaftet haben, ausscheiden“, sagte er damals. Er warnte allerdings auch davor, ein solches Szenario zu dramatisieren. „Das gibt es in jeder Industrie“, sagte er. Zur Marktwirtschaft gehöre auch das Ausscheiden von Unternehmen – und das müsse es auch bei Finanzdienstleistern geben.

Mehr: Allianz-Chef Bäte: „Die Sparer werden betrogen.“

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