Fossile Energien Versicherer geraten wegen Engagements in Öl und Gas unter Druck

Große Versicherer wie Allianz und Munich Re ziehen sich zwar aus Investments in Kohle zurück, versichern aber weiterhin Öl und Gas.
München Auf die großen Versicherer kommt neue Kritik wegen ihres anhaltenden Engagements in der Öl- und Gasindustrie zu. Das weltweit agierende NGO-Netzwerk Unfried Coal/Insure our future fordert 30 Versicherungsgesellschaften weltweit auf, keine neuen Öl- und Gasprojekte sowie Kohlegesellschaften mehr zu versichern. In einem offenen Brief, der dem Handelsblatt vorliegt, tritt das Netzwerk für den Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern ein.
Besonders im Fokus stehen für das Netzwerk aus Umwelt- und Menschenrechtsverbänden die beiden deutschen Marktführer Allianz und Munich Re. „Während acht der größten Öl- und Gasversicherer, darunter Allianz und Munich Re, bereits teils starke Einschränkungen in der Kohleversicherung vorgenommen haben und sich vier davon verpflichtet haben, ihre Portfolios nach dem 1,5 Grad-Szenario auszurichten, ist im Bereich Öl und Gas bisher wenig passiert“ heißt es in dem Brief.
Dabei stünden Öl- und Gasemissionen für 55,6 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses. Lediglich Axa und Munich Re hätten ihren Versicherungsschutz für Ölsand-Projekte begrenzt, noch weniger Versicherer hätten Beschränkungen bei der Ölförderung in der Arktis und bei der Schieferöl-Produktion.
Gerade bei Öl und Gas ist der Versicherungsmarkt sehr fokussiert. Die Top-10 der Branche teilen sich rund 70 Prozent des Marktes. „Der Versicherungsmarkt im Öl- und Gasbereich ist so konzentriert, dass schon die Aktion weniger Versicherer einen großen Einfluss haben kann“, ist sich Regine Richter von Urgewald sicher. Aufgrund des geringen Anteils an Prämien würde der Ausschluss von Öl- und Gasprojekten den Versicherern
nicht einmal besonders wehtun. „Dabei sind besonders die Versicherer gefragt, die als Mitglied der Net-Zero Asset Owner Alliance Klimaschutz versprechen wie Allianz und Munich Re“, so Richter.
Die Allianz war im vergangenen Jahr Gründungsmitglied bei der von den Vereinten Nationen initiierten Net-Zero Asset Owner Alliance. Die Munich Re trat in diesem Jahr dem Bündnis bei. Ziel des Zusammenschlusses aus dem weltgrößten Pensionsfonds und Versicherern ist es, ihre Anlageportfolios bis ins Jahr 2050 klimaneutral zu stellen. Im Moment sind dort Anlagegelder im Wert von rund fünf Billionen Dollar vereint.
Bei der Allianz bestätigt man, dass der Ausschluss einzelner Assets bisher nur auf den Bereich Kohle gerichtet ist. Daran soll sich auch bis auf weiteres nichts ändern. „Wir verfolgen das Ziel einer 1,5°C-kompatiblen Wirtschaft. Dazu müssen alle Sektoren ihre Treibhausgasemissionen in den nächsten drei Jahrzehnten deutlich reduzieren“, begründet Urs Bitterling, Leiter Nachhaltigkeit bei der Allianz Gruppe, das Vorgehen. Als Gründungsmitglied des Investoren-Netzwerks Net-Zero Asset Owner Alliance setze der Konzern auf den Dialog mit Unternehmen, auch aus dem Öl und Gassektor, zu ihren Klimastrategien und Reduktionszielen.
Für deutlich sinnvoller erachtet man bei der Allianz den kritischen Blick auf die teils marode Infrastruktur bei Öl- und Gaspipelines, wie an anderer Stelle zu hören ist. Vielerorts gebe es große Lecks, wodurch riesige Mengen an Öl und Gas im Erdreich versickerten und dort zu massiven Umweltschäden führten. Hier prüft der Konzern inzwischen mit eigenem Personal die Infrastruktur der Öl- und Gaskonzerne. Und trennt sich konsequent auch von Beteiligungen, wenn Unternehmen auf solche Hinweise uneinsichtig reagieren.
Ende April gab es bei der Allianz dazu den regelmäßig stattfindenden NGO-Dialog, bei dem auch Vertreter von Greenpeace, WWF und Urgewald mit den Vorständen Oliver Bäte und Günther Thallinger diskutierten.
Bei der Munich Re will man sich offiziell nicht zu den Vorwürfen des NGO-Netzwerkes äußern. Intern betrachtet man Öl und Gas jedoch weiterhin als Übergangsenergieträger, die in den kommenden Jahren sowohl im privaten als auch im industriellen Bereich benötigt werden, ehe es dafür ausreichend Alternativen gibt.
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