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Lebensversicherer Allianz senkt den Zins

Zinsflaute und Kapitalpuffer belasten die Rendite von Lebensversicherungen. Der Marktführer Allianz gibt den Trend vor, viele Konkurrenten dürften folgen.
02.12.2019 - 12:57 Uhr Kommentieren
Die Allianz hat die laufende Verzinsung um 0,3 Prozentpunkte gesenkt. Quelle: dpa
Allianz

Die Allianz hat die laufende Verzinsung um 0,3 Prozentpunkte gesenkt.

(Foto: dpa)

Frankfurt Es ist eine Entscheidung, die für Millionen Deutsche hohe Relevanz hat. Jedes Jahr im Dezember legt der Großteil der deutschen Lebensversicherer fest, mit welcher Verzinsung die insgesamt rund 84 Millionen Lebensversicherten in Deutschland rechnen dürfen. Nun hat der deutsche Marktführer Allianz ein deutliches Zeichen gesetzt: Der Münchener Dax-30-Konzern hat die laufende Verzinsung um 0,3 Prozentpunkte gesenkt. Sie liegt bei den klassischen Verträgen jetzt bei 2,5 Prozent, bei dem Konzept „Perspektive“ sind es 2,6 Prozent.

„Von dem, was im Sommer am Zinsmarkt passiert ist, kann sich auch die Allianz nicht abkoppeln“, begründet Volker Priebe, Vorstand für Privatkunden und Produkte bei der Allianz Leben, diesen Schritt. „Im Schnitt dürfte die laufende Verzinsung für Neuverträge im kommenden Jahr bei klassischen privaten Rentenversicherungen bei rund 2,30 Prozent liegen“, sagt Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata voraus. Im laufenden Jahr waren es nach seinen Angaben noch 2,46 Prozent. Dabei zeichnet sich ein Langfristtrend nach unten ab. Im Jahr 2018 waren es noch 2,61 Prozent. In den beiden Jahren davor ging es im Branchenschnitt um 0,3 Prozentpunkte nach unten.

Die klassischen Verträge bieten den Kunden eine lebenslang garantierte Mindestverzinsung, die für Neuverträge seit Jahren bei 0,9 Prozent liegt. Dazu kommt der nicht garantierte Überschussanteil, der künftig nur noch 1,6 Prozent erreicht. Beim Konzept „Perspektive“ gibt es gar keine garantierte Mindestverzinsung mehr. Weil die Garantie auch Kosten verursacht, liegt „Perspektive“ in der laufenden Verzinsung etwas höher.

In der Regel bekommt der Kunde als drittes Element, wenn er seinen Vertrag bis zum Ende durchhält, noch einen Schlussanteil mit einer Beteiligung an den Bewertungsreserven. Alle drei Bestandteile zusammen bilden die Gesamtverzinsung. Die läge nach heutiger Kalkulation bei 3,1 Prozent für die klassischen und bei 3,4 Prozent für die neuen Policen ohne Garantie. Die Kunden erhalten die Verzinsung jeweils auf ihre Sparguthaben, die sich aus ihren Beiträgen abzüglich der Kosten ansammeln.

Die klassischen Verträge machen immer noch den größten Teil des Bestandes aus. Nach wie vor ist die Lebensversicherung die liebste Geldanlage der Deutschen. Weiterhin übersteigt die Zahl der abgeschlossenen Lebensversicherungs-Policen die der Einwohner im Land, auch wenn der Trend seit Jahren rückläufig ist.

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Eine Rückkehr auf frühere Niveaus erwartet angesichts der anhaltenden Niedrigzinspolitik der Notenbanken niemand in der Branche. Auch mit steigenden Überschussbeteiligungen sollten die Kunden vorerst nicht rechnen, heißt es bei der Ratingagentur Assekurata.

Noch haben erst wenige Namen aus der Branche ihre Pläne für das kommende Jahr veröffentlicht. Dabei verkündete die Axa Lebensversicherung bereits Anfang November, dass ihre Kunden trotz der anhaltenden Negativzinsen weiter mit einer stabilen Überschussbeteiligung rechnen können. Wie in den vergangenen drei Jahren liegt die laufende Verzinsung bei 2,9 Prozent, die Gesamtverzinsung bleibt einschließlich des Schlussgewinns und der Beteiligung an den Bewertungsreserven bei 3,4 Prozent. Auf diesem Zinsniveau bewegt sich auch die DBV Deutsche Beamten Lebensversicherung, die zur Axa gehört.

Schon Mitte Oktober äußerte sich die kleine Ideal Lebensversicherung. Ideal hält die laufende Verzinsung mit 3,3 Prozent und die Gesamtverzinsung mit 4,0 Prozent stabil. Die Berliner dürften wohl auch in diesem Jahr ihre Top-Position des Vorjahres behaupten.

Als einen der Hauptgründe dafür nennt Ideal-Finanzchef Karlheinz Fritscher „die antizyklische Kapitalanlagepolitik, die das Unternehmen seit 15 Jahren einschlägt“. Der Lebensversicherer verfügt über einen außergewöhnlich hohen Anteil an Immobilien, vor allem in Berlin. Heute liegt der Anteil am Portfolio bei 24 Prozent. Dabei profitiert die Ideal Versicherung davon, dass sie früh in Immobilien investiert hat und die Bewertungen seither stark angezogen haben.

Die Alte Leipziger Lebensversicherung senkt die laufende Verzinsung der klassischen Rentenversicherungen im kommenden Jahr auf 2,25 Prozent, nach 2,50 Prozent im Jahr 2019. Ihre Gesamtverzinsung wird von 2,9 auf 2,5 Prozent angepasst. Damit dürfte sich der Versicherer aus dem hessischen Oberursel etwa in der Nähe des Branchenmittelwertes bewegen.

Zurzeit kommt für die Versicherer erschwerend dazu, dass die Zuzahlungen zur sogenannten Zinssatzreserve wieder steigen. Für das laufende Jahr rechnet Assekurata nunmehr mit neun Milliarden Euro, die die Versicherer in den Topf zahlen müssen. Ursprünglich wurden nur sechs bis sieben Milliarden Euro erwartet. Um die hohen Zusagen für Altverträge in der Zinsflaute abzusichern, müssen die Lebensversicherer seit 2011 einen Kapitalpuffer aufbauen, dessen Einzahlungsmodus letztes Jahr für die Versicherer gemildert wurde. Der Zinsschwenk der Notenbanken zehrt diesen Effekt nun jedoch wieder auf. Denn statt der erwarteten Wende hin zu höheren Leitzinsen, von der die Branche vor einem Jahr noch ausging, verharren diese weiter auf einem Rekordtief.

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Die gesamte Branche ächzt unter der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, denn traditionell wird der Großteil der Kundengelder in sichere Anlagen wie Staatsanleihen investiert, die kaum noch etwas abwerfen. Die weitere Lockerung der Geldpolitik, auf die die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank Fed nunmehr wieder eingeschwenkt sind, trifft die Versicherer deshalb ins Mark.

Ihre Zinsgewinne schrumpfen - für die Gesellschaften wird es immer schwieriger, die erforderliche Rendite einzusammeln. „Wenn es so weitergeht in der EZB, kommt für die Sparer das Schlimmste noch“, warnte bereits im Sommer der Vorstandschef der Nürnberger Versicherung, Armin Zitzmann.

Dabei haben die Lebensversicherer im Neugeschäft längst ihre Strategie geändert. Hier setzt die Mehrzahl der Anbieter inzwischen auf Policen ohne Garantiezins. Bei der Allianz liegt der Anteil bei deutschen Privatkunden inzwischen bei über 90 Prozent. Bei diesen Produkten gibt es keinen Garantiezins, stattdessen bekommt der Kunde lediglich die Zusage, dass er seine eingezahlten Beiträge in jedem Fall zurückbekommt. Dafür werfen diese Policen eine etwas höhere Rendite ab als diejenigen mit Garantie.

Viele alte Verträge mit Garantieverzinsungen bis vier Prozent erweisen sich jedoch für die Branche inzwischen als große Belastung. Viele deutsche Lebensversicherer haben das Neugeschäft mit klassischen Policen ganz eingestellt. Einige andere gehen noch einen Schritt weiter und prüfen einen Verkauf an Dritte.

So winkte die Finanzaufsicht Bafin im April dieses Jahres einen Verkauf der Generali Leben samt vier Millionen Verträgen an den Abwickler Viridium ohne großes Getöse durch – den größten Deal dieser Art bisher in Deutschland. Giovanni Liverani, Deutschlandchef von Generali, macht keinen Hehl daraus, dass er darüber sehr glücklich ist. „Klassische Policen mit einem Garantiezins von drei Prozent sind in einer Welt von Negativzinsen nicht mehr zeitgemäß“, sagte er vor wenigen Tagen. „Sie werden früher oder später für die gesamte Branche toxisch.“

Mehr: Lebensversicherungen: Welche Policen sich lohnen – und welche nicht

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