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Martina Grundler Verdi-Expertin rechnet mit Verkauf bestehender Generali-Lebensversicherungen an einen externen Bieter

Martina Grundler kritisiert die Pläne, bestehende Lebensversicherungen zu verkaufen, und fordert die Politik zum Handeln auf.
22.05.2018 - 18:20 Uhr Kommentieren
Im März 2018 kündigte der Chef der Generali Deutschland, Giovanni Liverani, an, die Entscheidung über eine mögliche Trennung von alten Lebensversicherungsbeständen noch vor dem Sommer zu treffen. Quelle: dpa
Gebäude der Generali in Köln

Im März 2018 kündigte der Chef der Generali Deutschland, Giovanni Liverani, an, die Entscheidung über eine mögliche Trennung von alten Lebensversicherungsbeständen noch vor dem Sommer zu treffen.

(Foto: dpa)

Frankfurt Schon bald könnte der Versicherer Generali darüber entscheiden, ob er sich von mehr als vier Millionen alten Lebensversicherungsverträgen in Deutschland trennen wird. Die Generali Deutschland prüft einen Verkauf an einen externen Abwickler – es wäre der größte Deal dieser Art in Deutschland.

Neben einem Verkauf  ist für die Italiener jedoch auch eine interne Abwicklung noch eine Möglichkeit. Das Handelsblatt sprach mit Martina Grundler, Verdi-Bundesfachgruppenleiterin Versicherungen, über die Sicht der Arbeitnehmer auf einen möglichen Verkauf.

Frau Grundler, der  Chef der Generali Deutschland, Giovanni Liverani, hatte im März eine Entscheidung über eine mögliche Trennung von alten Lebensversicherungsbeständen noch vor dem Sommer angekündigt. Wann erwarten Sie ein Votum?
Wir gehen davon aus, dass das Votum von Generali Deutschland in den nächsten Wochen fällt. Die Betriebsräte sagen uns, dass jetzt die Entscheidung unmittelbar vor der Tür zu stehen scheint und dass die Generali Deutschland noch – wie angekündigt - vor dem Sommer Fakten schafft.

Zuletzt war die Rede davon, dass Generali noch mit zwei Interessenten verhandelt. Gehen Sie davon aus, dass am Ende ein Verkauf stehen wird?
Wir hoffen, dass es nicht zum Verkauf kommen wird, weil wir nach wie vor dazu eine sehr kritische Position haben. Die Generali Deutschland betont auch immer noch, dass keine Entscheidung gefallen ist. Wir finden aber, dass es Anzeichen dafür gibt. Es deutet manches darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit wächst, dass es zum externen Run-off, wie eine solche Trennung in der Branche genannt wird, kommt.

Die Gewerkschafterin kritisiert die Pläne der Assekuranzen, alte Lebensversicherungsbestände zu verkaufen.
Verdi-Versicherungsexpertin Martina Grundler

Die Gewerkschafterin kritisiert die Pläne der Assekuranzen, alte Lebensversicherungsbestände zu verkaufen.

Öffentlich hat sich die Generali bisher nicht festgelegt. Erhalten Sie andere Signale?
Nun, offiziell erzählt uns die Geschäftsleitung nichts anderes als der Öffentlichkeit: Es sei noch keine Entscheidung gefallen. Die Arbeitnehmervertreter haben aber doch den Eindruck, dass es nur noch die Frage ist, ob ein Verkauf an externe Kandidaten mit Minderheitsbeteiligung der Generali vollzogen wird – oder ob sich die Gesellschaft komplett trennt von den vier Millionen Policen. Ein Verbleib der Policen im Unternehmen wird dagegen weniger diskutiert, was wir sehr bedauerlich finden.

Warum lehnen die Arbeitnehmer einen Verkauf der Bestände strikt ab?
Nun, dafür gibt es mehrere Gründe. Einmal befürchten wir einen grundlegenden Vertrauensbruch gegenüber vielen Kunden. Denn ein Unternehmen, das mit diesem Geschäftsfeld jahrelang Gewinne einfuhr, sollte dieses nicht einfach abstoßen, wenn es einmal nicht so läuft. Das könnte auch die Reputation der gesamten Branche in Gefahr bringen, schließlich reden wir hier über vier Millionen Policen. Gerade die Versicherer haben immer damit geworben, sie seien lebenslange Partner. Dann darf man sich nicht bei der erstbesten Gelegenheit aus dem Staub machen. Zum anderen fürchten wir um die Situation der betroffenen Arbeitnehmer. Denn die Käufer wollen natürlich Geld verdienen, also wird die Abwicklungsplattform versuchen, die Kosten zu senken – auch bei den Arbeitskosten.

Bafin-Chef Felix Hufeld betonte jüngst, dass eine Veräußerung an einen Abwickler kein Verrat am Kunden sei, sondern eine legitime unternehmerische Entscheidung.  Warum sehen Sie die Folgen so düster?
Weil eine Versicherung kein Waschmittel ist, sondern ein lebenslanges Versprechen an den Kunden – das Generali Deutschland in dem Fall aufkündigen würde. Das Unternehmen hat auch eine sozialpolitische Verantwortung. Mein Blick auf solche Dinge ist deshalb ein etwas anderer. Ich finde, das ist nicht nur eine unternehmerische Entscheidung, sondern auch eine politische und gesellschaftliche. Letztlich geht es um die grundlegende Frage: Wie organisiere ich Altersversorge? Bisher haben die Versicherer immer gesagt, wir sind da ein verlässlicher Partner. Daran kann man nun zweifeln. Ich finde, die Versicherer erweisen sich damit einen Bärendienst.

Bei der vom Management präferierten Variante würde Generali die Run-off-Bestände zwar nicht mehr selbst verwalten, könnte den Prozess aber weiter begleiten. Wäre das nicht ein guter Kompromiss?
Nun, aus der Sicht der Beschäftigten ist das kein Kompromiss. Denn die Sorgen, die die Beschäftigten haben, werden dadurch in keiner Weise geringer. Und politisch wäre ich mir da auch nicht so sicher. Ich höre zwar gerade von verschiedenen Seiten, dass das mit einem Run Off doch nicht so schlimm ist und es für den Kunden doch auch gut sein könnte. Aber was das langfristig bedeutet und wie sich die Abwicklung der Altbestände entwickeln wird, das kann mir heute niemand beantworten. Auch bei einer Minderheitsbeteiligung würde die Generali aus der Verantwortung gehen. Wir aber sehen das Unternehmen weiter in der Pflicht.

Der Verkauf wäre die größte Transaktion dieser Art in Deutschland. Rechnen Sie damit, dass ein solcher Deal Nachahmer findet?
Ja, für uns wäre das ein Dammbruch, der negativ auf die Branche abstrahlen wird. Wenn die Generali die klassischen Policen verkauft, wird das auch zu Nachahmungen führen. Ich glaube nicht, dass die Generali dann ein singuläres Ereignis bleibt. Wenn aber der Eindruck entsteht, dass die Versicherer alle ihre Altverträge loswerden wollen, dann werden sich viele Kunden verschaukelt vorkommen und dies Neukunden abschrecken. Denn dann steht die Branche nicht zu ihrem Wort.

Viele Abwickler kaufen in der Regel nicht nur die Bestände, sondern wollen auch die betroffenen Mitarbeiter übernehmen. Gab es bereits erste Kontakte zwischen Interessenten und Verdi?
Nein, es hat bisher keinerlei Kontakt gegeben.

Verdi-Chef Frank Bsirske hat die Politik aufgefordert, einen Verkauf zu verhindern. Sie sind mit der Resonanz zufrieden?
Ehrlich gesagt: nein. Ich finde, die Politik muss endlich aktiver werden und eine höhere Hürde für solche Veräußerungen aufstellen. Ich plädiere für eine Gesetzesänderung, die einen Verkauf alter Policen an Dritte deutlich erschwert. Außerdem würde ich mir wünschen, dass die Politik auch stärker hörbar in die Debatte eingreift. Wir finden, die Politik sollte sich intensiver mit den sozialpolitischen und gesellschaftlichen Fragen  bei einem solchen Verkauf beschäftigen. Wenn im Koalitionsvertrag steht, dass die Riester-Rente reformiert werden soll, dann frage ich mich, warum die Politik solche Run-offs gleichzeitig zulässt.

Plant Verdi selbst konkrete Protestaktionen, sollte es zu einem Verkauf der Altbestände kommen?
Wir haben da eine klar Position: Das ist die Entscheidung der Beschäftigten. Wenn Betriebsräte und Beschäftigte sich im Rahmen der Möglichkeiten dagegen zur Wehr setzen wollen, dann werden wir das mit unseren gewerkschaftlichen Mitteln unterstützen. Wird die Entscheidung für den Verkauf fallen, wird das vonseiten der Beschäftigten sicher nicht ohne Reaktion bleiben. Aber wir sind nicht diejenigen, die jetzt Proteste ankündigen. Letztendlich ist das eine Entscheidung unserer Mitglieder in diesem Konzern.

Frau Grundler, vielen Dank für das Gespräch.

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