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Naturgefahren Sächsische Verbraucherschützer fordern Versicherungspflicht gegen Elementarschäden

Die neue Bundesregierung soll eine solche Versicherungspflicht in den Koalitionsvertrag aufnehmen. Experten unterstützen die Forderung der Verbraucherzentrale Sachsen.
08.09.2021 - 18:12 Uhr Kommentieren
Der Ausblick der Ratingagentur S&P für die Rückversicherer bleibt negativ. Quelle: dpa
Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer dieses Jahres

Der Ausblick der Ratingagentur S&P für die Rückversicherer bleibt negativ.

(Foto: dpa)

Frankfurt Nach der verheerenden Flutkatastrophe im Juli macht sich die Verbraucherzentrale Sachsen gemeinsam mit weiteren Experten für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden stark. „Eine faire und bezahlbare Lösung für alle muss her“, sagte Andreas Eichhorst, Vorstand der Verbraucherzentrale Sachsen, am Mittwoch. Eine Versicherungspflicht sei notwendig, bezahlbar, machbar und gewollt.

Starkregen und Hochwasser hatten in diesem Sommer vor allem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, aber auch in Bayern und Sachsen schwere Schäden verursacht. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) rechnet mit versicherten Schäden in Höhe von sieben Milliarden Euro an Wohngebäuden, Hausrat und Kraftfahrzeugen.

Das Problem: Die tatsächlichen Schäden fallen deutlich höher aus, da viele Hauseigentümer nicht richtig versichert sind. Während bundesweit fast alle Wohngebäude gegen Sturm und Hagel abgesichert sind, besitzen nur 46 Prozent den Schutz vor weiteren Naturgefahren wie Starkregen und Hochwasser.

Deshalb sei es Zeit, umzudenken, sagte Eichhorst. Er fordert von der neuen Bundesregierung, sich im Koalitionsvertrag mit klaren Worten zu einer Versicherungspflicht gegen Naturgefahren zu bekennen.

Die Forderung nach einer solchen Versicherungspflicht habe die Verbraucherzentrale Sachsen bereits vor 20 Jahren aufgestellt, nach der ersten Jahrhundertflut 2002. Mit dem fortschreitenden Klimawandel und den wiederkehrenden Naturkatastrophen würden nun die Argumente gegen eine Versicherungspflicht schwinden.

Mehrheit in Umfrage für Versicherungspflicht

Konkret fordert die Verbraucherzentrale Sachsen, dass die Versicherungspflicht gegen Elementarschäden für alle am Markt tätigen Versicherungsunternehmen und für alle Wohngebäudeeigentümer gilt.

Dabei soll eine grundsätzliche Wahlfreiheit des Versicherers garantiert sein. Die Versicherungsprämie soll bezahlbar sein und sich nach dem Risiko richten. Megaschäden sollen zudem durch einen staatlichen Rettungsschirm abgesichert sein.

Nach Meinung der Verbraucherschützer würden die Bundesbürger eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden begrüßen. In einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa sprachen sich Ende August 59 Prozent der Befragten für eine Versicherungspflicht aus, nur 37 Prozent waren dagegen. Die Verbraucherzentrale Sachsen gab die Studie in Auftrag. Es nahmen 1003 Personen teil.

Größere Unterschiede zwischen Eigentümern und Mietern sowie zwischen den Bundesländern gab es dabei nicht. Auch die nach Risiko gestaffelte Versicherungsprämie für Hauseigentümer – sie liegt zwischen 5 und 50 Euro pro Monat – hielten fast drei Viertel der Befragten für angemessen.

Diverse Experten unterstützen die Forderung nach einer Versicherungspflicht

Unterstützung bei ihrer Forderung erhalten die Verbraucherschützer von diversen Experten. Professor Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung weist beispielsweise darauf hin, dass von Starkregen eine flächendeckende Gefahr ausgehe: „Sie wird in Zukunft deutschlandweit zunehmen und es kann jeden treffen.“ Daher brauche man eine Allwetterversicherung – nicht nur gegen Sturm, sondern auch gegen Starkregen.

Laut Professor Gert Wagner vom Sachverständigenrat für Verbraucherfragen beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) kann man sich nicht darauf verlassen, dass die Menschen nach der jüngsten Flutkatastrophe auf freiwilliger Basis mehr Elementarschadenversicherungen abschließen.

Selbst wenn die Zahl der Verträge steigt, seien es vor allem die Hauseigentümer mit hohen Risiken, die wegen der hohen Versicherungsprämie sehr wahrscheinlich weiterhin unversichert bleiben. Besser wäre es, eine Versicherungspflicht einzuführen und die Prämienlast bei Bestandsbauten in Hochrisikogebieten durch staatliche Zuschüsse zu senken.

Wagner sieht momentan keine Partei bei der Bundestagswahl, die eine Versicherungspflicht kategorisch ablehnt. Es gebe aber noch einige Detailfragen zu klären. Dabei geht es unter anderem um die Höhe des Selbstbehalts für die Versicherten, die Organisation der Rückversicherung der Versicherer, eine staatliche Rückversicherung bei sehr großen Schadenvolumina und die Kontrolle der Einhaltung der Versicherungspflicht. Wagner betonte zudem, dass es vonseiten der Politik immer wieder Hinweise gebe, dass eine Versicherungspflicht auch einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten müsste.

Pflichtversicherung kann verfassungsgemäß ausgestaltet werden

Markus Roth, Professor an der Philipps-Universität Marburg, sieht hier jedoch keine Probleme: „Eine Elementarschadenpflichtversicherung kann verfassungsgemäß ausgestaltet werden.“ Schon in den 1970er-Jahren habe das Bundesverfassungsgericht die damals geltende verpflichtende Elementarschadenversicherung in Baden-Württemberg gebilligt. Deutschland könne sich außerdem Anregungen bei Nachbarländern wie der Schweiz, Frankreich und auch Großbritannien holen. In der Schweiz gibt es beispielsweise in den meisten Kantonen eine Pflichtversicherung bei einem kantonalen Monopolversicherer, manche Kantone bieten hingegen private Versicherungslösungen.

Auch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz beteiligt sich an der Initiative der Verbraucherzentrale Sachsen. Eichhorst räumt jedoch ein, dass es Verbraucherzentralen in anderen Bundesländern gibt, die bisher nicht für eine Versicherungspflicht seien. Zugleich plädiert er für eine bundesweit einheitliche Versicherungspflicht. Insellösungen in den einzelnen Bundesländern seien nicht der beste Weg.
Positiv stimmt den Verbraucherschützer, dass der Versichererverband GDV, der lange gegen eine Versicherungspflicht war, nun die Tür für eine solche geöffnet habe. GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen kündigte vor Kurzem an, zusammen mit den Mitgliedsunternehmen bis zum Herbst Ideen vorzulegen, wie „sich die Verbreitung von Naturgefahrenversicherungen zu risikogerechten Preisen signifikant erhöhen“ lasse.

Mehr: Hilft eine Versicherungspflicht für Elementarschäden?

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