Rückversicherungskonzern Hannover-Rück-Chef Wallin verabschiedet sich mit Rekordausschüttung

Ulrich Wallin, Vorstandsvorsitzender der Hannover Rück, hat zum letzten Mal die Bilanzzahlen des Rückversicherers vorgestellt.
Hannover Ulrich Wallin lässt sich auch zum Abschied nicht zu größeren Emotionen hinreißen. Das Konzernergebnis im abgelaufenen Jahr sei „nicht spektakulär, aber insgesamt recht gut“ gewesen, hakt der norddeutsche Vorstandschef des weltweit drittgrößten Rückversicherers das zurückliegende Jahr sachlich ab.
Größere emotionale Worte verkneift sich dagegen der Topmanager, der im dunkelblauen Anzug auf das Podium tritt. Dabei ist es das letzte Mal, dass der 64-Jährige in Hannover die Jahreszahlen des MDax-Konzerns vorträgt. Im Mai geht der Topmanager in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird der bisherige Swiss-Re-Manager Jean-Jacques Henchoz sein, der ab April in den Vorstand einzieht.
Doch ein kleines Bonbon hat Wallin dennoch für die Investoren parat. Denn die Anleger dürfen auf eine Rekordausschüttung setzen. Die Ausschüttung samt Sonderdividende soll von fünf Euro im Vorjahr auf 5,25 Euro steigen, kündigte Wallin an. Experten hatten durchschnittlich lediglich mit 5,20 Euro gerechnet. Noch im Februar hatte der Konzern aber lediglich eine Ausschüttung von mindestens fünf Euro in Aussicht gestellt.
Der im MDax gelistete Versicherer kann sich die Großzügigkeit leisten. Wie der Rückversicherer bereits auf Grundlage der vorläufigen Zahlen im Februar verkündet hatte, schaffte der Versicherer im abgelaufenen Jahr den angepeilten Milliardengewinn. Das Ergebnis nach Steuern stieg nach den nunmehr vorliegenden endgültigen Zahlen um 10,5 Prozent auf 1,06 Milliarden Euro.
Die Bruttoprämie erhöhte sich währungsbereinigt um elf Prozent auf 19,2 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr rechnet der Konzern mit einem Gewinn in der Größenordnung von 1,1 Milliarden Euro und einem prozentual einstelligen Prämienwachstum. Experten rechnen 2019 sogar mit Einnahmen von 1,2 Milliarden Euro und damit etwa 100 Millionen mehr als der Vorstand.
Kenner des Unternehmens verwundert das jedoch nicht. Zum einen kalkuliert Hannover Rück traditionell konservativ. Und zum anderen dürfte Wallin mit seinem Ausblick für 2019 die Ansprüche an seinen Nachfolger nicht zu hoch ansetzen wollen.
Die Messlatte für Henchoz ist damit zwar aufgelegt. Aber sie liegt nicht so hoch, dass der neue Vorstandschef sie nur mit äußerster Kraftanstrengung erreichen könnte, außer unerwartete Ereignisse vermasseln ihm noch die Kalkulationen. „Die Prognose lässt ein bisschen Fantasie nach oben“, räumte Wallin in Hannover ein. Die Prognose solle vor allem zeigen, dass der Konzern eine Gewinnsteigerung im laufenden Jahr erwarte.
Die schwer zu kalkulierende Höhe der Naturkatastrophenschäden bleibt allerdings ein Unsicherheitsfaktor. So kosteten allein die Waldbrände in Kalifornien im abgelaufenen Jahr den Konzern rund 200 Millionen Euro, sagte Wallin. Manche Rivalen traf es sogar noch härter.
Der weltweit zweitgrößte Rückversicherer Swiss Re verfehlte 2018 wegen Naturkatastrophen erneut einen Milliardengewinn. Unter dem Strich verdiente der Rivale des Weltmarktführers Munich Re nur 421 Millionen US-Dollar, rund 371 Millionen Euro. Das war zwar deutlich mehr als im durch Naturkatastrophen stark gezeichneten Jahr 2017. Aber es war deutlich weniger als die meisten Analysten erwartet hatten.
„Schäden durch Naturkatastrophen sind nicht länger ein Thema bloß für Bilanzkenner“, mahnt Regine Richter von der Organisation Urgewald. Sie zeigten die Klima-Widersprüche der Versicherungskonzerne. „Rückversicherer wie Hannover Re müssen aufhören den Klimawandel, gegen dessen Auswirkungen sie Kunden versichern, durch Unterstützung des Kohlesektors selbst anzuheizen“, kritisierte die Umweltaktivistin. Im vergangenen Sommer hatte das MDax-Unternehmen angekündigt, nicht mehr in Unternehmen zu investieren, die mehr als 25 Prozent ihrer jährlichen Umsätze mit Kohlegewinnung und thermischer Stromerzeugung machen.
Urgewalt kritisiert jedoch, dass Hannover Rück weiter den polnischen Versicherer PZU unterstütze, eine tragende Säule der dortigen Kohleindustrie. Solange es solche Kraftwerke gebe, sei es auch im allgemeinen Interesse, dass sie versichert werden, begründete Wallin bereits auf der Hauptversammlung diese Entscheidung.
Weniger umstritten ist dagegen die wirtschaftliche Perspektive der Branche. Die Geschäftsaussichten für Rückversicherer verbesserten sich, wie Analyst Ivan Bokhmat von Barclays glaubt. Denn wirtschaftlich gelingt es der Branche offensichtlich, einen Teil der Großschäden durch Naturkatastrophen nun besser an die Kunden weiterzugeben.
So lässt der Preisdruck auf die traditionellen Rückversicherer nach Beobachtung von Hannover Rück angesichts der Häufung von Naturkatastrophen nach. Hedgefonds und andere alternative Kapitalgeber, die in den vergangenen Jahren auf den vermeintlich lukrativen Markt drängten und den Rückversicherern Konkurrenz machten, hätten in den Vertragsverhandlungen zu Jahresbeginn verhaltener agiert.
„Das Kapital floss nicht mehr so schnell“, sagte Wallin. Nach dem Wirbelsturm-Jahr 2017 hätten die Fonds noch einmal viel Geld in den Markt gepumpt, in der Hoffnung auf stark steigende Preise. Doch der Plan ging nicht auf, stattdessen brachten etwa die Waldbrände in Kalifornien den Investoren weitere Verluste.
Hannover Rück nutzte die nachlassende Konkurrenz, um das Neugeschäft in der Erneuerungsrunde kräftig auszubauen, vor allem in China, Nordamerika und Deutschland. Das Prämienvolumen in der Schaden-Rückversicherung sei zum 1. Januar währungsbereinigt um 15 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro erhöht worden.
In den von Naturkatastrophen betroffenen Regionen seien die Preise teilweise um zweistellige Prozentsätze gestiegen, im Schnitt aber nur um ein Prozent, wie Wallin sagte. Er sprach von „auskömmlichen Konditionen“.
Zum Jahreswechsel steht in der Branche traditionell rund zwei Drittel des Geschäfts in der Schaden-Rückversicherung zur Neuverhandlung an. Die Hannover haben dabei offensichtlich einen guten Job gemacht. Für den größeren deutschen Konkurrenten Munich Re brachte die traditionelle Erneuerungsrunde für Policen diesen Januar unter dem Strich nach eigenen Aussagen lediglich stabile Preise.
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