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Venture-Capital Wefox prognostiziert: Bei Start-ups wird das Geld knapp

Deutschlands höchstbewertetes Versicherungs-Start-up glaubt, dass die Zeit der Rekordfinanzierungen für junge Firmen vorerst vorbei ist.
06.07.2020 - 15:28 Uhr Kommentieren
Der Co-Gründer des CFO von Wefox fürchtet keine negativen Folgen für die Branche durch die Wirecard-Insolvenz. Quelle: Wefox
Fabian Wesemann

Der Co-Gründer des CFO von Wefox fürchtet keine negativen Folgen für die Branche durch die Wirecard-Insolvenz.

(Foto: Wefox)

Frankfurt Superlativ folgte zuletzt auf Superlativ. Allein die Berliner Start-up-Bank N26 sammelte im vergangenen Jahr rund 300 Millionen Dollar ein. Die Steuererklärungs-App Taxfix kassierte 65 Millionen Dollar, und das Versicherungs-Start-up Wefox brachte es auf 235 Millionen Dollar. Geldsorgen waren für viele Fintechs bisher kaum ein Thema. Doch das hat die Coronakrise drastisch verändert.

„Für viele kleinere, unbekannte Adressen unter den Fintechs wird es schwieriger“, sagt Fabian Wesemann, Co-Gründer und Finanzchef von Wefox, dem Handelsblatt. „Die Finanzierungsrunden besonders für junge deutsche Fintechs sind erheblich kleiner geworden – und es sieht nicht danach aus, dass dies in naher Zukunft wieder besser wird.“ Wefox selbst ist das am höchsten gehandelte deutsche Versicherungs-Start-up und sieht sich gut finanziert.

Vielen jungen Firmen der Branche aber droht eine finanzielle Durststrecke, und das ist eine neue Erfahrung für sie. In den vergangenen Jahren erfreute sich die Branche eines regen Interesses von großzügigen – auch aus dem Ausland kommenden – Investoren. Nun hat sich das Klima drastisch geändert.

Laut einer Bitkom-Branchenumfrage sieht sich fast jedes zweite Start-up in Deutschland wegen der Coronakrise in seiner Existenz bedroht, 88 Prozent glauben an eine Verschlechterung der Lage, über drei Viertel erwarten eine Pleitewelle. Ausnahmesituationen wie eine Pandemie wirkten immer wie ein Filter, der gute Firmen von schlechten trenne, sagte vor wenigen Tagen die Investorin Nicole Junkermann im Handelsblatt.

Wefox-Gründer Julian Teicke sprach bereits vor einigen Wochen von „erschreckenden Erfahrungen“ in der Branche. Angebote von Investoren seien urplötzlich zurückgezogen und Aussagen nicht eingehalten worden, kritisierte er. Die Krise dürfte viele junge Firmen zu der Erkenntnis bringen, dass sie gescheitert sind oder ihr Unternehmen verkaufen sollten, erwartet sogar Andrew Rear, Chef der Munich-Re-Tochter Digital Partners.

Junge Firmen kämpfen ums Überleben

Wesemann warnt: „Vor allem junge Firmen, die sich auf das Reisegeschäft oder andere von Corona stark betroffene Branchen konzentriert haben, kämpfen derzeit sicherlich ums Überleben.“ Das werde weitreichende Folgen für die Ausgabefreude der Investoren haben. „Ich glaube, dass Rekordfinanzierungsrunden wie in den letzten Jahren für Newcomer zurückgehen“, glaubt er.

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New Players Network, ein Netzwerk für Start-ups aus dem Versicherungsbereich, erwartet ebenfalls einen Rückgang der Finanzierungen. Bereits im ersten Quartal 2020 zeigten sich die Auswirkungen von Covid-19 auf das Wirtschaftsgeschehen: Laut der Unternehmensberatung Willis Towers Watson beliefen sich die weltweiten Investitionen in Insurtech-Unternehmen auf 912 Millionen Dollar, das sind 54 Prozent weniger als im Vorquartal.

Die größten Transaktionen gab es in den USA und in Indien. Deutsche Insurtechs bekamen kaum noch Geld. „Es wird eine Marktkonsolidierung bei Insurtechs geben“, prognostizierte jüngst Ramin Niroumand, Chef des Berliner Start-up-Inkubators Finleap.

Für Wesemann sind die Konsequenzen klar: „Jetzt müssen viele junge Firmen beweisen, dass sie auch in der Krise funktionieren und ein nachvollziehbares Geschäftsmodell haben.“ Er sei jedoch positiv gestimmt, dass dies vielen Start-ups gelingen werde, da die Nachfrage nach digitalen Produkten weiter steige.

Wefox selbst hat seine Pläne für eine weitere Expansion in Europa für dieses Jahr erst einmal auf Eis gelegt. Aber Wesemann sieht in der Krise auch Chancen: „Die Monate April und Mai waren die stärksten Wachstumsmonate in der Unternehmensgeschichte. Selbst in den Monaten des Lockdowns sind wir in Deutschland über 100 Prozent gewachsen.“

Gerade mit dem digitalen Marktplatz biete Wefox Beratern und ihren Kunden die Möglichkeit, in schwierigen Zeiten durch Technologie in Verbindung zu bleiben. „Wir sind sozusagen das ,Zoom’ für Versicherungsmakler und sind deshalb auch in den vergangenen Monaten weiter gewachsen“, sagt Wesemann. „Wir haben keinen Anlass, an unserer internen Wachstumsplanung wegen Corona zu rütteln.“

Unter dem Dach der Gruppe befindet sich eine Plattform, über die Versicherungsmakler Neukunden gewinnen oder ihre Bestandskunden online beraten können. Dazu gehört auch der Versicherer One mit Sitz in Liechtenstein, der in Deutschland über Makler eigene Haftpflicht-, Hausrat- und Kfz-Versicherungen anbietet.

Die Krise bietet auch Chancen

Nicht nur Wesemann hofft, die Krise gut zu überstehen. Die Deutsche Familienversicherung, die sich als Deutschlands erstes börsennotiertes Insurtech preist, peilt trotz Corona erneut 100.000 Neuverträge an und einen Anstieg der gebuchten Beiträge um rund 30 Prozent. Vorstandschef Stefan Knoll hält das Unternehmen wegen seines digitalen Vertriebs für weitgehend resistent gegen einen drohenden Abschwung im laufenden Jahr.

Das US-Start-up Lemonade hat sogar den Sprung an die Börse gewagt. Dem erst seit gut vier Jahren operativ tätigen Versicherungs-Start-up gelang dabei ein fulminanter Börsenstart. Am ersten Handelstag, am 2. Juli, sprang die Aktie des 2016 gegründeten Unternehmens um 72 Prozent auf 50,06 Dollar in die Höhe. Ausgegeben worden waren die Papiere zu 29 Dollar – über der kurz vorher angehobenen Preisspanne von 26 bis 28 Dollar. Zum Ausgabepreis wurde Lemonade mit rund 1,6 Milliarden Dollar bewertet, zum ersten Kurs waren es schon 2,75 Milliarden. Seither ist der Kurs noch weiter gestiegen.

Wesemann plant allenfalls langfristig einen Börsengang. Aber für sein Geschäft ist er optimistisch. „Viele denken gerade darüber nach, wie die Welt nach Corona aussehen wird – und da zählen digitalisierte Unternehmen sicher grundsätzlich zu den Gewinnern“, hofft er. Einen Imageschaden für die deutschen Fintechs wegen des Wirecard-Skandals erwartet er nicht: „Ich denke, dass die Investoren da differenzierter urteilen werden.“

Mehr: Bitkom und Bankenverband fordern mehr Hilfen für Start-ups.

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