Versicherungs-Start-ups Insurtechs sammeln weltweit immer mehr Geld ein

Das deutsche Insurtech ist eines von fünf Versicherungs-Start-ups, die 2019 zum Einhorn wurden.
Frankfurt Digitale Versicherungs-Start-ups haben im vergangenen Jahr weltweit eine Rekordsumme von fast 6,4 Milliarden Dollar bei Investoren eingesammelt. Dieser Wert entspricht einem Drittel der Gesamtinvestments in die sogenannten Insurtechs seit dem Jahr 2012, wie aus dem aktuellen Insurtech Briefing der Unternehmensberatung Willis Towers Watson hervorgeht. Allein im vierten Quartal 2019 kam es zu 75 Transaktionen mit einem Volumen von insgesamt rund zwei Milliarden Dollar.
„Neben dem weiter rasanten Anstieg der Investitionen war das Insurtech-Jahr 2019 dadurch gekennzeichnet, dass sich einzelne Start-ups zu klaren Marktführern in ihren Segmenten entwickelt haben“, sagt Michael Klüttgens, Leiter der Versicherungsberatung bei Willis Towers Watson Deutschland.
Auffällig war in diesem Zusammenhang, dass die einzelnen Finanzierungsrunden im Schnitt deutlich höher ausfielen als bisher. So gab es zwischen Oktober und Dezember 2019 vier Finanzierungsrunden, die über 100 Millionen Dollar einbrachten.
Zur größten Transaktion kam es beim US-Krankenversicherer Bright Health, der 635 Millionen Dollar von Investoren wie zum Beispiel New Enterprise Associates einsammelte. Daneben steckte der Rückversicherer Munich Re über seine Investmenttochter 250 Millionen Dollar in den kalifornischen Versicherungsanbieter Next Insurance.
Duck Creek Technologies, ein US-Softwareanbieter für Sach- und Unfallversicherer, bekam zudem 120 Millionen Dollar von verschiedenen Investoren. Und das Berliner Versicherungs-Start-up Wefox holte sich 110 Millionen Dollar unter anderem vom kanadischen Risikoinvestor Omers Ventures, von Merian Chrysalis und vom Samsung Catalyst Fund.
Die Anzahl der Finanzierungsrunden, die über 40 Millionen Dollar einbrachten, habe sich von 13 im Jahr 2017 auf 38 im Jahr 2019 nahezu verdreifacht, sagt Digitalisierungsexperte Niki Winter von Willis Towers Watson.
In Deutschland konnte beispielsweise auch der private Krankenversicherer Ottonova eine signifikante Finanzierungsrunde abschließen. Das Münchener Unternehmen sammelte im November 60 Millionen Euro (66 Millionen Dollar) unter Beteiligung von BTOV Partners, Debeka, Holtzbrinck Ventures, Seven Ventures und Vorwerk Direkt Selling Ventures ein.
Wefox als erstes deutsches Insurtech-Einhorn
Durch die verschiedenen Finanzierungsrunden haben sich im Laufe des vergangenen Jahres der Studie zufolge weltweit fünf Insurtechs zu Einhörnern entwickelt. So werden Start-ups bezeichnet, die mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet werden.
Insgesamt gibt es nur zehn solcher Einhörner im Versicherungsbereich. Erstmals gehört mit Wefox nun auch ein deutsches Insurtech zu diesem Kreis. Neben den bereits genannten Unternehmen Bright Health und Next schafften dies 2019 auch der US-Versicherer Lemonade, der in Deutschland unter anderem mit dem Heidelberger Insurtech Getsafe konkurriert, sowie Hippo, ebenfalls ein Versicherungsanbieter aus den USA.
Bezogen auf die gesamte Anzahl der Insurtech-Investitionen reiht sich Deutschland mit 59 Transaktionen im vergangenen Jahr weltweit auf Platz vier und in Europa auf Platz zwei der Insurtech-Märkte ein.
Zum Vergleich: In den USA gab es im vergangenen Jahr 706 Transaktionen, in Großbritannien immerhin 118. Die USA sind daher nach wie vor der dominante Markt, was Insurtech-Investitionen betrifft. Doch immer stärker konkurrieren die Start-ups mit Wettbewerbern aus China, Deutschland, Großbritannien und Frankreich um Investorengelder.
Gleichwohl gebe es nicht nur Erfolgsgeschichten, schränkt Klüttgens ein: „Wir haben in den vergangenen drei Jahren 184 Start-ups gezählt, die den Geschäftsbetrieb einstellen mussten, vermuten aber, dass wir hier nur die Spitze des Eisbergs sehen.“ Das liegt daran, dass die Berater lediglich die Firmen in ihre Auflistung einbeziehen können, die der Öffentlichkeit über Finanzierungsrunden bekannt wurden.
Zahlreiche digitale Versicherer dürften aber bereits aufgegeben haben, bevor sie jemals Geld von Investoren eingesammelt haben. Das Ende dieser Firmen habe in vielen Fällen nichts mit schlechten Geschäftsideen oder Technologien zu tun, betont Andrew Johnston, weltweiter Insurtech-Chef von Willis Re. Schuld seien häufig ein mangelndes Interesse des Marktes oder personelle Schwierigkeiten.
In Deutschland wurde beispielsweise vor kurzem bekannt, dass das Projekt Flypper eingestellt wurde. „Unser Geschäftsmodell eines digitalen Versicherers mit speziellen Angeboten, die sich direkt an den Verbraucher wenden und der sich darüber hinaus nicht nur digital, sondern auch persönlich um seine Kunden kümmert, wird nicht umgesetzt“, heißt es auf der Homepage. Der Grund: Das benötigte Kapital konnte nicht eingeworben werden.
Mehr: Getsafe sieht sein Geschäft kaum von Lemonade beeinträchtigt. Lesen Sie hier mehr.
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