Versicherungsbranche Versicherer holen sich durch Immobilieninvestments Risiken in die Bilanz

Versicherer haben in Immobilien investiert – doch das Geschäft birgt inzwischen immer mehr Gefahren.
Cannes, Frankfurt Der neue Büroturm im Münchener Werksviertel heißt Atlas, misst 65 Meter und bietet eine Mietfläche von 24.500 Quadratmetern auf 14 Stockwerken. Für Allianz Real Estate war er eine der wichtigsten Beteiligungen im vergangenen Jahr. Gerade wurde bekannt, dass die Tochter des Versicherers ihre Anlagen um 13 Prozent auf 63,5 Milliarden Euro gesteigert hat.
Mit den Chancen des Booms bei Gewerbe-, Büro- und Wohnimmobilien steigen für Großinvestoren mittlerweile aber die Gefahren. Nach der Finanzkrise 2008 hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins immer tiefer gedrückt. Seit 2014 liegt er bei null Prozent.
Da den Niedrigzinsen am Kapitalmarkt aber hohe Zinsversprechen an Kunden gegenüberstehen, haben die Versicherer in den vergangenen Jahren zunehmend in Immobilien investiert. Die stehen für ein stabiles Investment mit vergleichsweise hohen Renditen. Doch das hat sich mittlerweile geändert. Immobilien haben sich stark verteuert, die Renditen sind entsprechend gesunken. Wer jetzt noch in den Markt geht, holt sich Risiken in die Bilanz.
Die Versicherungsaufsicht Eiopa warnte bereits im Dezember vor den gestiegenen Risiken. Sollten die Immobilienpreise ruckartig sinken, könnte das die Bilanzen der Versicherer belasten. Mit fallenden Immobilienpreisen schrumpft auch das Vermögen von Haushalten, die ihr Wohneigentum noch abbezahlen müssen. Das könne ihren Schuldendienst beeinflussen und das Risiko für Versicherer und ihre ausgegebenen Darlehen erhöhen, heißt es im Eiopa-Report.
In den vergangenen Jahren haben deutsche Versicherer ihre Immobilieninvestments stark erhöht. Lag die investierte Summe 2011 noch bei 36,1 Milliarden Euro, kletterte sie bis 2017 auf 52,1 Milliarden. Die vergebenen Immobilienkredite, vornehmlich für Gewerbeimmobilien, sind in diesen Zahlen noch nicht enthalten. Sie summieren sich auf weitere acht Milliarden Euro.
Die Lust auf Immobilien dürfte den Versicherern so schnell nicht vergehen: Erst am Donnerstag hat der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, angekündigt, in diesem Jahr keine Zinserhöhung zu wagen. Anleihen, die mit 85 Prozent Anteil klassische Kapitalanlage der Versicherer, bleiben weiter unattraktiv.
Dank der Niedrigzinsphase stehen alternative Investments wie Immobilien für viele Investoren weit oben auf dem Einkaufszettel, nicht nur bei Versicherern. Gerade sie haben sich zuletzt aber für Zukäufe weiter gerüstet. So kündigte etwa Allianz Real Estate im Herbst schon an, das Immobilienvermögen in den kommenden fünf Jahren von 60 auf 100 Milliarden Euro auszuweiten. „Der Trend zu Immobilieninvestment ist ungebrochen“, sagt Dietmar Fischer von der Unternehmensberatung EY.
Eine gute Positionierung ist der Schlüssel zum Erfolg
Klug war es deshalb, sich bereits früh zu positionieren. Ältere Immobilieninvestments haben sich bis heute prächtig entwickelt. So hat der Berliner Lebensversicherer Ideal 20 Prozent in Immobilien investiert, so viel wie keiner sonst in der Branche. Die meisten Käufe wagte Ideal zur Jahrtausendwende in Berlin, als der Immobilienmarkt dort noch nicht so boomte wie heute.
Die Ideal Versicherung konnte deshalb die laufende Verzinsung für ihre Lebensversicherungsbestände in diesem Jahr von drei auf 3,3 Prozent anheben – ein Spitzenwert.
Zuletzt sind die Preise aber sowohl bei Wohn- als auch Gewerbeimmobilien schneller gestiegen als die Mieten. Die Rendite fällt somit. Wohnimmobilien werfen heute schon teils weniger als zwei Prozent ab. Selbst bei Büros liegt die Anfangsrendite in Städten wie München, Berlin oder Hamburg nurmehr bei drei Prozent. Kosten für das Management der Immobilie schmälern zudem den Ertrag.
„Eine gewisse Preisgefahr ist durchaus real“, sagt Lars Heermann, Chef der Bewertungsabteilung bei der Versicherungsratingagentur Assekurata. Dennoch hält er die Risiken für überschaubar: Versicherer seien mittel- bis langfristige Investoren und könnten etwaige Preiseinbrüche aussitzen.
Hinzu kommt: Versicherer müssen Immobilieninvestments gemäß den Solvency-Auflagen mit 25 Prozent Eigenkapital unterlegen. Heermann geht deshalb davon aus, dass Versicherer wegen des gestiegenen Risikos ihre Immobilienquote weniger schnell ausweiten werden als in den vergangenen Jahren.
Dazu kommt der „Verdrängungswettbewerb“, wie ihn EY-Experte Fischer zwischen Versicherern, Family Offices, Pensionskassen und internationale Investoren beobachtet. Sie alle halten derzeit zunehmend nach Gelegenheiten Ausschau.
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Sehr geehrte Herren Redakteure,
vielleicht können Sie Ihren Lesern bei Gelegenheit einmal sagen, welche Vermögensgegenstände nicht an Wert verlieren können und somit kein Bilanzrisiko darstellen.