+++ EZB-Newsblog +++ EZB verdoppelt nahezu Inflationsprognose für 2022
Die EZB rechnet im kommenden Jahr mit einem schwächeren Wirtschaftswachstum und einer deutlich höheren Inflation. Die PK mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde zum Nachlesen.
Damit verabschieden wir uns. Die nächste EZB-Ratssitzung findet am 3. Februar statt. Bis dahin versorgen wir Sie mit allen relevanten geldpolitischen Neuigkeiten. Am späten Nachmittag veröffentlichen wir beispielsweise unsere Analyse der heutigen Entscheidung.
Zum Abschluss weist Lagarde noch einmal auf die wirtschaftlichen und Pandemie-bedingten Unsicherheiten hin. Allerdings findet sie einen optimistischen Ausblick: Wirtschaftswachstum und die Lage auf dem Arbeitsmarkt entwickelten sich in die richtige Richtung.
Der an Corona erkrankte Vize-Präsident Luis de Guindos wird kurz zugeschaltet und hält ein Plädoyer für Corona-Schutzimpfungen. Er merke am eigenen Leib, wie wichtig diese seien.
Dass die EZB ihre Inflationsprognose binnen drei Monaten um 150 Basispunkte angehoben hat, ist in der Tat sehr ungewöhnlich. Das zeigt, wie vorsichtig man derzeit mit Schätzungen sein muss. Die Notenbanken haben das Problem, dass sich Schätzmodelle immer in irgendeiner Form auf Daten aus der Vergangenheit stützen müssen. Eine Situation wie die Pandemie hat es aber noch nie gegeben.
Lagarde stellt noch einmal klar, dass die EZB langfristig eine Inflationsrate von 2,0 Prozent anstrebt. Dieses Ziel werde voraussichtlich für 2023 und 2024 nicht erreicht. „1,8 ist nicht zwei“, sagt Lagarde.
Die Lohnentwicklung ist ein wichtiger Faktor für die Inflation, weil sie zu sogenannten Zweitrundeneffekte führen kann. In den USA läuft eine solche Lohn-Preis-Spirale bereits, bei der sich beide Faktoren gegenseitig verstärken. Im Euro-Raum dagegen noch nicht. In Deutschland beispielsweise sind die Tariflöhne schwächer gestiegen als in den Vorjahren.
Als ein Kritiker gilt Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann, der zuletzt im Handelsblatt-Interview von den Inflationsrisiken gewarnt hatte.
Lagarde hatte bereits bei der vergangenen Sitzung im September eine Zinserhöhung als unwahrscheinlich bezeichnet. Allerdings wurde ihr Dementi damals als halbherzig interpretiert, an den Märkten stiegen im Anschluss daran die Wetten auf Zinserhöhungen im Jahr 2022.
Für eine Zinserhöhung müssten zunächst die Anleihekäufe beendet werden. Für das Programm APP ist allerdings noch keine Ende definiert.
In der Fragerunde stellt Lagarde auf Nachfrage klar: Eine Zinserhöhung im Jahr 2022 ist derzeit sehr unwahrscheinlich.
Ob die Inflation nur ein vorübergehender Effekt ist, ist ein großes Streitthema. Das Handelsblatt hat die Gründe dafür und dagegen zusammengetragen:
Hier finden Sie noch einmal die Beschlüsse des EZB-Rats sowie Lagardes Statement mit den Prognosen für das Wirtschaftswachstum und die Inflation.
- Die EZB lässt ihr Anleihekaufprogramm PEPP zum März 2022 auslaufen. Das ältere Kaufprogramm APP läuft dagegen vorerst unbegrenzt weiter.
- Aufgrund der Corona-Variante Omikron senkt die EZB ihre Wirtschaftsprognose für 2022, erhöht diese aber für 2023.
- Bei der Inflation korrigiert die EZB ihre Inflationserwartung um deutliche 150 Basispunkte auf 3,2 Prozent. Langfristig erwartet sie aber einen Wert unter dem Ziel von 2,0 Prozent.
Sehen Sie hier die Pressekonferenz mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde noch einmal in voller Länge.
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Die heutige Entscheidung der EZB markiert einen Wendepunkt, weil die lockere Geldpolitik damit auch im Euro-Raum ihren Höhepunkt überschritten hat und der Kurs ab jetzt straffer werden dürfte. Vielen werden die Entscheidungen heute nicht weit genug gehen. Ob die EZB noch stärker straffen muss, wird sich wahrscheinlich im März 2022 zeigen, wenn sie die nächsten Inflationsprognosen vorlegt.
Lagarde wird noch einmal auf die drastische Anhebung der Inflationsprognose für 2022 angesprochen. Laut der EZB-Präsidentin ist die Anhebung zu zwei Dritteln auf höhere Energiepreise zurückzuführen. Diese würden auch durch Geopolitik beeinflusst und seien daher schwer vorherzusagen.
Lagarde sagt, dass die EZB sehr genau auf die Lohnentwicklung schaue. „Aber bisher ist diese deutlich schwächer als wir vorhergesagt hatten.“
Das heutige Paket hat der EZB-Rat laut Lagarde mit einer „sehr, sehr großen Mehrheit“ getroffen. Einige wenige Mitglieder hätten manchen Teilen des des Pakets nicht zugestimmt.
Lagarde räumt die aktuell sehr große Unsicherheit ein. „Wir haben uns sehr lange mit dem Thema befasst“, sagt sie. Auf der einen Seite gebe es eine starke Erholung der Wirtschaft, sinkende Arbeitslosigkeit und eine Inflation, die sich in Richtung des EZB-Ziels entwickle. Auf der anderen Seite sei die Unsicherheit durch die Pandemie, durch Angebotsengpässe und steigende Energiepreise sehr hoch.
Lagarde erklärt, sie würden sich an die Daten halten. In den kommenden Sitzungen könnte sich die Einstellung des EZB-Rats deshalb ändern.
Für die Kernrate der Inflation, aus der besonders schwankungsanfällige Preise für Energie und Lebensmittel rausgestrichen werden, erwartet die EZB einen deutlich niedrigeren Wert von 1,9 Prozent für 2022 und von 1,7 sowie 1,8 Prozent für die beiden darauffolgenden Jahre.
„Die Inflation dürfte kurzfristig hoch bleiben, aber sich im Laufe des kommendes Jahres abschwächen“, sagt Lagarde. Sie begründete dies so: „Die Energiepreise sind deutlich gestiegen, während in einigen Branchen ein Mangel an Material, Ausrüstung und Arbeitskräften herrscht.“
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