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Antwort auf Libra China plant eigene Digitalwährung – und könnte den Westen abhängen

Weltweit arbeiten Staaten an der Entwicklung von eigenen digitalen Zahlungsmitteln. Die Volksrepublik behauptet nun, kurz vor dem Start zu stehen.
20.08.2019 - 04:00 Uhr Kommentieren
Peking plant eine eigene staatliche Digitalwährung. Quelle: AP
China im Kryptofieber

Peking plant eine eigene staatliche Digitalwährung.

(Foto: AP)

Peking, Frankfurt Mu Changchun ist jemand, dessen Namen nur wenige in der westlichen Welt kennen. Doch das könnte sich in den nächsten Wochen bereits drastisch ändern. Denn der Chinese treibt momentan eine bahnbrechende Innovation in seinem Land voran. Mu ist als Vizedirektor bei der chinesischen Zentralbank PBOC zuständig für den Bereich Zahlungen – und offenbar weiter als jeder andere Notenbanker mit der Entwicklung einer digitalen staatlichen Währung. „Die digitale Währung der Zentralbank kann als fertig bezeichnet werden“, kündigte er vor wenigen Tagen überraschend an.

Der Satz markiert eine Zäsur. Wenn China seine Pläne tatsächlich umsetzt, wäre die Volksrepublik das erste Land mit einer eigenen digitalen Währung. Auch Kanada, Schweden und Uruguay arbeiten seit einiger Zeit an solchen Plänen – bislang jedoch hat noch kein Land es geschafft, eine nationale virtuelle Währung zu präsentieren. Eine staatliche Digitalwährung wäre ein machtvolles Instrument – birgt jedoch auch viele Risiken.

Die Eile hat indes einen triftigen Grund. Martin Chorzempa, Experte für Fintechs und China am Washingtoner Peterson Institute of International Economics, sieht wie andere Experten in der beschleunigten Entwicklung eine Reaktion auf die Mitteilung von Facebook in diesem Sommer, 2020 eine eigene Währung namens Libra auf den Markt zu bringen. „Ohne die Ankündigung von Libra würden die Chinesen vermutlich nicht so schnell vorpreschen“, sagt Chorzempa.

Hierauf deuten auch Äußerungen von Wang Xin, Leiter der Forschungsabteilung der PBOC. Durch Libra sei das Projekt einer eigenen Digitalwährung dringender geworden, sagte er. China sei im elektronischen Zahlungsverkehr früh gestartet. „Aber es ist viel Arbeit nötig, um unseren Vorsprung zu festigen.“ Libra könne dazu führen, dass die Welt vom Dollar und den USA dominiert werde.

„Eine von US-amerikanischen Firmen kontrollierte, weltweit erfolgreiche Digitalwährung ist für Peking ein Schreckensszenario“, sagt Markus Demary, Finanzmarktexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft. Ganz bewusst sei der „E-Yuan“ ein Geschöpf der chinesischen Zentralbank – auch wenn er zusammen mit Banken und Technologiekonzernen herausgegeben würde.

Lange Vorarbeiten

Die chinesische Zentralbank hat vor rund fünf Jahren mit dem Großprojekt begonnen. Seit letztem Jahr hätten die Forscher „996“ daran gearbeitet, so Mu – ein Ausdruck in China für die häufig in der Tech-Branche verbreiteten Arbeitszeiten von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends, sechs Tage die Woche. Bislang ist nur wenig Konkretes bekannt darüber, wie das Konzept für die Digitalwährung genau aussehen könnte. Zunächst will China das im Umlauf befindliche Bargeld reduzieren – aus Schutz vor Betrug, so Zentralbanker Mu. Das derzeit existierende Zahlungsmittel könnte vergleichsweise einfach gefälscht und für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung genutzt werden.

Tatsächlich ist gefälschtes Geld ein großes Problem in China. Wer mit 100-Yuan-Banknoten (rund 13 Euro) zahlt – der größte Schein in China –, dessen Schein wird meist einer schnellen Kontrolle unterzogen. „Im Moment scheint die digitale Währung der PBOC auf Zahlungen im Privatkundengeschäft und nicht auf das Großkundengeschäft ausgerichtet zu sein“, sagt Boon-Hiong Chan, Chefanalyst der globalen Transaktionsbank der Deutschen Bank. Schon das allein wäre aber ein „bahnbrechender Schritt in der Geschichte des Bankwesens“, so Chan.

Langfristig könne die chinesische Zentralbank dann auch in das Großkundengeschäft und den Kapitalmarkt vordringen – die Möglichkeiten der Initiative seien „enorm“.

Experten bezweifeln jedoch, das China tatsächlich schon so weit in der Entwicklung seiner eigenen Digitalwährung ist, wie es vorgibt. „Es scheint unwahrscheinlich, dass China in großem Stil von heute auf morgen seine Digitalwährung einführt“, sagt Mirjam Meißner, Direktorin bei der Berliner China-Beratungsgesellschaft Sinolytics. Denn die notwendigen Speicherkapazitäten dafür seien erst im Aufbau. Weit realistischer sei die zeitnahe Einführung von Pilotprojekten, in denen die chinesische Zentralbank ihre Digitalwährung testet. „So sehen etwa kürzlich veröffentlichte Pläne für die Sonderwirtschaftszone in Shenzhen vor, dass Shenzhen eine Digitalwährung einführen soll“, so Meißner. Das umfasse unter anderem auch Experimente zur besseren Kontrolle grenzüberschreitender Finanztransaktionen.

Die Chinesen sind sehr offen für digitale Formen des Bezahlens. Schon heute zahlen die meisten Menschen vor allem in großen Städten wie Peking mit ihrem Smartphone und den chinesischen Diensten WeChat oder Alipay. Chan sieht eines der Motive der chinesischen Zentralbank darin, dass sie diese Art der Zahlung für zu unsicher hält. „Im Moment verlassen sich die chinesischen Verbraucher bei ihren digitalen Zahlungen völlig auf Nichtbanken wie Tencent oder Alibaba“, so Chan. Grundsätzlich sei das kein Problem, aber wenn es bei diesen digitalen Unternehmen zu Ausfällen käme, könnten die Verbraucher das Vertrauen in das digitale Zahlungssystem außerhalb der Bank verlieren. „Die Tatsache, dass eine Zentralbank die digitale Währung unterstützt, könnte das Niveau der Finanzstabilität erhöhen“, so Chan.

Laut Weltbank leben 13 Prozent der Chinesen ohne Bankkonto
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