Britischer Notenbankchef: „Jetzt ist nicht die Zeit, die Zinsen anzuheben“
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Britischer Notenbankchef„Jetzt ist nicht die Zeit, die Zinsen anzuheben“
Stabiles Wirtschaftswachstum und ein Anziehen der Inflation: Diese Kriterien will der britische Notenbankchef Mark Carney erfüllt sehen, bevor er den Leitzins erhöhen will. Einen „festen Fahrplan“ dafür gebe es nicht.
19.01.2016 - 15:42 Uhr
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Verschiedene Faktoren
Sinkender Ölpreis, niedrige Inflation: Der britische Notenbankchef will abwarten, bevor er über weitere geldpolitische Maßnahmen entscheidet.
(Foto: AFP)
London Angesichts der anhaltend niedrigen Inflation in Großbritannien denkt Notenbankchef Mark Carney vorerst nicht an eine Zinserhöhung. Er räumte am Dienstag in London ein, dass er mit seiner im Sommer abgegebenen Prognose schieflag, wonach eine Entscheidung über die geldpolitische Wende zum Jahreswechsel Konturen annehmen dürfte. „Jetzt ist nicht die Zeit, die Zinsen anzuheben“, betonte der Kanadier auf dem Chefsessel der britischen Zentralbank. Auch einen „festen Fahrplan“ dafür gebe es nicht. Zunächst müsse die Wirtschaft stärker wachsen und die Inflation anziehen.
Die Aussicht auf eine Fortsetzung der ultra-lockeren Geldpolitik setzte das Pfund unter Druck, dessen Kurs zum Dollar auf ein Sieben-Jahres-Tief abrutschte. Von Reuters befragte Volkswirte rechnen nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2016 mit einer geldpolitischen Straffung.
Die Folgen der EZB-Niedrigzinspolitik
Künstlich niedrig gehaltene Zinsen befördern die Schuldenwirtschaft, insbesondere die der Staaten und der Bankenindustrie.
Künstlich tiefe Zinsen lösen (inflationäre) Spekulationswellen aus, führen zu „Boom-and-Bust“-Zyklen: überhitzte Situationen, in denen, wenn niemand mehr bereit ist, Kredite zu finanzieren, alles in sich zusammenbricht.
Ein künstlich tief gehaltener Zins befördert, dass unprofitable Investitionsprojekte also Fehlinvestitionen aufrecht gehalten werden.
Werden die Zinsen künstlich abgesenkt, so verringert sich der Reformdruck auf Regierungen und Banken, ihre Haushalte beziehungsweise Bilanzen zu verbessern.
Die Inflationsrate war 2015 mit null Prozent so niedrig wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen in den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, wie das nationale Statistikamt mitteilte. Im Dezember sorgte jedoch ein Preisanstieg bei Flügen dafür, dass die Jahresteuerung im letzten Monat des Jahres auf 0,2 Prozent zulegte. Das ist der höchste Wert seit Januar 2015.
Die Bank of England (BoE) hatte vorige Woche entschieden, den historisch niedrigen Schlüsselsatz zur Versorgung der Banken mit Geld bei 0,5 Prozent zu belassen. Sie erwartet, dass der anhaltende Preisverfall beim Öl die Teuerung auch in den kommenden Monaten am Boden halten wird. Die Notenbank strebt eine Teuerungsrate von zwei Prozent an, die für die Konjunktur als optimal gilt. Wegen der hartnäckig niedrigen Inflation zögert sie die Zinswende hinaus, die von der US-Notenbank Fed bereits im Dezember vollzogen wurde.
Der Werkzeugkasten der EZB
Das wichtigste Instrument ist der Leitzins, also der Zins, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Notenbank Geld ausleihen können, um es dann zum Beispiel als Kredit an Unternehmen und Verbraucher weiterzugeben. Im August 2016 liegt der EZB-Zins bei historisch niedrigen 0,0 Prozent. Niedrige Zinsen können die Konjunktur ankurbeln.
In normalen Zeiten bekommen Geschäftsbanken von der EZB Zinsen für überschüssiges Geld, das sie bei der Zentralbank parken. Im Juni 2014 senkten die Währungshüter den Zins unter die Nullgrenze. Aktuell müssen die Kreditinstitute einen Strafzins von 0,4 Prozent zahlen. Das Ziel ist eine Schwächung des Euro und ein Abbau der Einlagen der Banken bei der EZB.
Ende 2011/Anfang 2012 unterstützte die EZB Banken mit Notkrediten (LTRO) im Volumen von einer Billion Euro. Die Kredite wurden zu Mini-Zinsen und für drei Jahre gewährt. 2014 folgten weitere Notkredite, allerdings diesmal in deutlich geringerem Umfang.
Seit Herbst 2014 kauft die EZB Pfandbriefe (Covered Bonds) und gebündelte Kreditverbriefungen (ABS). Das soll Geschäftsbanken Freiräume zur Vergabe von Krediten verschaffen.
Im Mai 2010 begann die EZB erstmals mit dem Kauf von Staatsanleihen. Das „Securities Markets Programme“ (SMP) sollte den Anstieg der Renditen von Anleihen angeschlagener Euro-Länder bremsen. Bis Anfang 2012 kaufte die EZB Staatspapiere für rund 220 Milliarden Euro, zumeist italienische Anleihen. Im September 2012 ersetzte das Programm „Outright Monetary Transactions“ (OMT) diese Maßnahme: Die EZB erklärt sich dabei bereit, notfalls unbegrenzt Anleihen von Krisenstaaten zu erwerben. Gekauft wurde in diesem Rahmen bisher keine Anleihe.
Für die sogenannte Quantitative Lockerung druckt sich die Zentralbank quasi selbst Geld und kauft damit in großem Stil Anleihen - Staatsanleihen und andere Papiere wie Unternehmensanleihen. Das tut die EZB seit März 2015. Bis mindestens Ende März 2017 wollen die Währungshüter auf diese Weise 1,74 Billionen Euro in den Markt pumpen. Das soll die Konjunktur ankurbeln und die anhaltend niedrige Inflation wieder in Richtung der EZB-Zielmarke von knapp unter 2,0 Prozent befördern.