Bundesbankchef zur Geldpolitik Weidmann mahnt EZB-Rat zu rechtzeitigem Handeln

„Es stellt sich die Frage, wie viel Wasser unter dem Kiel der Geldpolitik bleibt, wenn der nächste Abschwung kommt.“
Frankfurt/Berlin Für Jens Weidmann war sein Auftritt am Donnerstag an der Frankfurter Universität eine Gratwanderung. Zum einen äußerte er Bedenken gegen die massiven Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) - anderseits verteidigte er die Notenbank auch gegen Kritik mancher Zuschauer.
Seit März 2015 kauft die EZB jeden Monat Anleihen der Euro-Länder - aktuell für 60 Milliarden Euro im Monat. Das auf 2,28 Billionen Euro angelegte Wertpapier-Kaufprogramm ist momentan das schärfste Schwert der Währungshüter im Kampf gegen die schwache Inflation. Die Käufe sollen noch bis Ende 2017 laufen. Angesichts des Aufschwungs rechnen viele Experten damit, dass die EZB die Käufe von aktuell monatlich 60 Milliarden Euro ab Januar zurückfährt.
Vermutlich im Oktober will sie darüber entscheiden. Bundesbank-Präsident Weidmann hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er die Käufe ablehnt. Entsprechend drängt er nun auf ein baldiges Herunterfahren der Käufe. Der EZB-Rat müsse darauf achten, „den richtigen Zeitpunkt für eine geldpolitische Normalisierung nicht zu verpassen“, sagte Weidmann. Staatsanleihekäufe seien für ihn ein reines Notfallinstrument, etwa um eine gefährliche Deflationsspirale aus sinkenden Preisen und fallenden Löhnen abzuwehren. Die Deflationsbefürchtungen seien mittlerweile jedoch weitestgehend verschwunden.
Angesichts des gedämpften Preisauftriebs sei eine expansive Ausrichtung der Geldpolitik im Euroraum nach wie vor angemessen. „Darüber, wie stark allerdings geldpolitisch Gas gegeben werden muss und welche Instrumente dabei genutzt werden sollten, kann man freilich unterschiedlicher Auffassung sein“, sagte Weidmann.
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Gleichzeitig nahm er die EZB allerdings auch gegen Kritik in Schutz. Er warnte beispielsweise davor, bei der Diskussion über die Anleihekäufe einzelne Effekte herauszupicken und zu verallgemeinern. So gebe es auch in Deutschland Profiteure der Niedrigzinsen – allen voran das Finanzministerium.
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