
Jetzt zeigt sich: Eine Währungsunion schützt vor manchen Turbulenzen.
Für Bernd Lucke ist die Sache klar. Griechenland und andere Krisenländer sollen aus dem Euro austreten – dann wird alles gut. Wenn Griechenland eine eigene Währung habe, könne es abwerten und so wieder wettbewerbsfähig werden. Als leuchtendes Beispiel führt der Chef der Euro-kritischen Alternative für Deutschland (AfD) gerne die Türkei an. „Die Türkei hat doch nicht viel bessere Produkte als Griechenland, [sie] boomt aber dank ihrer eigenen Währung“, sagte Lucke dem Spiegel im Juli 2013.
Seitdem hat die türkische Lira rund 20 Prozent ihres Wertes verloren. Jetzt wird offenkundig, dass die Türkei lange über ihre Verhältnisse gelebt hat und sich viel zu hoch im Ausland verschuldete. Das Land droht in einen Strudel aus Abwertung, Rezession und Zahlungsschwierigkeiten zu geraten. Auch andere Schwellenländer wie Südafrika oder Indien haben ähnliche Probleme. Am Dienstag musste die kasachische Notenbank den Wechselkurs der Landeswährung Tenge um 19 Prozent abwerten.
Mit einer drastischen Zinserhöhung hat sich die türkische Notenbank gegen den Kursverfall der heimischen Währung Lira gestemmt. Der Satz, zu dem sich die Banken über Nacht Geld bei der Zentralbank leihen können, wurde am Dienstagabend von 7,75 auf 12,0 Prozent angehoben. Der eigentliche Leitzins wurde auf 10 Prozent angehoben von zuvor 4,5 Prozent. Damit soll der Abfluss an ausländischem Kapital gestoppt werden, der die Lira auf ein Rekordtief zum Dollar gedrückt hatte.
Die Zentralbank hob ihren Leitzins wenige Stunden nach der türkischen Entscheidung überraschend auf 5,50 Prozent an, nachdem er lange Zeit auf dem 40-Jahres-Tief von 5,0 Prozent verharrt hatte. An den Märkten wird davon ausgegangen, dass er in den kommenden Monaten weiter steigen wird. „Wir werden die Entwicklung genau verfolgen und nicht zögern zu handeln, sollte dies erforderlich sein", sagte Notenbankchefin Gill Marcus. Der Rand war zuletzt so billig wie seit über fünf Jahren nicht mehr. Höhere Zinsen könnten aber der erlahmenden Konjunktur weiter zusetzen.
Die Notenbank hat ihren Leitzins seit April 2013 bereits von 7,25 auf aktuell 10,0 Prozent angehoben. Der jüngste Schritt folgte in diesem Monat, als es von 9,5 Prozent nach oben ging. Die Zentralbank signalisierte dabei aber, das Tempo nun etwas zu drosseln. Mit höheren Zinsen soll die Inflation in Schach gehalten werden. Die Teuerungsrate liegt derzeit bei 5,7 Prozent.
Keine andere asiatische Währung ist 2013 auf so steile Talfahrt gegangen wie die Rupie: Sie büßte ein Fünftel ihres Wertes im Vergleich zum Dollar ein. Das macht Importe teurer, was die Inflation ebenso nach oben zu treiben droht wie das Handelsdefizit. Zu Jahresbeginn hielt die Zentralbank ihren Leitzins unverändert bei 7,50 Prozent. Sie versprach aber, "wachsam" zu bleiben, was den Märkten die Bereitschaft zu Zinserhöhungen signalisiert.
Die indische Zentralbank hob erst in dieser Woche ihren Leitzins überraschend von 7,75 auf 8,0 Prozent an. Eine weitere Erhöhung ist vorerst nicht geplant. Grund für den Schritt sind kräftig steigende Preise. Höhere Zinsen machen Kredite teurer, was die Nachfrage und damit den Preisauftrieb dämpfen kann. Vom Inflationsziel sei Indien derzeit "sehr weit entfernt", sagte Notenbankchef Raghuram Rajan. Zuletzt lag die Teuerungsrate bei 9,87 Prozent. Die Zentralbank will sie bis Januar 2015 auf acht Prozent und ein Jahr später auf sechs Prozent drücken.
In dem von politischen Unruhen erschütterten Land hat die Zentralbank im November die Zinsen gesenkt. Sie schreckte im Januar aber vor einer weiteren Kappung zurück. Als Grund für die Zurückhaltung gilt die Furcht, dass die politische Instabilität die Kapitalflucht verstärken könnte.
Notenbankchef György Matolcsy und sein Team haben den Leitzins im Januar auf das Rekordtief von 2,85 Prozent gesenkt. Obwohl die Währungshüter Spielraum für eine weitere Kappung signalisierten, dürften sie laut Experten vom Schwächeanfall des Forint zu einer Zinswende gezwungen werden.
Der Außenwert der Landeswährung hat dieses Jahr bereits fünf Prozent eingebüßt. Die Notenbank musste schätzungsweise zehn Milliarden Dollar zur Stützung des Rubels aufwenden. Notenbankchefin Elvira Nabiullina ist gewillt, den Kurs notfalls mit allen Mitteln zu stabilisieren. Denn Russland gilt als gebranntes Kind: In der durch massive Kapitalflucht ausgelösten Rubel-Krise von 1998 hatten die Bürger ihre Konten massenweise geräumt.
Die Währungen vieler Schwellenländer sind mächtig unter Druck geraten. Mit allen Mitteln versuchen ihre Notenbanken nun gegenzusteuern. Die türkische Zentralbank beispielsweise hat jüngst den Leitzins auf einen Schlag von 4,5 auf 10 Prozent angehoben. Viele Marktbeobachter sprachen von einer Panikaktion.
„Deutsche Euro-Skeptiker haben lange behauptet, der Kontrast zwischen Griechenland und der Türkei zeige, dass Länder mit eigener Währung besser fahren“, sagt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. „Die türkischen Turbulenzen zeigen, dass dieses Argument so nicht stimmt. “ Es komme auf die Wirtschaftspolitik an. Schmieding ist überzeugt: „Ohne den Euro hätten wir jetzt ähnliche Turbulenzen innerhalb Europas.“ Vor dem Euro hätten sich Währungsspannungen in Europa oftmals auf eine Art entladen, die erheblichen wirtschaftlichen Schaden angerichtet habe.
Ähnlich äußert sich der US-Ökonom Edwin Truman vom Peterson Institute for International Economics in Washington. „Ich gehe fest davon aus, dass es ohne den Euro ähnliche Probleme in Europa gegeben hätte wie jetzt in den Schwellenländern, vor allem 2008 und auf jeden Fall Anfang 2010", sagt er. Die Vorteile einer gemeinsamen Währung hätten den Ländern der Euro-Zone vor allem während der Finanzkrise geholfen. „Die Regierungen konnten sich auf die Bekämpfung der Krise mit geld- und fiskalpolitischen Mitteln konzentrieren und mussten sich nicht auch noch mit dem Wechselkurs herumschlagen.“

104 Kommentare zu "Der Vorteil der Währungsunion: Glücksfall Euro"
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Herr Stock, Sie glauben doch nicht selber was Sie da veröffentlichen.
Bitte halten Sie sich an die Fakten (Wirtschaftskraft, Verschuldung, Leistungsbilanz, Arbeitslosigkeit, Vertragstreue…
Bei dieser Betrachtung ist der Euro kein Glücksfall mehr.
@Eddie!!!! Da sind Sie ja wieder! Endlich! Einen HB-Artikel lesen ohne Ihre immer gleichen Kommentare und ohne Ihre Hetztiraden gegen die AfD - was wäre das denn??? Nur der halbe Spaß!
@Euro
Bitte folgen Sie doch mal diesem Link - vielleicht hilft Ihnen das weiter:
https://www.alternativefuer.de/partei/faq/
Teil IV
Die Staaten leihen sich Geld von den Banken um die Banken zu retten!! Europas Bankster erhielten von den stupid Steuerzahlern allein im Zeitraum Okt.2008 - Okt.2010 4589 Milliarden Euro, um sie vor dem sofortigem Kollaps zu bewahren. Doch die ganzen Milliarden und Billionen sind schon wieder im Eigenhandel und an den Börsen verzockt! Auch Bernankes Finanzspritzen seit 2008 für das Spielcasino und andere Zentralbanken in Höhe von 30.000 Milliarden $ sind wirkungslos verpufft.
Jetzt stehen die Staaten vor wegbrechenden Steuereinnahmen und explodierenden Ausgaben für Zinsen und Soziales. Jeglicher Aufschwung wird bereits im Keim erstickt. Da liegt das Problem. Dieses Problem ist nicht auf Europa beschränkt, sondern hat fast alle westl. Ind.staaten infiziert.
Die Lösung, nicht nur für Europa, sondern für alle westl. Industriestaaten und die Schwellenländer:
Ein Reset im Finanzbetrugssystem, ein Trennbankensystem, die Geldschöpfung zurück in staatliche Hände und die Wiedereinführung der Landeswährungen in Europa. So wird da ein Schuh daraus. Damit könnte man weltweit Wohlstand schaffen, bis in den hintersten Winkel im Amazonas.
Einfach mal die Fakten zur Kenntnis nehmen. Griechenland als EURO-Land Arbeitslosenquote auf dem Höhepunkt der Lehman-Krise : 9% , jetzt ca. 27%. Türkei mit souveräner Währung damals 13% jetzt 9%! Welches Land hat sich nun eindeutig besser entwickelt( und das trotz Erdogan)?
Sicher, größere Währungsräume sind weniger anfällig gegen Spekulationen, aber nur weil nichts gegen Spekulanten getan wird.
Endlich sagt es mal einer. Die Stammtischkritiker haben eine Selektive Wahrnehmung. Ohne Euro wäre manches besser aber auch manches schlechter. Und brauch keiner glauben das die Feststellung was das Ergebnis ist, eine Trivialität wäre.
Teil III
Der hohe Lebensstandard in der €-zone wurde nicht erarbeitet, sondern nur mit einer gigantischen Schuldenwirtschaft erkauft, auf Kosten zukünftiger Generationen. Mit gigantischen Rettungsaktionen haben sie in den letzten Jahren versucht das Ende hinauszuzögern, die Schuldenkrise mit noch mehr Schulden bekämpft. Ohne die EZB bricht aber das Kartenhaus Euro endgültig zusammen. Der freie Fall wird demnächst in einem sehr schmerzhaftem Aufprall enden.
Der kommende Finanz-Crash wird epochale Ausmaße annehmen
Die Uhr tickt. Wir haben das doch alles schon einmal gesehen. Es war der Crash von 1929, die Große Depression, die Währungskriege, der Weltkrieg. Jetzt sehen wir dasselbe noch einmal. Die Panik von 2008, und zurzeit gibt es in einer Vielzahl von weltweiten Ländern eine Große Depression. Die Handelskriege heizen sich auf, die Währungskriege halten an, und als nächstes kommt der Weltkrieg. Was wir jetzt haben, ist, dass die Menschen bis ins Mark spüren, dass hier etwas nicht stimmt.
Der einzige Grund, warum die Weltwirtschaft in der jetzigen Phase überhaupt noch am Abgrund wandelt, ist, weil alle Zentralbanken Geld drucken.
Prof. Dr. K.A. Schachtschneider: Es wird Zeit zum Widerstand
Prof. J. Starbatty warnt vor einer europäischen Katastrophe
Max Otte, Ökonom und Investor
„Wir haben nicht den Euro gerettet oder Europa vor einem Krieg bewahrt. Griechenland hatte einen Einbruch von 20% der Wirtschaftsleistung zu verkraften. Die Arbeitslosigkeit nähert sich 30%, die Jugendarbeitslosigkeit 50%. Ebenso in Spanien. Sieht so eine Rettung aus? „Gerettet“ haben wir die Gläubiger und die Finanzeliten – auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger im Norden UND im Süden. Und dafür haben wir unser Rechts- und Geldsystem zerstört!“ (7.12.2012)
Es wird Zeit dafür, dass die Bürger Europas am 25.05. die Weichen wieder richtig stellen und damit vielleicht noch Bürgerkriege in Europa verhindern. Dumpinglöhne bei uns und Massenarbeitslosigkeit bei den PIIG(F)S. So nicht!!
Teil II
Der Euro gefährdet den Frieden
14.12.2011. Auch nach dem Gipfel ist der Euro noch lange nicht gerettet. Er hat die Krise mit verursacht und spaltet Europa: Ohne den Euro hätten wir weniger Probleme.
Die Transferunion führt zu Unfrieden. Das ist es, das hässliche Wort Krieg. Sagte nicht einst Helmut Kohl, der Euro sei "eine Frage von Krieg und Frieden"? Nun kommt tatsächlich feindselige Rhetorik auf – weil Deutschland nicht bereit ist, eine Transferunion zu schaffen und die Staatsfinanzierung über die Notenpresse zuzulassen.
"Die Einführung des Euro hat Spannungen und Konflikte innerhalb Europas geschaffen, die es andernfalls nicht gegeben hätte", lautet Feldsteins Fazit. Es ist schwer, ihm da zu widersprechen.
"EZB-Geldflut erinnert an die Kriegsfinanzierung"
10.03.2012. Ex-Bundesbank-Chef: "Die EZB riskiere mit ihrer Geldflut eine Inflation", sagt Ex-Bundesbank-Chef Schlesinger. Er warnt vor katastrophalen Folgen für die Bürger. (489,2 Mrd. € im Dezember 2011 und 529,5 Mrd. € im Februar 2012).
Anders gesagt werden die Zahlungsbilanz-Defizite der anderen auf diese Weise von der Bundesbank mitfinanziert, eine Art Exportfinanzierung für deutsche Unternehmen. Wir bieten quasi noch einen Anreiz, dass etwa Griechenland mehr importiert als selbst ausführt, also über seine Verhältnisse lebt.
Prof. Wilhelm Hankel: "Am Ende steht eine Währungsreform, bei der man alles verliert"
Die EZB läuft seit 2007 auf Dauernotbetrieb. Ohne die Maßnahmen à la ELA, LTRO, Target II, OMT, SMP, STEP und Dauerniedrigstzinsen wäre die Eurozone schon vor Jahren unkontrolliert kollabiert. Selbst der EFSF, EFSM und ESM haben nur eine temporäre Entlastung gebracht, die Südzone steckt in der Wettbewerbs- und Überschuldungsfalle des Euro. Der Aufprall steht kurz bevor.
Zum Glücksfall Euro kommentiert Prof. Georg Milbradt (CDU):
25.03.2013. Da der Euro in entscheidenden Punkten falsch konstruiert, schlecht gemanagt und vor allem politisch missbraucht worden ist, war er die größte wirtschaftspolitische Fehlentscheidung in Deutschland nach dem Kriege. Alle der Bevölkerung vor der Euro-Einführung gegebenen Versprechungen sind gebrochen, Recht und Verträge missachtet sowie politisches und wirtschaftliches Kapital leichtfertig verspielt worden, weil man der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen wollte. Europa ist nicht gestärkt, sondern geschwächt worden. Der Unfrieden und der Streit haben zugenommen.
Ich befürchte, dass der Euro nicht der Zement ist, der Europa zusammenhält, sondern Dynamit, das die bisherigen Erfolge der Europäischen Integration gefährdet. Der Euro in der heutigen Form schafft nicht Frieden, sondern Unfrieden, Streit und Nationalismus.
Jens Weidmann: „Was die EZB betreibt ist „Alchemie mit anderen Mitteln", wusste schon Goethe. Er wusste, wovon er redete. Er arbeitete als Finanzminister in Weimar“.
Zum Untergang der Eurozone kommentiert Prof. Kirchhof, ehemals Richter am BVG:
12.07.2012. Paul Kirchhof zur Krise der EU: "Die EU steckt in der Krise, weil Recht mit Füßen getreten wurde. Und wir spielen weiter mit dem Feuer: Eine Instabilität des Rechts wiegt schwerer als eine Instabilität der Finanzen. Wer das nicht begreift, dem hilft auch keine Zentralgewalt mehr". Der EZB ist es ausdrücklich untersagt, die Staatshaushalte zu finanzieren und dafür Staatsanleihen zu kaufen.
Die Geldschwemme der Notenbanken von USA, EU, Japan und Grossbritannien ist ursaechlich fuer die derzeitigen Schwierigkeiten der Schwellenlaender. Niedrigstzinsen fuehrten dazu, dass man hoeher verzinsliche Anlagen auch bei hoeherem Risiko in den Schwellenlaendern suchte. Der Kapitalstrom kehrte sich um, als die FED mit dem Tapering anfing.
Der gemeinsame Nenner aller dieser Krisenerscheinungen ist die Ueberschuldung von Staat, Wirtschaft und privaten Haushalten. Ohne Ueberschuldung waere in den alten Industrielaendern keine Geldschwemme noetig. Ohne Geldschwemme waere den Schwellenlaendern die Verfuehrung zu steigender Verschuldung durch niedrige Zinsen erspart geblieben.
Unterdessen steigt die Verschuldung allenthalben weiter. Bis wohin eigentlich?