Noch scheuen sich die Geldpolitiker um Fed-Chefin Janet Yellen, erstmals seit Jahren wieder am Geldhahn zu drehen. Allerdings könnte die US-Notenbank noch in diesem Jahr handeln – und damit auch die Konjunktur im Euroraum anschieben. Seit Ende 2008 liegen die Zinsen in den USA, zu dem Banken Zentralbankgeld leihen können, auf dem Tief zwischen null und 0,25 Prozent.
Ein Hauptgrund sind die jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten. Im August hatte ein Kurssturz in China Europas Börsen in einen Abwärtsstrudel gezogen und an der Wall Street für massive Verluste gesorgt. „Wir achten insbesondere auf China und aufstrebende Märkte“, sagt Yellen. Die Fed spricht von „globalen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen“, die den Aufschwung gefährden könnten.
Nein. Am wichtigsten sind hohe Beschäftigung und ein stabiles Preisniveau. Die Inflation liegt aber noch deutlich unter dem Zielwert von zwei Prozent, und vom Arbeitsmarkt kommen trotz hoffnungsvoller Zeichen zwiespältige Signale. Aus Sicht von Ökonomen wie Deutsche-Bank-Chefvolkswirt David Folkerts-Landau ist eine Zinserhöhung angesichts der US-Konjunktur aber schon lange überfällig: „Die US-Wirtschaft dürfte weiter kräftig wachsen, es herrscht praktisch Vollbeschäftigung und die Inflation, obwohl auf niedrigem Niveau, sollte sich in Richtung Zielwert der Fed von zwei Prozent bewegen.“ Die aktuelle US-Konjunkturlage verlange eine Bewegung hin zu Leitzinsen zwischen 2 und 3 Prozent.
Die Mehrzahl der Notenbanker ist nach wie vor der Meinung, dass die Fed das Ende ihre Nullzinspolitik noch dieses Jahr einläuten sollte. Der Offenmarktausschuss tagt bis Jahresende nur noch zweimal: Ende Oktober und am 16. Dezember. Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, erwartet spätestens im Dezember die Zinswende: „Reagieren Janet Yellen und ihre Kollegen auch nicht zum Jahresende, verspielen die Notenbanker ihre Glaubwürdigkeit.“
Nach Einschätzung vieler Beobachter schon. „Einen Zeitpunkt, zu dem eine Zinserhöhung in einer völlig stabilen weltwirtschaftlichen Situation erfolgt und keine Risiken birgt, wird es kaum geben“, warnt Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise. Das Problem ist, dass der Druck mit jedem Aufschub zunimmt. Schließlich soll beim ersten Zinsschritt nicht der Eindruck entstehen, dass die Ära des ultrabilligen Geldes schlagartig vorüber ist. „Die Haltung der Geldpolitik wird vermutlich noch für einige Zeit nach der anfänglichen Erhöhung der Leitzinsrate hochexpansiv bleiben“, versichert Yellen deshalb.
Mit den Mini-Zinsen hatte die Fed auf die Finanzkrise von 2008 und die folgende Rezession reagiert. Bei niedrigen Zinsen investieren Unternehmen tendenziell mehr, Verbraucher geben mehr Geld aus. Das schiebt die Konjunktur an.
Höhere Zinsen verhindern Blasen etwa an Immobilien- und Aktienmärkten sowie eine zu hohe Inflation. Banken verleihen mehr Geld, statt es zu parken. Für viele Sparer sind Zinserträge auch eine wichtige Einnahmequelle. Allerdings würde der Dollar an Wert gewinnen, wenn gleichzeitig andere Notenbanken auf Null-Zins-Kurs bleiben. Das hätte zwei Konsequenzen, betont Targobank-Chefvolkswirt Otmar Lang: „Zum einen brächen die US-Exporte weg, zum anderen würden aus den Schwellenländern sehr hohe Geldbeträge abfließen und dort einen dramatischen konjunkturellen Einbruch herbeiführen. Und das könnte die gesamte Weltwirtschaft schwer in Mitleidenschaft ziehen.“
Nein. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird die Geldschleusen noch lange weit geöffnet und den Zins nahe der Nulllinie lassen. EZB-Präsident Mario Draghi hat sogar weitere Lockerungen in Aussicht gestellt. Liane Buchholz vom Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB) rechnet frühestens 2017 mit einem ersten Zinsschritt: „Die extreme Niedrigzinsphase in Europa wird uns noch länger begleiten.“ Das ist gut für Häuslebauer, die ihre Immobilie extrem günstig finanzieren können. Aber es ist schlecht für Sparer, weil vermeintlich sichere Anlagen kaum Geld abwerfen.
Steigen die Zinsen in den USA, aber nicht in Europa, gewinnt der Dollar gegenüber dem Euro an Wert. In Dollar gehandelte Importe wie Rohstoffe werden so im Euroraum teurer. Das stärkt den mickrigen Preisauftrieb. Gleichzeitig werden hiesige Produkte auf dem Weltmarkt günstiger. Das befeuert den Export und die Konjunktur im Euroraum.
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Was für eine gewaltige Wende, 0,25%. Eine Welt bricht zusammen.
Für mehr reicht es leider nicht da die meisten Staaten und Firmen dann pleite sind. Was dann VW mit ihren 100 Milliarden Schulden machen wird der VW Aktionär noch zu spüren bekommen.
Also wenn mans auf Straßenjargon übersetzt heisst die Entscheidung nur: Bricht sich die FED-Clique selbst die Beine oder warten Sie bis jemand kommt und Ihnen die Beine bricht! Russland begibt Anleihen Mitte 2016 in Yuan, will seine BIZ-Zentralbank abschaffen, China ist im IWF und legt bald seinen Wechselkurs auf einen Währungskorb gerechneten Kurs weg von der Dollarbindung! (Ja, China darf das, da Ihre NATIONALbank staatlich ist)! Also gespannt...
@Trautmann.
Sie sollten Ihre Ängste etwas nach hinten stellen. Auch dazu gabs heute in allen Gazetten Berichte: Männer mittleren Alters haben ganz besonders Angst vor der Zukunft.
Wieso ist diese Angst gerade in einem der reichsten Länder dieser Welt am ausgeprägsten? Angst vor Verlust des Reichtums? Angst vor Abstieg? Angst vor dem eigenen Wohlergehen und das ggf. nicht verdient zu haben?
Ich kann das alles nur zum Teil verstehen und wäre über ein Analyse bzw. Ihre Einschätzung dankbar. UNd ganz wichtig: Wieso glaubt jeder der Ängstlichen, dass genau er etwas erkennt im System was sonst selbst Fachleute zu übersehen scheinen?
wir wachsen doch in Europa! Zumindest was die Anzahl der hier lebenden Menschen
angeht....die neuen Mitbürger -wie schon oft ge- und beschrieben- werden helfen das Wachstum in Europa anzukurbeln und Sozialsysteme mit zu finanzieren. Lt. unseren Wirtschaftsweisen wird alleine ihre Anwesenheit einem Konjukturpromm gleichkommen.....unabhängig von Bildung und Integration! Europa kann doch Geld drucken..Schulden machen....kostet ja nix...ich frage mich nicht mehr woher das Geld für Unterkünfte, Versorgung, neue Lehrer etc kommt... aber wehe ...wenn die Steuereinnahmen rückläufig sind oder vielleicht Zinsen steigen oder oder oder ...ALLES WIRD GUT...
Ökonom Sinn behauptet ja immer, das durch Strukturreformen, Lohn- und Sozialsenkungen, Währungsabwertungen neue Jobs und Nachfrage entstehen würden. Ich frage mich dann aber, wo die Nachfrage und das erhoffte Wachstum entsteht, wenn ich als Arbeitnehmer nur noch so wenig verdiene, dass ich gerade mal so den Monat überleben kann. Mindestlohn bei einem Single = 1000 € netto. Soll mir Prof. Sinn mal erklären, wie ich davon Nachfrage und Wirtschaftswachstum schaffen soll. Ich glaube eher es geht nur noch darum, den Besser- und Bestverdienenden im Land ein Dienstleistungsprekariat zur Verfügung zu stellen, welches entrechtet und finanziell lebenslang versklavt den Globalisierungsgewinnern und den Oberschichten dient. Mittelschicht gibt es dann nicht mehr. Nur noch Bonzen und Tagelöhner. Die Amis zeigen ja, wie es geht.
Wo soll übrigens in den westlichen Industrienationen überhaupt noch das benötigte starke Wirtschaftswachstum herkommen, wenn hier alles immer mehr prekarisiert wird?
Wie soll etwas wachsen, wenn überall massiv eingespart und wegrationalisiert wird?
Verstehe die Logik dahinter nicht, wie diese Wirtschafts-, Sozial- und Familienpolitik nachhaltig für zunehmende Konsumnachfrage einhergehend mit starkem Wirtschaftswachstum sorgen soll, wenn die möglichen Noch-Konsumenten durch Strukturreformen = Lohnstragnation und Sozialabbau über immer weniger Geld verfügen, wo soll da in einer Volkswirtschaft nachhaltiges Wachstum entstehen.
Die ganze Weltwirtschaft läuft praktisch nur noch über "Schuldenmachen". Dass die Zinsen wieder erhöht werden , hört man hauptsächlich von den Banken, und das schon seit mehreren Jahren. Für mich sind Kommentare von Bankanalysten wie Armenmärchen.
Über 50 % der amerikanischen Bevölkerung leben am oder unter dem Existenzminimum.
Und wir Deutsche und die EU sind gerade dabei, es den Amis nachzumachen.
Man kann nur festhalten: In der Geldanlage und betreff erfolgreichem wirtschaften geht ohne die USA nix.
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Ihre Aussage ist Realsatire, oder?
Knapp 19 Billionen US-Dollar Staatsverschuldung, was soll daran erfolgreiches wirtschaften sein?
Oder bedeutet für Sie der Begriff „Schuldgeldsystem“, dass Staaten, Wirtschaft und Private sich unendlich weiter verschulden können?