Europäische Union EU-Kommission verspricht in der Kapitalmarktunion mehr Transparenz für Investoren

Durch die Informationsplattform „European Single Access Point“ sollen Anleger künftig leichter in der EU investieren können
Brüssel Die EU-Kommission hat am Donnerstag vier neue Gesetzesvorschläge vorgelegt, die den Weg zu einem einheitlichen Finanz- und Kapitalmarkt in der Union ebnen sollen. Dazu gehören Schritte zur Schaffung von mehr Transparenz, die Verbesserung des Anlegerschutzes, die Vereinfachung des Zugangs zu Finanzdaten sowie Erleichterungen bei der Auflage europäischer langfristiger Investmentfonds.
Das Paket kommt sechs Jahre nachdem die EU ihren ersten Vorschlag für eine Kapitalmarktunion präsentiert hat. Diese soll Barrieren zwischen den nationalen Finanzmärkten abbauen, Unternehmen die Kapitalbeschaffung erleichtern und die Bedingungen für Investoren optimieren. Bislang hat die EU gerade gegenüber den USA einen Wettbewerbsnachteil bei der Finanzierung von Wachstumsunternehmen und neuen Technologien auszugleichen.
Aber auch nach der langen Vorbereitungszeit gibt es Kritik an der Initiative: „Das Paket ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber kein großer Wurf“, klagt der CSU-Europaabgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Markus Ferber. „Wenn die EU in der geopolitischen Champions League mitspielen will, brauchen wir auch ein entsprechendes Finanzsystem“, betont Ferber. Die aktuellen Vorschläge seien allenfalls „ein vorsichtiger Anfang“. Die kniffligen Themen rund ums Insolvenz- und Steuerrecht habe die EU-Kommission erneut ausgeblendet.
Teil des Pakets ist eine zentrale Datenbank mit Informationen über die Finanzen und Nachhaltigkeit von Unternehmen. Durch die EU-weite Informationsplattform „European Single Access Point“ sollen Anleger leichter in der EU investieren können. Auf der Plattform sollen zentral Informationen über börsennotierte Unternehmen, aber auch kleinere Firmen gelistet werden.
Anleger sollen außerdem künftig die Kurse von Aktien und anderen Finanzprodukten an allen europäischen Handelsplätzen vergleichen können. Ein zentrales Register, genannt „Consolidated Tape“, soll diese Informationen in Echtzeit bündeln – zurzeit sind sie nicht einheitlich verfügbar. Das soll mehr Transparenz schaffen und die europäischen Märkte enger verbinden.
Der deutsche Fondsverband BVI lobt die Initiative, weil sie helfe, die Kosten für alle Marktteilnehmer zu senken. Gleichzeitig betont die Fondslobby aber, dass das Problem der immer höheren Preise für Marktdaten damit noch nicht gelöst sei.
Strengere Regeln für Investmentfonds
Vor dem Hintergrund des Brexits sieht das Gesetzespaket zudem strengere Regeln für Investmentfonds vor, die aus dem Ausland gesteuert werden. Das soll sogenannten Briefkastenfirmen entgegenwirken, die zwar in der EU registriert sind – zum Beispiel in Staaten mit niedrigen Steuern wie Luxemburg –, aber wesentliche Funktionen und Vermögen ins Ausland verlagern.
Für Ferber ist dieser Teil der EU-Initiative ein wichtiges Signal an das Vereinigte Königreich und den Finanzplatz London: „Es geht nicht, dass systematisch EU-Recht ausgehöhlt wird, indem Fonds ihre wesentlichen Dienstleistungen auslagern. Das ist auch eine Frage gleicher Spielregeln im Binnenmarkt und des Verbraucherschutzes.“
Der Kommissionsvorschlag sieht darüber hinaus Einschränkungen des Geschäftsmodells von Neobrokern wie Trade Republic vor. Konkret geht es um das Verbot des „Payment for Order Flow“, im Rahmen dessen Retailbroker ihren Kunden kostenlosen oder sehr günstigen Wertpapierhandel anbieten, die Kauf- und Verkaufsaufträge dann aber gegen eine Rückvergütung exklusiv an einen zentralen Marktteilnehmer weiterleiten.
Für Ferber ist das ein wichtiges Thema: „Es stellen sich offensichtliche Fragen nach Interessenkonflikten des Brokers, Kostentransparenz und Ausführungsqualität. Wir müssen aber schauen, ob wir gleich zur ‚nuklearen Option‘ eines Verbots greifen sollten.“ Ferber betont: „Am Ende des Tages geht es bei der Kapitalmarktunion auch darum, den Zugang zu den Finanzmärkten zu demokratisieren.“
Topbanker mahnen zu mehr Tempo
Jetzt müssen sich das Europaparlament und die EU-Staaten mit den Gesetzesvorschlägen befassen. Beide Institutionen können noch Änderungen vornehmen, bevor das Paket endgültig verabschiedet wird. Ein Prozess, der sich erfahrungsgemäß hinziehen kann.
Dabei haben europäische Topbanker in der vergangenen Woche noch einmal angemahnt, dass die EU auf dem Weg zur Kapitalmarktunion viel zu langsam vorankomme. Ohne einen echten Binnenmarkt in der Union flössen Investitionen und Innovationen zu oft in Richtung USA ab, warnten Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing und BNP-Paribas-Chairman Jean Lemierre auf dem virtuellen Branchentreff European Banking Congress (EBC).
Sewing verwies darauf, dass der Corona-Impfstoffhersteller Biontech aus Mainz in New York an die Börse ging und nicht in Europa. Das müsse sich ändern, denn „irgendwann, wenn die Finanzierung anderswo gemacht wird, das sage ich Ihnen, dann wird auch die Technologie woanders sein“.
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