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EZB-Präsident Trichet kämpft einen verlorenen Kampf

Nach dem Kauf von Anleihen finanzschwacher Euro-Länder und dem Rücktritt von Chefvolkswirt Jürgen Stark kämpft Notenbankchef Jean-Claude Trichet um seinen Ruf. Um die EZB selbst ist es jedoch noch schlimmer bestellt.
13.09.2011 - 14:20 Uhr 13 Kommentare
Notenbankchef Jean-Claude Trichet kämpft seine letzten Gefechte. Quelle: Reuters

Notenbankchef Jean-Claude Trichet kämpft seine letzten Gefechte.

(Foto: Reuters)

Basel/ Frankfurt Der graue Seitenscheitel sitzt perfekt, sein dunkelblauer Anzug auch, und seine Worte sollen beruhigen: Die Weltwirtschaft habe an Schwung verloren, ja, aber eine Rezession, nein. Und die Europäische Zentralbank (EZB) habe weder durch den Kauf von Anleihen finanzschwacher Euro-Länder noch durch die jüngsten Rücktritte an Glaubwürdigkeit verloren.

Jean-Claude Trichet übt sich weiter in der Rolle des französischen Preuße, pflichtbewusst und unbeirrt. Der 69-Jährige steht seit 2003 an der Spitze der EZB seit 2003. Ende Oktober löst Mario Draghi ihn ab. Doch seine letzten sechs Wochen sind die schwersten. Der Franzose kämpft seine letzten Gefechte.

Der Rücktritt des deutschen "Falken" Jürgen Stark am Freitag als EZB-Chefvolkswirt, der unter anderem die sowieso schon umstrittenen Anleihekäufe nicht weiter mittragen wollte, fordern ihn als EZB-Chef noch einmal heraus. Trichet, der anders als Stark und der im Februar ebenfalls zurückgetretene Bundesbank-Chef und EZB-Ratsmitglied Axel Weber als Pragmatiker gilt, sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Denn nach seiner Lesart muss die EZB nur Lückenbüßer spielen, weil die EU-Regierungen nicht schnell genug den Euro-Rettungsfonds in Stellung bringen.

Doch Lückenbüßer hin oder her, der Anleihekauf ist ein Vertragsbruch, denn damit ist die Trennung von Fiskal- und Geldpolitik aufgehoben. Und als EZB-Chef davon auszugehen, dass die Staatschefs es ernst gemeint haben, als sie ihm gegenüber beteuerten, die EZB müsse die Staatsanleihen nur kaufen, bis der EFSF, der Krisenfonds für Europa, einsatzfähig sei, war leichtgläubig. Trichet hätte es sich schriftlich geben lassen sollen. Dokumentiert ist das nirgendwo.

Keine Lösung ist außerdem, sich lautstark auf die Leistungen der EZB bei der Gewährleistung von Preisstabilität zurückzuziehen. Das weiß auch Trichet. Das ist ein völlig anderes Feld, das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Das eine ist Geldpolitik, das andere Fiskalpolitik, in der sich Trichet gerade übt. Und wenn es schlecht läuft, wird man den EZB-Chef genau dafür in Erinnerung behalten: als den Präsidenten, der durch sein fiskalpolitisches Engagement die Glaubwürdigkeit der EZB ruiniert hat.

Sicher ist nur eins. Trichet ist in den letzten Wochen um Jahre gealtert - und er hat seine Gemütsruhe verloren. So rastete er in der monatlichen Pressekonferenz der EZB am Donnerstag aus. Und das ist auch kein Wunder für einen, der sich einst als "Klon" von Hans Tietmeyer darstellte, die Personifizierung der deutschen Stabilitätspolitik. Seinem Nachfolger wird Trichet ein schweres Erbe hinterlassen.

Trichet ist zwar Franzose. Doch auf politischen Rückhalt aus Paris braucht er nicht zu zählen. Im Gegenteil. Für Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy ist Trichet mit seiner sturen Haltung eine regelrechte Reizfigur.

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13 Kommentare zu "EZB-Präsident: Trichet kämpft einen verlorenen Kampf"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Wer wie Jean-Claude Trichet das Geld fremder Leute bewirt-
    schaftet neigt zur Nachlässigkeit und Verschwendung und
    versucht sich dadurch zu rechtfertigen, daß er auf dem
    Anleihenmarkt interveniert um das Entstehen einer ähnli-
    chen Situation wie nach dem Konkurs von Lehman Brothers
    im September 2008 entgegenzuwirken.
    Dabei hat Jean-Claude Trichet offensichtlich übersehen,
    daß die Lehman Brüder für ihre kriminellen Geschäftsprak-
    tiken als einzige Bank zur Rechenschaft gezogen wurde,
    was bei Jean-Claude Trichet, mit der Vernichtung des
    deutschen Volksvermögens, noch aussteht!!

  • mehr und mehr muss man den Eindruck gewinnen, dass die Handelsblatt Redaktion sich an einem Zerfall des Euro erfreuen würde. Ich finde dass es sich damit als seriöses Nachrichtenblatt disqualifiziert. Die Anleihenkäufe, wenn erfolgreich, verhindern ja eine schwere Deflation, welche mehr als wahrscheinlich aus monetären Gründen auf eine Pleite von z.B. Italien folgen würde (ein Schuldenschnitt senkt die Geldmenge, das ist ziemlich banal). Damit ist dies natürlich Teil der Geldpolitik.

  • Die Geldpolitischen Verwerfungen verdanken wir ausschliesslich der Fed. Die EZB hat 1 Mandat, sie hat sich auch mehr oder weniger pragmatisch an dieses Mandat gehalten. Den einzigen Fehler den ich ihr vorwerfe ist, dass sie diesen Unterschied nicht mit Nachdruck deutlich gemacht hat, und als Ausgleich fuer die unstabile Geldpolitik der Fed nicht andere regulative Mechanismen in Europa angedacht und durchgesetzt hat. Schon vor Jahren haette sie die Einfuehrung einer Finanztransaktionssteuer in Europa durchsetzen sollen. Die Einkuenfte haetten in einen Waehrungsfond fliessen koennen, den wir heute dringend als Cashreserve brauchen koennten.

  • Eine Geldpolitik, auch wenn nur nach den Vorstellungen der Deutschen Bundesbank, konnte die EZB nicht praktizieren. Mit den Daten für "Analyse und Politik", die nach den geltenden Bestimmungen des ESVG 95 erfasst und dargestellt werden, ist nicht nur das BIP, ob die darin erfassten Güter und Leistungen verkaufbar sind oder nicht, als volkswirtschaftliche Leistung für die Geldpolitik zugrunde zu legen, sondern als Teil dieser Leistung wird auch die "Produktion" und der Handel von auf Geldnamen und Geld-Betrag lautende "Produkte" (also nichtzur "Realwirtschaft" gehörende Geldware)einbezogen. Das damit für "Analyse und Politik" und also auch für Geldpolitik zur "Realwirtschaft" nichts anzufangen ist, beweist nicht nur die Hilflosigkeit von Politik und EZB, die Krisenursache zu verstehen, geschweige denn, sie zu "bekämpfen". Der Versuch des G20-Gipfels im Februar 2011, mit 5 Indikatoren sie rechtzeitig erfasst und dargestellt zu bekommen, um der Krise entgegenwirken zu können, wird scheitern, wenn nicht damit begonnen wird, zwischen der notwendigen Geldmenge für ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht und der Geldware der "Finanzindustrie" zu unterscheiden. Das ist auch Voraussetzung, um ein "Regulieren der Finanzmärkte" verstehen zu können.
    (s.a. http://diskussion.erkenntniswiderspruch.de)

  • Trichet hat sich nicht so schlecht geschlagen. Wir waeren alle besser dran haetten auch die Fed und ihre Granden sich mehr auf Pragmatismus verlassen als auf die Kristallkugel der Wirtschaftsvorhersagen.

    Was die Anleihenkaeufe betrifft waren sie alternativlos, vorgeschrieben von den Ratingagenturen, die sonst Italien weiter abgestuft haetten, und wo das hinfuehrt das braucht man ja nicht weiter zu eroertern.

    Haetten die Staaten schon frueher die Schieflagen korrigiert haette die ECB nicht so massiv in den markt eingreifen muessen. Auch darin hat er recht.

    Es ist schon erstaunlich mit welcher Naivitaet bei HB und anderswo argumentiert wird.

  • In Sachen EU vs. Demokratie, klickt mal hier !!

    http://info.kopp-verlag.de/video.html?videoid=23

  • Eine kleine Anmerkung noch zu Ihrem Titel.
    "Trichet kämpft einen verlorenen Kampf"

    Es handelt sich offensichtlich um einen kleinen Tippfehler, richtig müsste es heißen:

    "Trichet kämpft einen verlogenen Kampf"

    Herr Trichet wenn Sie der EZB wiklich was Gutes tun wollen, dann treten Sie zurück!

  • Der beste Handwerker wird kaum etwas ausrichten können wenn er keine Werkzeuge dafür hat.
    In 7 Jahren ist ein Deutscher dran, mal sehehn was der kann.

  • Ein „Starkes“ Zeichen, sein Rücktritt!

    Jetzt sind bei der EZB die „Weichwährungsmacher“ und „Politbürohörigen“ an der Macht. Endlich ist es soweit, dass in der EZB die finanzpolitischen Vorgaben der Transferunionsanhänger und Schuldenmacher umgesetzt werden können.

    Das neue Regelwerk der EZB:
    1. Sparer werden mit hohen Inflationsraten bestraft.
    2. Staaten mit einem ausgeglichenen Haushalt werden bestraft, insbesondere Ihre Steuerzahler.
    3. Haushaltssünder werden durch den Aufkauf ihrer Anleihen belohnt.
    4. Durch EURO-Bonds werden die Steuerzahler in den stabilen Staaten bestraft.

    Und welche Lügen sind auf der Homepage der EZB veröffentlicht?

    Vielen Dank Herr Stark, dass Sie uns die Augen für die Realität geöffnet haben, wie die politischen Machtverhältnisse bei der EZB mittlerweile sind. Ich habe volles Verständnis, dass man einer solchen Lügenorganisation nicht mehr angehören mag.

    Die verbliebene EZB ist nur noch ein Lügengebäude, sonst nichts.

    Vertragsbruch Herr Trichet! Ihr Lügengebäude EZB stürzt ein!

  • Tja, die Hochglanzprospekte des Euros sind so langsam verblichen... Die können schon ganz eingestampft werden. Ein neues Kapitel wird geschrieben werden: "Wie kann man zukünftig verhindern, dass utopische "politische Projekte" den Wohlstand ganzer Volkswirtschaften vernichten?"

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