EZB-Umfrage Datenschutz für viele Bürger das wichtigste Thema bei digitalem Euro

Bislang hat die EZB noch kein grünes Licht für einen digitalen Euro gegeben.
Frankfurt Es klingt wie eine Horrorvision von George Orwell. Ein digitaler Euro, der sämtliche Zahlungen nachvollziehbar macht. Das zumindest fürchten Kritiker. Laut einer Konsultation der Europäischen Zentralbank (EZB) von Bürgern und Verbänden im Euro-Raum ist Datenschutz für die Menschen im Hinblick auf einen künftigen digitalen Euro das wichtigste Thema. Mit 43 Prozent steht es bei den Beteiligten an erster Stelle.
Die Konsultation ist Vorläufer der Entscheidung, ob die EZB einen digitalen Euro entwickeln will. Darüber soll ihr Rat Mitte des Jahres entscheiden. Europa hängt hinter Schweden und vor allem China zurück, wo die Notenbank bereits in einzelnen Städten die Digitalwährung E-Yuan testet.
Dort spielt Datenschutz eine geringere Rolle. In Europa dagegen gilt ein weitreichender Schutz der Privatsphäre als Schlüssel für die Akzeptanz. Das will die EZB bei der möglichen Entwicklung eines digitalen Euros berücksichtigen.
„Bei unserer Arbeit wird es vorrangig darum gehen, die personenbezogenen Daten der Nutzer zu schützen und ein hohes Maß an Vertraulichkeit zu gewährleisten“, versprach der zuständige EZB-Direktor Fabio Panetta bei der Präsentation der Ergebnisse der Konsultation im Europaparlament.
Demnach ist der Schutz der Privatsphäre für die meisten Beteiligten (43 Prozent) das wichtigste Thema bei einem künftigen digitalen Euro. Danach folgt die Sicherheit der Digitalwährung (18 Prozent) und eine europaweite Reichweite (elf Prozent).
Die EZB erhielt mehr als 8200 Antworten von Bürgern, Unternehmen und Verbänden. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, weil sie nur die Meinung derjenigen wiedergeben, die sich aktiv geäußert haben. Zum Beispiel kam fast die Hälfte der Teilnehmer aus Deutschland, also weit mehr als der deutsche Anteil an der Bevölkerung der Euro-Zone. Sie geben aber zumindest Hinweise darauf, was sich die breite Öffentlichkeit wünscht.
Panetta vertritt die Position, dass ein digitaler Euro den Datenschutz bei digitalen Zahlungen sogar verbessern würde. Als öffentliche Institution habe die EZB kein Interesse daran, Zahlungsdaten der Nutzer zu monetarisieren oder zu sammeln. „Ein digitaler Euro würde es den Menschen daher ermöglichen, Zahlungen zu tätigen, ohne ihre Daten an Dritte weiterzugeben, außer dies ist gesetzlich vorgeschrieben.“
Datenschutz in unterschiedlichen Stufen
Laut Panetta könnte bei Zahlungen mit dem digitalen Euro Datenschutz in unterschiedlichen Stufen gewährleistet werden. Patrick Hansen, Bereichsleiter Blockchain beim Digitalverband Bitkom, geht davon aus, dass die EZB anonyme Zahlungen in irgendeiner Form zumindest bis zu einem gewissen Betrag möglich machen wird. „Sonst würde sie vor dem Hintergrund der Konsultationsantworten Vertrauen verlieren, und das Projekt des digitalen Euros wäre politisch nicht zu machen.“
Grundsätzlich besteht ein Spannungsverhältnis zwischen Datenschutz und Geldwäschebekämpfung. Hansen hält es für denkbar, dass es zum Beispiel Schwellenwerte geben könnte, bis zu denen anonyme Zahlungen möglich sind, ähnlich wie beim Bargeld. Auch dort gelten in einigen Euro-Ländern Obergrenzen für Barzahlungen, in Italien liegt diese zum Beispiel bei 2000 Euro.
Im Konsultationsverfahren sprachen sich viele Beteiligte für einen digitalen Euro auf Basis einer Offlinelösung aus, also ohne Internetverbindung. Der Vorteil gegenüber einer Onlinelösung wäre aus Datenschutzsicht: Es würde kein zentrales Register geben, das alle Zahlungen erfasst. Nutzer könnten zum Beispiel über Bluetooth oder andere technische Lösungen Zahlungen untereinander abwickeln.
Panetta hält dies bei Zahlungen kleiner Beträge für möglich. „Offline angebotene Kleinbetragszahlungen könnten zwischen dem Zahlungspflichtigen und dem Zahlungsempfänger abgewickelt werden, ohne dass Daten an Intermediäre weitergegeben werden“, sagte er.
Bei elektronischen und Großbetragszahlungen dagegen hält er es hingegen für notwendig, dass die Zahlungsabwickler auf Detailinformationen zugreifen können. „Dennoch könnten Techniken zur Verbesserung des Datenschutzes ein hohes Maß an Privatsphäre gewährleisten.“
Die Beteiligten äußerten im Konsultationsverfahren zudem mehrheitlich die Erwartung, dass ein digitaler Euro in das bestehende Banken- und Zahlungssystem integriert werden soll. Das heißt: Die Bürger hätten kein direktes Konto bei der EZB, sondern würden ihre digitalen Euro weiter über Banken oder andere Dienstleister verwalten.
Mögliche Gefahren für die Finanzstabilität in der Diskussion
Die Hälfte der Beteiligten sprach sich außerdem für Beschränkungen bei der Zirkulation des digitalen Euros aus. Hintergrund sind mögliche Gefahren für die Finanzstabilität.
Eine Befürchtung ist, dass Bankkunden in Phasen der Unsicherheit ihre Konten sehr schnell räumen und in digitales Zentralbankgeld umtauschen. Das könnte in einer Finanzkrise die Gefahr eines sogenannten Bankruns erhöhen. Um dem vorzubeugen, werden verschiedene Modelle diskutiert.
EZB-Direktor Ulrich Bindseil hat beispielsweise vorgeschlagen, die elektronische Währung niedriger zu verzinsen als Bankeinlagen, um ein großes Umschichten zu vermeiden.
Bislang hat sich die EZB noch nicht offiziell festgelegt, ob sie das Projekt eines digitalen Euros verfolgen will. Wenn der EZB-Rat Mitte des Jahres grünes Licht gibt, ginge es in der nächsten Phase darum, ein Konzept zu entwickeln. Nach optimistischen Schätzungen könnte das etwa zwei Jahre dauern.
Danach müsste der EZB-Rat erneut entscheiden und sich gegebenenfalls auf ein Konzept festlegen. In der Testphase danach würde diese Variante konkret zum Beispiel in einzelnen Metropolen getestet, so wie derzeit in China die Tests bereits laufen. Das könnte noch mal mindestens zwei bis drei Jahre dauern.
Mehr: Braucht Europa einen digitalen Euro? Ein Pro und Contra
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Liebe Eurokraten,
nicht wieder das Rad neu erfinden! Es gibt bereits Payment-Systeme, die den Schutz der Privatspähre in den Vordergrund stellen, z.B. GNU Taler https://taler.net/de/