Fallende Preise in der Euro-Zone Kopfschmerzen für Draghi

Für den Notenbankchef gab es heute gute und schlechte Nachrichten vom europäischen Statistikamt Eurostat.
Frankfurt Die Preise im Euro-Raum sind im April gesunken. Die Verbraucherpreise fielen im Jahresvergleich um 0,2 Prozent, berichtete das europäische Statistikamt Eurostat am Freitag in einer ersten Schätzung in Luxemburg. Im März hatte die Inflationsrate 0,0 Prozent betragen. Grund für den Preisrückgang war vor allem der Verfall des Ölpreises. Allerdings sank auch die um Energie- sowie Nahrungsmittelpreise bereinigte Kernrate von 1,0 auf 0,8 Prozent.
Was Verbraucher freut, bereitet der Europäischen Zentralbank (EZB) und ihrem Chef Mario Draghi Sorgen. Die Notenbank strebt für das Ziel der Preisstabilität eine Inflation von knapp zwei Prozent an. Negative Teuerungsraten nähren die Sorge vor einer sogenannten Deflation, das ist eine verhängnisvolle Spirale aus dauerhaft fallenden Preisen und einer schrumpfenden Wirtschaft.
Commerzbank-Ökonom Christoph Weil rechnet damit, dass sich an der schwachen Preisentwicklung auch im Jahresverlauf wenig ändern dürfte. „Deshalb halten wir es für wahrscheinlich, dass die EZB zum Jahresende noch einmal nachlegt,“ sagt er.
Erst im März hat die EZB ihre Geldpolitik gelockert. Sie senkte den Leitzins auf null Prozent. Zu den beschlossenen Maßnahmen gehören auch mehr monatliche Anleihekäufe der EZB, ein höherer Strafzins für Banken und eine Prämie für Institute, die mehr Kredite vergeben. All das drückt die langfristigen Zinsen und soll die Inflation im Euro-Raum anfachen - bislang jedoch ohne sichtbaren Erfolg.
Einen positiven Effekt hatte schwache Preisentwicklung jedoch offenbar auf das Wachstum im Euroraum. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg in den ersten drei Monaten laut den Zahlen von Eurostat um 0,6 Prozent zum Vorquartal. Das ist der kräftigste Zuwachs seit einem Jahr. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Plus von 0,4 Prozent gerechnet.