Fed-Maßnahmen US-Notenbank sprengt im Kampf gegen das Coronavirus alle Grenzen

Der Fed-Chef hat in den vergangenen Wochen mehrere Maßnahmen verkündet, um die Wirtschaft zu stabilisieren.
New York Die US-Notenbank Federal Reserve startet die Woche mit neuen, historischen Maßnahmen im Kampf gegen die Coronakrise. So kündigte sie am Montag kurz vor Handelsstart in New York an, unbegrenzt Anleihen zu kaufen, um Störungen an den Märkten zu bekämpfen.
Erst vergangene Woche hatte sie angekündigt, mindestens 500 Milliarden Dollar in Staatsanleihen und mindestens 200 Milliarden Dollar in hypothekenbesicherte Wertpapiere, sogenannte Mortgage-Backed Securites (MBS), zu stecken. Doch die Rekordsumme an sogenannter quantitativer Lockerung reicht offenbar nicht aus.
Allein diese Woche werde die Fed Papiere im Wert von 625 Milliarden Dollar übernehmen, nachdem sie in der vergangenen Woche bereits gut 350 Milliarden Dollar in Staatsanleihen und MBS gesteckt hat. Auch will die Notenbank MBS für Gewerbeimmobilen kaufen, weil auch dieser Markt in den vergangenen Tagen praktisch eingefroren war.
In einer Stellungnahme der Notenbank heißt es: „Große Unsicherheiten bleiben, doch es ist klar geworden, dass unsere Volkswirtschaft ernsthaften Störungen ausgesetzt sein wird.“ Der öffentliche und der private Sektor müssten daher „aggressive Schritte gehen, um den Verlust an Arbeitsplätzen und Einkommen zu begrenzen und eine schnelle Erholung sicherzustellen“.
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Die Fed setzt auf eine Mischung aus neuen und erprobten Maßnahmen, die bereits in der Finanzkrise 2008 zum Einsatz kamen, um ihren Teil dazu beizutragen. Dabei hat sie große und kleine Unternehmen im Fokus, ebenso wie Banken und Verbraucher.
Neu ist unter anderem das sogenannte „Main Street Business Lending Program“, mit dem die Notenbank Kredite an kleine und mittelständische Unternehmen vergeben will. Das Programm werde derzeit noch ausgearbeitet und bedarf finanzieller Unterstützung des Finanzministeriums. Doch es wäre eine Lösung für das dringende Problem, die Firmen mit Liquidität zu versorgen, die bei den Banken abblitzen.
Kreditvergabe soll erleichtert werden
Die großen Wall-Street-Häuser wägen derzeit genau ab, wie viele Kredite sie vergeben. Einerseits wollen sie für ihre Kunden da sein, andererseits wollen sie keine unnötigen Risiken eingehen, um ihr Institut bei Zahlungsausfällen nicht in Schwierigkeiten zu bringen.
Die Fed arbeitet seit Wochen gemeinsam mit den Banken an Wegen, um die Kreditvergabe zu erleichtern, und forderte die Banken mehrfach dazu auf, ihre Liquiditäts- und Kapitalpuffer anzuzapfen. Die Fed will zudem künftig Studien- oder Kreditkartenkredite als Sicherheiten für die Geldvergabe an Geschäftsbanken akzeptieren und startete zum ersten Mal auch den Kauf von Unternehmensanliehen, sowohl für Neuemissionen als auch für bereits bestehende Papiere.
Eine vergangene Woche angekündigte Initiative, um sogenannte Commercial Paper zu stützen – kurzfristige Schuldverschreibungen für Unternehmen –, soll erweitert werden.
„Für die Kreditmärkte ist das ein Wendepunkt“, kommentiert Ebrahim Rahbari, Analyst der Citigroup. „Die Fed vergibt damit effektiv Kredite an den privaten Sektor.“ Das bestätige die Erwartungen, dass die Notenbank „alles tut, was nötig ist, um die Wirtschaft zu stützen“.
Vergangene Woche hatte auch die Europäische Zentralbank EZB Anleihekäufe in Rekordhöhe und weitere Maßnahmen angekündet, um den Finanzmärkten zu helfen.
Wie bereits in den Wochen zuvor verpufften die Maßnahmen an den Märkten. Die Futures auf den S&P 500 schossen direkt nach der Ankündigung der Fed zunächst nach oben und deuteten auf Kursgewinne zum Handelsstart hin. Doch die Aktienmärkte drehten ins Minus. Die großen US-Leitindizes verloren rund ein Prozent und lagen so tief wie zuletzt im November 2016. Damit sind alle Kursgewinne seit der Wahl von Präsident Trump wieder abgegeben.
Mnuchin rechnet mit Einigung bei Rettungspaket
Die Investoren drängen weiter auf groß angelegte Maßnahmen aus der Politik. Am Sonntag waren Verhandlungen über ein billionenschweres Rettungspaket am Widerstand der Demokraten im Senat gescheitert. US-Finanzminister Stephen Mnuchin ging am Montagmorgen jedoch weiter davon aus, noch im Laufe des Tages einen Kompromiss zu finden und weitere Maßnahmen auf den Weg zu bringen.
„Wir stehen kurz vor einem Deal“, versicherte Mnuchin im US-Börsensender CNBC. Zudem arbeite Präsident Donald Trump mit der Steuerbehörde IRS an Möglichkeiten, Unternehmen Geld über die Konten zukommen zu lassen, die für reguläre Steuerrückzahlungen genutzt werden.
Die Zeit drängt. Unternehmen haben längst damit begonnen, Mitarbeiter zu entlassen. Der frühere Chef der New Yorker Federal Reserve, Bill Dudley, warnte unterdessen davor, zu viel Hoffnung in die Notenbanken zu setzen. Die Fed sei nicht dafür ausgestattet, ein groß angelegtes Hilfsprogramm für kleine und mittelständische Unternehmen aufzusetzen. Das werde Wochen dauern, gab er am Samstag im Gespräch mit dem Handelsblatt zu bedenken.
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