Federal Reserve US-Notenbank warnt: Märkte anfällig für eine erhebliche Korrektur

Die US-Notenbank ruft zur Zurückhaltung an den Finanzmärkten auf.
Düsseldorf Steigende Kurse an den Aktienmärkten und bei anderen Anlageklassen sind eine zunehmende Bedrohung für das Finanzsystem, warnt die US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Das System sei zwar trotz der Corona-Pandemie weitestgehend stabil geblieben, allerdings vergrößerten sich die künftigen Risiken.
In ihrem am Donnerstagabend veröffentlichten halbjährlichen Finanzstabilitätsbericht schreibt die Zentralbank, die Bewertung einiger Anlageklassen sei „im historischen Vergleich erhöht“. Dadurch seien sie „anfällig für eine deutliche Korrektur, wenn der Risikoappetit sinkt oder sich die wirtschaftliche Erholung abschwächt“. Auch die Kommunikation über soziale Medien könne starke Kursausschläge in sehr kurzer Zeit hervorrufen.
Die US-Aktienmärkte sind seit dem Corona-Crash massiv gestiegen: Der marktbreite Index S&P 500 legte auf Jahressicht um knapp 48 Prozent zu, der Technologie-Index Nasdaq Composite sogar um knapp 54 Prozent. Auch der Markt der Kryptowährungen hat enorm angezogen, die Marktkapitalisierung aller Digitalwährungen zusammen ist im Jahresvergleich um fast 800 Prozent gewachsen.
Zudem florierte das Geschäft mit traditionellen Börsengängen sowie IPOs von Blankoscheck-Unternehmen, sogenannten Spacs. Diese werden als leere Hülle an die Börse gebracht und müssen innerhalb von zwei Jahren eine Übernahme stemmen. Alleine in den ersten drei Monaten flossen in den USA fast 90 Milliarden Dollar in Spacs.
An dieser Entwicklung hat die Fed mit ihrer expansiven Geldpolitik einen entscheidenden Anteil: Denn indem die US-Notenbank ihre Bilanz vergrößert, gibt sie den Banken Geld, das diese beispielsweise an Hedgefonds zu günstigen Tarifen verleihen. Für die Hedgefonds sind die niedrigen Zinsen eine Einladung, ihre Wetten und damit den möglichen Gewinn über Fremdkapital oder Derivate zu erhöhen. Dadurch treiben sie die Aktienmärkte auf Rekordstände.
Die Fed hatte bislang immer betont, dass sie in den hohen Bewertungen keine Gefahr sieht. So sagte Fed-Chef Powell, die hohen Bewertungen seien gerechtfertigt, solange die Zinsen niedrig seien. Der Leitzins liegt aktuell in einer Spanne zwischen null und 0,25 Prozent. Die Renditen für die maßgeblichen zehnjährigen US-Staatsanleihen liegen bei rund 1,5 Prozent.
In ihrem Finanzstabilitätsbericht weist die Fed jetzt aber ausdrücklich auf die Gefahren hin, die sich aus einer Änderung der Marktstimmung ergäben. „Die Investoren sind überschwänglich und erwarten einen starken Aufschwung“, sagte Fed-Gouverneurin Lael Brainard. „Daher ist es wichtig, die Risiken für das System genau zu beobachten und sicherzustellen, dass das Finanzsystem widerstandsfähig ist.“
Risiken durch Hedgefonds
In ihrem Bericht verweist die Fed zudem auf die möglichen Risiken durch Hedgefonds. Der Kollaps von Archegos Capital Management habe die begrenzten Einblicke von Aufsichtsbehörden in deren Geschäfte veranschaulicht.
Ende März hatten mysteriöse Blockverkäufe im Wert von mehreren Milliarden Dollar den US-Markt erschüttert, später stellte sich heraus, dass sich der US-Investor Bill Hwang mit seinem Family-Office Archegos Capital verzockt hatte.
Die riskanten Wetten von Archegos waren der US-Finanzaufsicht verborgen geblieben, da Family-Offices nur begrenzten Offenlegungspflichten unterliegen. Zudem setzte Hwang spezielle Derivate ein, sogenannte Equity Total Return Swaps. Hwangs Trades sollen hoch gehebelt gewesen sein. Für eine Aktie, die er kaufte, lieh er sich Geld für sieben bis 20 weitere, berichten US-Medien.
Börsenaufsicht SEC will härter durchgreifen
Banken, die diese Art von Geschäften anbieten, sichern sich ab, indem sie den zugrunde liegenden Basiswert kaufen, in diesem Fall unter anderem die Aktien von den Medienkonzernen Viacom CBS und Discovery. Als die Kurse fielen und Archegos die Nachschussforderungen seiner Banken nicht mehr bedienen konnte, kam es zu einem sogenannten Margin-Call. Die Institute warfen hektisch die als Sicherheiten hinterlegten Aktien auf den Markt. Dennoch reichten die Notverkäufe nicht aus, um die Verluste zu decken. Der Schaden der beteiligten Banken summiert sich inzwischen auf über zehn Milliarden Dollar.
Der Kollaps unterstreiche, dass Hedgefonds und andere Finanzinstitute, die keine Banken sind, im Finanzsystem große Verluste verursachen könnten, kommentierte Fed-Gouverneurin Brainard. Wegen der möglichen Auswirkungen auf das allgemeinere Finanzwesen sei es wichtig, dass diese detaillierter und häufiger über ihre Geschäfte berichteten, erklärte sie.
Die Börsenaufsicht SEC kündigte deshalb an, die Zügel anzuziehen. Unter anderem ziehe die Behörde eine Verschärfung der Mitteilungspflichten bei Leerverkäufen und der Wertpapierleihe in Erwägung, sagte der neue SEC-Chef Gary Gensler.
Mit Material von AP und Reuters.
Mehr: Party auf Pump – in den USA steigt mit den Aktienkursen das Risiko für eine große Korrektur
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Es wäre höchste Zeit für Regulierungen. Die Börse ist leider zu oft Spielplatz für gefährliche Wetten und das auf hächstem Niveau durch Banken und andere Institutionen. Hedgefonds, Leerkäufe und Derivate sollten meiner Meinung nach verboten sein, denn sie schaden dem eigentlichen Börsengedanken. Aber Gier wird solange herrschen, bis es wieder so richtig knallt. Dann kommen erneut fromme Wünsche für eine Änderung der Regeln...... und alles geht so weiter wie bisher.