Die Notenpresse der Europäischen Zentralbank (EZB) läuft auf Hochtouren. Vor fast einem halben Jahr (9.3.) haben Europas Währungshüter im Kampf gegen Mini-Inflation und Konjunkturschwäche die Geldschleusen geöffnet. Seither kaufen sie Monat für Monat für 60 Milliarden Euro Staatsanleihen und andere Wertpapiere (Quantitative Easing). Erzielt das viele Geld die erhoffte Wirkung? (Quelle: dpa)
Ziel der Notenbank sind stabile Preise. Darunter verstehen die Währungshüter eine Inflationsrate knapp unter zwei Prozent. Von diesem Wert ist der Euroraum allerdings seit Monaten weit entfernt. Zu Jahresbeginn sanken die Verbraucherpreise sogar. Deshalb befürchteten die Währungshüter eine Deflation, also einen anhaltenden Preisrückgang quer durch die Warengruppen. Mit dem Kauf von Vermögenswerten stemmt sich die EZB dagegen, dass Verbraucher und Unternehmen Anschaffungen in Erwartung weiterer Preissenkungen verschieben und die Wirtschaft erlahmen könnte. EZB-Vize-Präsident Vítor Constâncio ist überzeugt: „Die volle Umsetzung unserer Wertpapierkäufe wird die Inflation wieder auf ein Niveau zurückführen, das mit dem Ziel der EZB im Einklang steht.“
Im Prinzip schon, doch sie hat ihr Pulver weitgehend verschossen. Das gilt vor allem für den Leitzins, das wichtigste Instrument der Geldpolitiker: Eine Zinssenkung verbilligt Kredite und soll Konjunktur wie Inflation antreiben. Doch die EZB hat den Leitzins schon auf 0,05 Prozent gesenkt, also quasi abgeschafft.
Die EZB kauft Wertpapiere bei Banken oder Versicherern. So wird Geld ins Finanzsystem geschleust. Die EZB erwartet, dass das Programm Unternehmen und Verbrauchern hilft, leichter Kredite zu bekommen. Das soll die Investitionstätigkeit steigern, Jobs schaffen und das Wirtschaftswachstum stützen. Dafür druckt sich die EZB quasi selbst Geld, die Menge (Quantität) des Zentralbankgeldes nimmt zu, daher der Begriff „Quantitative Lockerung“ (QE).
Bisher liegt das Volumen der gekauften öffentlichen Papiere bei knapp 290 Milliarden Euro. Zudem kauft die EZB Pfandbriefe (Covered Bonds) und forderungsbesicherte Wertpapiere (ABS).
Ja. Im Juli stieg die Kreditvergabe an den privaten Sektor um 1,4 Prozent, nachdem sie im Vormonat um 0,9 Prozent gewachsen war. Damit zeichnet sich ab, dass die lange Phase mit sinkender Kreditvergabe vorbei sein dürfte. Aus Sicht von BayernLB-Experte Johannes Mayr wächst die Hoffnung, dass der Kreditimpuls die Konjunktur künftig etwas stärker beflügeln wird.
Nein, jedenfalls nicht spürbar. Im August verharrte die jährliche Inflationsrate bei 0,2 Prozent – vor allem, weil die Energiepreise wieder kräftig gefallen sind. Erst kürzlich hatte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet eingeräumt, dass das Risiko gestiegen sei, das Inflationsziel noch länger als vermutet zu verfehlen. Praet betonte aber, dass die EZB nachlegen könnte: „Es sollte keine Zweifel geben bezüglich des Willens und der Fähigkeit des EZB-Rates zu handeln, falls es nötig wird.“ Das Anleihenkaufprogramm weise sowohl beim Volumen als auch bei der Dauer genug Spielraum auf.
Angesichts des Ölpreisverfalls schließen Ökonomen in den kommenden Monaten sinkende Verbraucherpreise nicht aus. Die Allianz hält fest: „Obwohl die EZB bereits seit März dieses Jahres jeden Monat Staatsanleihen und andere Wertpapiere [...] mit dem erklärten Ziel kauft, so das Risiko einer Deflation abzuwenden, ist die Inflationsrate in den letzten sechs Monaten kaum gestiegen und notiert weiterhin nahe Null.“ Die Teuerung zeige sich unbeeindruckt von den geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen der EZB. Trotzdem sei eine Ausweitung des Kaufprogramms nicht ratsam: „Die Verabreichung einer höheren Dosis der falschen Medizin dürfte kaum die Erfolgsaussichten der EZB-Strategie verbessern.“
Die Wirtschaft im Euroraum wuchs im zweiten Quartal um 0,3 Prozent. „Die Frühindikatoren signalisieren, dass das Expansionstempo auch im Sommer – trotz der zwischenzeitlichen Eskalation in Griechenland und der Sorgen um die chinesische Wirtschaft – in dieser Größenordnung liegt“, betonte Mayr. Ein Wachstumstreiber hat zuletzt aber an Zugkraft verloren, wie Commerzbank-Experte Michael Schubert betont: „Die Anleihenkäufe haben den Euro-Außenwert nicht wie von der EZB erhofft gedämpft.“ Seit April hat der Euro spürbar aufgewertet – das verteuert Exporte in Märkte wie China oder die USA. Anna Stupnytska von Fidelity Worldwide Investment warnt, dass könne der Erholung im Export das Wasser abgraben.
Die Anleihekäufe haben keine direkte Auswirkung auf die Zinsen auf Sparbuch und Co. Doch die EZB wird die Leitzinsen nicht erhöhen, solange das Programm läuft. Die Zeiten bleiben also hart für Sparer. Aktionäre profitieren hingegen tendenziell von der Geldschwemme – auch wenn die jüngsten Börsen-Turbulenzen im Zusammenhang mit der China-Flaute die Kurse gedrückt haben. Auch Hausbesitzer können sich freuen, weil ihre Immobilien zuletzt an Wert gewonnen haben. Experten warnen allerdings vor Blasen an den Aktien- und Immobilienmärkten.
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@ Fritz Yoski
Richtig - Deflation IST (nach "österreichischer" Definition) eine Geldmengenkontraktion, bei der also Liquidität vernichtet wird. Mit dem "Kampf gegen fallende Preise" verscheißern die Zentralbanker nur die Leute. Die sollen ja auch nicht verstehen, dass wir ein Kreditgeldsystem haben, das - wie sie absolut richtig schreiben - eine ständige Expansion für seinen Fortbestand benötigt.
Gott sei Dank hat Drucki bald fertig: die Euro-Staatsanleihen haben z.T. eh schon negative Renditen, und die Bond-Blase ist "ready to bust". Soll Drucki also ruhig noch ein bisschen mit Pressluft nachpumpen - dann geht sie halt noch schneller hoch und er um so schneller in den Knast...
Früher hieß es mal "Handwerk hat goldenen Boden", das war Ende des vorvergangenen Jahrhunderts.
Heute heißt es "Verwaltung hat goldenen Boden "!
@Werner Wilhelm
"Bei einer Deflation lohnt sich das Sparen wieder"
und das Arbeiten ( bei einer geringen Deflation muß man zufügen) zum echten Kundennutzen ( denn das kauft er trotzdem).
Bei einer Inflation ist es besser, in der Verwaltung zu arbeiten und sich an der Verteilung der vorhandenen Güter zu beteiligen, denn es gibt was zu verteilen, nämlich das frisch gedruckte Geld bzw. die Güter die man damit eingezogen hat, und dabei fällt mehr für einen ab.
Bei einer ( leichten, sagen wir 0,5 %) Deflation müßte man immer kleine Produktivitätsfortschritte erzielen, um das Niveau halten zu können.
Dafür gäbe es kaum nominelle Lohnerhöhungen - aber immer geringe Lohnerhöhungen für alle durch den Kaufkraftgewinn.
Wegen der dafür erforderlichen Produktivitätsfortschritte keinen Spielraum für Verschwendung, wenig Streiks und den Druck, die Verwaltung auf das Nötigste zu reduzieren.
Ist eigentlich aufgefallen, daß sich die Reihenfolge geändert hat, in der das frisch gedruckte Geld verteilt wird ?
Früher war die Notenbank auf Platz eins, auf Platz zwei die Banken, die das Geld über den Kauf von Staatsanleihen an den Staat weiterreichten. Die Staatsanleihen konnten sie bei Liquiditätsbedarf jederzeit an die Notenbank geben ( Offenmarktgeschäfte, war ja AAA geratet). Auf Platz drei folgten der Staat und die Unternehmen und die Bürger auf Platz 4. Letztere mußten sich das, was die Preissteigerung aufgefressen hatte, erst mühsam wieder rausstreiken, wenn sie überhaupt können.
Zufälligerweise hat die Notenbank, bevor es zu den normalen Bürgern gekommen wäre, die Zinsen wieder erhöht um sog. "Zweitrundeneffekte" zu vermeiden.
Durch den direkten Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB ist der Staat nunmehr auf Platz 2 vorgerückt, und den Banken ist eine todsichere Einnahmequelle verlorengegangen.
Genau! Die Menschen werden nicht aufhoeren zu essen, zum Arzt zu gehen, auf Urlaubsreise, ein Auto zu kaufen, unter einer Bruecke zu schlafen, im Klaten zu sitzen nur weil es naechstes Jahr vielleicht 1% billiger ist...oder auch nicht.
Wer sein ganzes Leben damit verschwendet auf was billigeres oder besseres zu warten hat am Ende auch nicht viel davon gehabt.
Der wahre Grund wieso die Deflation den Bankern Furcht einfloesst ist jedoch das ohne Geldmengenexpansion das Waehrungssystem zwangslauefig kollabiert.
@ Firle Fanz
In der Makroökonomie ist nichts so gut erforscht und empirisch belegt als die Situation in Inflations- und Deflationszeiten. Man kann zwei ganz wichtige Aussagen dazu treffen:
1. Bei einer Deflation lohnt sich das Sparen wieder, selbst bei einem Nominalzinssatz von 0 %. Weiter runter zu gehen ist nicht machbar, die Leute tragen dann ihr Geld unter das Kopfkissen.
2. In Anbetracht, dass unser Wirtschaftssystem sehr empfindlich ist, reicht die geringe Neigung Anschaffungen hinaus zu schieben, damit es ab in die Rezession geht.
Zu Ihrer Frage: Eine Zielinflationsrate von größer 2 % ist ganz großer Mist und wird nur deswegen in Kauf genommen, um einen gewissen Spielraum zu haben um nicht gleich in die noch üblere Deflation zu rutschen.
@Old Harold
Ein wahres Sprichwort...dieses Sprichwort sollten sich mal die sog. Erneuerbaren Energiemafiabosse zu Herzen nehmen. Momentan wird unsere deutsche Naturlandschaft mit Windmühlen und Solarparks zugepflastert und mit immer mehr Stromnetzen ,wie ein Spinnennetz, zugewebt.
Wälder werden gerodet um Windmühlindustrien aus Beton in die Landschaft zu pflanzen. Die Erde wird mir Solarparks gepflastert und die Landschaft ist nur noch eine einzige Mais-Monokultur. Biogasanlagen zerbersten und vergiften unsere Flüsse und die Windmühlen zerschreddern die Vogelwelt.
So schaut die Neue Grün-Sozialistische Stromversorgungswelt aus....Deutschland ein einziges Stromerzeugungs-Kraftwerk. Und dies von der Nord-Ostsee bis an die Alpen.
Fest zu halten bleibt, dass es keine vernünftige Situation ist (gelinde ausgedrückt) wenn die Zentralbanken dieser Welt (mit der Möglichkeit unbegrenzt Geld aus dem Nichts zu schöpfen) in einen Wettbewerb eintreten, die eigene Währung so weit wie möglich zu schwächen.
Das ist ein Thema für die G20-Gipfel. Absichtserklärungen gibt es diesbezüglich schon. Siehe Abschlusserklärung von Brisbane (unsere Medien berichteten nicht). An Taten hapert es aber ... wie immer.
Zum Deflationsgespenst, das oftmals medial aufgebaut wird. Die galoppiernde Deflation, in der keiner mehr was kauft, weil morgen die Preise sinken.
Überlegen Sie, würden Sie auf einen neues Auto verzichten ( und zu Fuß gehen) oder die Urlaubsreise, weil es das nächstes Jahr 0,5 Prozent billiger geben könnte ?
Wenn eine Inflation von bis zu 2 Prozent für akzeptabel gehalten wird, ist es eine Deflation von bis zu 2 Prozent auch, oder ?