Geldpolitik EZB-Ratsmitglied Holzmann erwartet höhere Inflation durch Einrechnung selbst genutzten Wohneigentums

Der Chef der Oesterreichischen Nationalbank rechnet durch die veränderte EZB-Strategie mit einem höheren Preisdruck.
Madrid EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann erwartet durch geplante Änderungen bei der Messung der Inflation zusätzlichen Preisdruck. Zu der im Sommer überarbeiteten Strategie der EZB gehört es, dass künftig selbst genutztes Wohneigentum dabei mit einbezogen werden soll.
Der Chef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) sagte dazu am Freitag, Proberechungen innerhalb der EZB veranschlagten dafür zusätzliche 0,5 Prozentpunkte bei der Inflation. Dies sei „nicht wenig“. Doch sei dieser Wert nicht in Stein gemeißelt. „Das sind Berechnungen. Es gibt keinen Berechnungsansatz, der jetzt quasi vom Regal runtergenommen wird“, fügte er im Klub der Wirtschaftspublizisten hinzu.
Es gebe unterschiedliche Ansätze dazu, und eine der Schätzungen habe diesen Wert ergeben, sagte Holzmann. Doch sei dies noch Zukunftsmusik, da die Einrechnung von selbst genutztem Wohneigentum vorerst nicht anstehe: „Was ich so höre, also unter drei bis fünf Jahren wird das nicht passieren.“
Die Teuerung im Euro-Raum war im Oktober auf 4,1 Prozent gestiegen – der höchste Wert seit über 13 Jahren. Experten erwarten einen weiteren Anstieg. Die EZB, die eine Inflation von zwei Prozent anstrebt, legt im Dezember aktualisierte Projektionen vor. Im September hatten die Volkswirte der EZB in ihren Projektionen für 2022 eine Teuerungsrate von 1,7 Prozent veranschlagt, die 2023 auf 1,5 Prozent absinken soll.
Holzmanns Aussage lässt aufhorchen, denn Insidern zufolge haben die Inflationsaussichten auf der jüngsten Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) für viel Diskussionsstoff gesorgt. Laut zwei mit der Situation vertrauten Personen haben die Währungshüter unter anderem über die Gefahr beraten, dass die Teuerungsrate das nächste Jahr über der EZB-Zielmarke von glatt zwei Prozent verharren könnte. Sie seien zudem uneins gewesen, ob die Inflation dann 2023 wieder zurückgehen werde.
Zu diesem Thema äußerte sich auch EZB-Vizepräsident Luis de Guindos am Freitag. Zwar werde sich die Inflation 2022 zweifellos verlangsamen, sagte der Spanier dem Sender „Onda Cero“ am Freitag. „Doch die Intensität des Rückgangs ist vielleicht nicht so, wie wir es vor ein paar Monaten erwartet hatten“, fügte er hinzu.
Laut der deutschen EZB-Direktorin Isabel Schnabel ist die EZB auf ihrer jüngsten Ratssitzung zu dem Schluss gekommen, dass es gute Gründe für die Annahme gebe, dass die Inflation im Euro-Raum im Laufe des kommenden Jahres „sichtbar“ sinken werde.
Bei früherer Gelegenheit hatte der Spanier bereits gewarnt, die Notenbank müsse aber wachsam bleiben und mögliche Zweitrundeneffekte, etwa Lohnerhöhungen, beobachten. Er hat darauf verwiesen, dass bislang zwar kaum Auswirkungen der hohen Inflation auf die Lohnrunden zu sehen seien.
Doch warnte der EZB-Vize davor, Gehaltserhöhungen an die im Zuge der Pandemie in diesem Jahr deutlich gestiegene Teuerungsrate fest zu koppeln. Er verwies darauf, dass einige Staaten in Europa bei Renten und Löhnen im öffentlichen Dienst entsprechende Regelungen hätten.
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