Geldpolitik Inflation im Euro-Raum steigt auf 1,6 Prozent

Die Notenbank strebt eine Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent an.
Luxemburg Die Inflation im Euro-Raum zieht weiter an. Im April haben die Preise im Währungsraum um 1,6 Prozent zugelegt. Das teilte das europäische Statistikamt Eurostat am Mittwoch auf Basis einer ersten Schätzung mit.
Das ist das stärkste Plus seit zwei Jahren. Im März lag die Inflation bei 1,3 Prozent. Für Deutschland hatte das Statistische Bundesamt am Donnerstag bereits eine Inflation von zwei Prozent im April vermeldet. Gemessen am europäischen Maßstab (HVPI) lag sie sogar bei 2,1 Prozent.
Ökonomen erwarten, dass sich der Aufwärtstrend bei der Inflation in den kommenden Monaten fortsetzt. Allerdings führen sie dies hauptsächlich auf vorübergehende Faktoren zurück. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) rechnet deshalb mit einem kurzfristigen Preisschub.
Ab 2022 sollen die Preise wieder deutlich langsamer zulegen. „Wir gehen davon aus, dass die Inflation bald über zwei Prozent steigen wird. Aber das wird nur ein temporäres Phänomen sein und 2022 wird sie wieder darunterfallen“, kommentiert der Ökonom der Beratungsgesellschaft Capital Economics, Jack Allen-Reynolds.
EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hatte jüngst in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt erklärt, dass die Inflation in der zweiten Jahreshälfte höher liegen wird, und dies mit Sondereffekten durch die Corona-Pandemie begründet. Danach rechnet er wieder mit deutlich niedrigeren Werten. Die EZB will deshalb an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten. Sie strebt eine Inflation von knapp unter zwei Prozent für den Euro-Raum an, die sie als optimal für die Wirtschaft sieht.
Energiepreise ziehen deutlich an
Stärkster Treiber für die Inflation im April waren die Energiepreise. Sie legten um 10,3 Prozent zu. Auch hier machen sich Sonderfaktoren bemerkbar. Vor allem gibt es einen starken Basiseffekt: Die Corona-Pandemie hatte dazu geführt, dass der Ölpreis im vergangenen Jahr eingebrochen war. Seine Tiefststände erreichte er im April 2020. Im Vergleich zu den sehr niedrigen Vorjahreswerten liegt er nun entsprechend höher.
Neben den Energiepreisen gibt es auch andere Sondereffekte – in Deutschland zum Beispiel durch die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent in der zweiten Jahreshälfte 2020. Dies sorgt ebenfalls für einen Basiseffekt, weil dadurch die Preise in der zweiten Jahreshälfte 2020 niedriger waren. In diesem Jahr fallen sie daher im Vergleich dazu entsprechend höher aus. Zudem gilt seit Jahresbeginn die neue CO2-Abgabe, die die Preise ebenfalls nach oben treibt.
Für die mittel- und langfristige Preisdynamik ist aus Sicht der meisten Experten vor allem die Lohnentwicklung entscheidend. Diese ist momentan schwach. Eine höhere Arbeitslosigkeit schwächt die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer.
Noch nicht absehbar ist, wie sich die Corona-Pandemie hier auswirkt. Tendenziell dürfte die Arbeitslosigkeit steigen. Momentan wird dies zum Teil dadurch verdeckt, dass viele Leute in Kurzarbeit sind. Einige Anzeichen deuten darauf hin, dass die Lohnentwicklung daher zunächst schwach bleiben wird. So haben sich die von der EZB berechneten Tariflohnindikatoren bereits in der zweiten Jahreshälfte 2020 abgeschwächt.
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