Geldpolitik Japans Notenbank will als Großaktionär flexibler an der heimischen Börse auftreten

Japans Nationalflagge weht auf dem Gebäude der japanischen Zentralbank.
Tokio Anders als andere große Notenbanken kauft die Bank of Japan (BoJ) nicht nur Zinspapiere, sondern auch Aktien. Sie tut das indirekt über börsennotierte Fonds (ETFs). Sie ist so zum größten Anteilseigner der Japan AG geworden und gilt damit vielen Investoren als Rückversicherung gegen einen Börsenkollaps. Oder wie der Ökonom Jesper Koll es sagt: Das Kaufprogramm „hat Japans Aktienmarkt in ein Experiment des Finanzsozialismus verwandelt“.
Im Rahmen einer Überarbeitung ihrer Strategie hat die Notenbank das Konzept für diese Käufe deutlich flexibler gemacht. Sie hält zwar an ihrem Kauflimit von zwölf Billionen Yen (92,5 Milliarden Euro) pro Jahr fest. Aber sie streicht ihre Leitlinie von jährlich sechs Billionen Yen. Stattdessen will sie nur noch ETFs kaufen, wenn sie es für notwendig hält.
Gleichzeitig betont sie aber, im Krisenfall alle Mittel auszuschöpfen. „Wir haben geurteilt, dass diese Maßnahme notwendig ist, um die geldpolitische Lockerung nachhaltig fortführen zu können und unser Inflationsziel von zwei Prozent zu erreichen“, schreiben die Herren des Geldes in ihrem Bericht.
Die Strategie des größten Teilhabers am japanischen Aktienmarkt beschäftigt seit Jahren die Investoren. Zum einen befürchten Kritiker, dass mit der wachsenden Rolle der BoJ der Druck auf die Unternehmensführungen nachlässt, harte Reformen durchzuführen und transparenteres Management einzuführen. Zum anderen schwebt die Angst über dem Markt, dass die Bank of Japan ihre großen Portfolios verkaufen könnte.
Dies könne das Aufwärtspotenzial des Markts begrenzen, warnt Ökonom Koll in seiner Analyse. Dabei hatte die globale Geldflut Japans Nikkei-225-Aktienindex wieder über die Marke von 30.000 Punkten getrieben, einen Wert, den Japan zuletzt vor dem Platzen der historischen Aktien- und Immobilienblase der1980er-Jahren gesehen hatte.
Markt vorerst beruhigt
Die neuen Leitlinien haben den Markt vorerst beruhigt. Der Nikkei-Index sackte zwar um 1,4 Prozent auf 29.792 Punkte ab. Aber das erklären Analysten damit, dass die Notenbank künftig den Kauf von ETFs begrenzen will, die an den Nikkei-Index gebunden sind. Sie will dafür mehr an dem breiteren Topix der Tokioter Börse aktiv werden. So möchte sie verhindern, dass ihre Käufe sich zu sehr auf Großkonzerne konzentrieren.
Generell hätten die meisten Anleger diese Teilnormalisierung erwartet, meint der Wirtschaftskritiker Masaki Shinbo. „Ich denke, das Ziel ist es, ein Gefühl der Sicherheit im Markt zu schaffen, indem gezeigt wird, dass die Bank die Menge der ETF-Käufe in normalen Zeiten reduzieren wird, aber ETFs kaufen wird, wenn die Aktienkurse stark fallen.“
Die Notenbank gewinnt damit auch Bewegungsspielraum in ihrer Geldpolitik, die immer mehr an Grenzen stößt. Die Analyse habe gezeigt, dass ETF-Käufe vor allem bei hohen Kursschwankungen wirksam seien, heißt es im BoJ-Bericht als Begründung für die neue Flexibilität.
In der Vergangenheit hat Japans Notenbank immer wieder in großen Analysen ihre Geldpolitik auf den Prüfstand gestellt. Häufig hat sie danach ihren Kurs geändert. Die erste Rückschau seit fünf Jahren, die die Notenbank am Freitag vorlegte, führte dagegen nur zu kleinen Korrekturen. Mehr als 20 Jahre nach dem Start der Niedrigzinspolitik will die Notenbank immer noch über einen längeren Zeitraum daran festhalten.
Erleichterung für Banken und Versicherer
Für die Banken und Versicherer hat die Notenbank eine gute Nachricht parat: Sie lässt tendenziell eine etwas größere Zinsspanne zu und unterstützt damit Ertragskraft der Finanzbranche. Nach der letzten Politikanalyse im Jahr 2016 hatte sie sich von der klassischen Geldpolitik, die vor allem über einen kurzfristigen Leitzins läuft, verabschiedet. Stattdessen führte sie als erste Notenbank die Zinskurvenkontrolle, auch als Yield Curve Control (YCC) bekannt, ein.
Dies bedeutet, dass sie die Zinsen für kurzfristige Staatsanleihen (JGBs) ins Minus drückt, die für zehnjährige um null Prozent hält und für längerfristige Anleihen leicht im Plus belässt. So will sie vor allem Lebensversicherern, die JGBs für die Abdeckung ihrer langfristigen Policen benötigen, noch eine Gewinnmöglichkeit sichern. Diese Strategie sei wirksam gewesen, meint die Notenbank.
Nun vergrößerte die BoJ den Korridor, indem sie die Renditen der zehnjährigen JGBs halten will. Künftig dürfen sie 0,25 Prozentpunkte nach oben oder unten vom gesetzten Ziel bei null Prozent abweichen, nach zuvor 0,2 Prozentpunkten. Damit will sie Geldinstituten und Versicherern, deren Profite seit 20 Jahren von der Nullzinspolitik gedrückt werden, in guten Zeiten etwas mehr Gewinnmöglichkeiten geben. Gleichzeitig führte sie ein spezielles Zinsprogramm für einen Teil der Einlagen von Finanzinstituten der Notenbank ein.
Die Investoren honorierten dies prompt: Der Aktienkurs von Japans größter Finanzgruppe, der Mitsubishi UFJ (MUFG), stieg um 1,9 Prozent auf 659,4 Yen.
Mehr: Lesen Sie hier, wie die Börsen in Asien geschlossen haben.
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